Intendanz
Herrn Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Programmbeschwerde
Sehr geehrter Herr Marmor,
hiermit erheben wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde wegen des Verbreitens falscher Tatsachenbehauptungen, deren Falschheit von vornherein fest stand.
Kennzeichnend für eine Tatsachenbehauptung ist, dass sie objektiv überprüfbar ist. Ergibt sich bei vollständig aufgeklärtem Sachverhalt, dass Darstellung und Sachverhalt nicht übereinstimmen, so liegt eine unwahre Tatsachenbehauptung vor.
Innerhalb der folgenden Sendungen vom 11.01.2015 wurde dem Publikum mittels Bild und Kommentar die falsche Tatsachenbehauptung vermittelt, dass Staats- und Regierungschefs aus vielen Ländern bürgernah und vereint in Trauer und Solidarität den Marsch für die Opfer der Pariser Anschläge anführten.
11.01.2015 ARD Tagesschau - Jan Hofer:
11.01.2015 ARD Tagesschau - Jan Hofer:“Seite an Seite im Gedenken an die Opfer der Anschläge von Paris. Mehr als 40 Staats- und Regierungschefs haben heute am Trauermarsch teilgenommen.”
11.01.2015 ARD Brennpunkt - Ellen Ehni:“An dem republikanischen Marsch nahmen auch die Angehörigen der 17 Anschlagsopfer und führende Politiker aus aller Welt teil. Unter ihnen Kanzlerin Merkel.”
11.01.2015 ARD Tagesthemen - Pinar Atalay:“Der Gedenkmarsch heute in Paris hatte eine ganz besondere Reihenfolge: In erster Reihe die Angehörigen und die Hinterbliebenen der Opfer und die übrigen Mitarbeiter der Redaktion von Charlie Hebdo und erst dahinter die Staats- und Regierungschefs aus 50 Ländern, die eigens angereist waren.”
Es war den Journalisten der ARD bekannt, dass sich die Staatschefs lediglich zu einem gemeinsamen Fototermin am Boulevard Voltaire nahe der Ecke Rue du Chemin Vert und somit abseits der Massenkundgebung, eingefunden hatten.“Solidarisch und geschlossen unter den Millionen: 40 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt. Auch sie wurden zu Demonstranten. Diese Bilder aus Paris sprechen für sich.”
Wie die Zeitungen Daily News, The Independent sowie das französische Fernsehen berichteten, seien die Politiker nach dem Fototermin in ihre Limousinen gestiegen und wieder abgefahren. Lediglich Frankreichs Präsident François Hollande und Premierminister Manuel Valls hätten sich zu den Angehörigen der Opfer begeben.
Durch das Verbreiten von inszenierten Bildern, ohne zu erwähnen, unter welchen besonderen (sicherheitstechnischen) Erwägungen sie zustande kamen, wird ein Beitrag zur Meinungsbildung konstruiert, der mit den Programmgrundsätzen und dem gesetzlichen Auftrag öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten nichts gemein hat und als klare Manipulation des Publikums zu werten ist.
Bereits mehrfach haben wir in unseren Beanstandungen angemahnt, dass es nicht die Aufgabe öffentlich-rechtlicher Medien ist, als Sprachrohr diverser politischer Interessen zu fungieren. Das schließt auch PR-Aktivitäten für Angela Merkel und die Instrumentalisierung der Opfer des Anschlages von Paris für politische Zwecke ein. Aufgabe unabhängigen Journalismus sollte nicht die Inszenierung von Ereignissen sein, sondern die Offenlegung dieser - inklusive der Botschaft welche sie vermittelt.
Schlussendlich möchten wir unserer Sorge darüber Ausdruck verleihen, dass es angesichts der Vertrauens- und Legitimationskrise, in der sich (öffentlich-rechtliche) Medien seit einiger Zeit befinden, unabdingbar ist, eine Kritik- und Fehlerkultur zu etablieren, die sich deutlich von der des Chefredakteurs Kai Gniffke abgrenzt. Durch die unqualifizierten, absurden und am Rande der Publikumsbeschimpfung angesiedelten Pöbeleien Kai Gniffkes im Tagesschau-Blog, sehen wir ein erhebliches Sicherheitsrisiko für dringend notwendige vertrauensbildende Maßnahmen zwischen Rundfunkanstalten und Publikum.
Sollten die beanstandeten Beiträge von Gemeinschaftssendern produziert worden sein, so bitten wir um eine zügige Weiterleitung der Beschwerde. Unberührt davon bleibt die Behandlung der Beschwerde durch die den Beitrag verbreitende Sendeanstalt, an die sich unser Schreiben richtet.
Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Maren Müller
Vorsitzende