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Hinweis auf mögliche Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft des Thüringer MP Mario Voigt im MDR-Rundfunkrat

Verfasst: 10. November 2025, 12:23
von Maren
Thüringische Staatskanzlei – Rechtsaufsicht über den MDR
Medienrecht und Medienpolitik
z. Hd. Herr Nils Jonas Greiner
Regierungsstraße 73
99084 Erfurt


Hinweis auf mögliche Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft des Thüringer Ministerpräsidenten im MDR-Rundfunkrat gem. § 15 Abs. 4 Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR-Staatsvertrag)

Sehr geehrter Herr Greiner,

wir möchten Sie hiermit auf eine mögliche rechtswidrige Zusammensetzung des MDR-Rundfunkrates hinweisen, die nach unserer Auffassung gegen § 15 Abs. 4 MDR-Staatsvertrag verstößt. Eine Veröffentlichung zu dem Thema hatte es bereits am 7. November bei dem Newsportal „die Sachsen“ gegeben.

1. Sachverhalt

Prof. Dr. Mario Voigt wurde ursprünglich als Abgeordneter des Thüringer Landtages gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 MDR-Staatsvertrag für die CDU mit zwei Drittel Mehrheit in den MDR-Rundfunkrat gewählt.
Seit dem 12. Dezember 2024 ist diese Person jedoch Ministerpräsident von Thüringen und gehört damit der Thüringer Landesregierung an.

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 MDR-Staatsvertrag stellt die Landesregierung bereits mit Frau Sina Reeder eine eigene Vertreterin im MDR-Rundfunkrat.

Durch die gleichzeitige Mitgliedschaft eines weiteren Regierungsmitglieds läge somit eine Überschreitung des zulässigen staatlichen Einflusses und ein Verstoß gegen das Prinzip der Staatsferne vor.

Dies ist vor dem Hintergrund, dass im Freistaat Sachsen ein ähnlich angelegter Fall mit Staatsminister Panter vorliegt, nicht unerheblich. Es ist schwer nachzuvollziehen, wieso dem gegenwärtigen MDR-Rundfunkrat fünf, statt drei, Regierungsmitglieder angehören.

2. Rechtslage

Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 MDR-Staatsvertrag dürfen dem Rundfunkrat und dem Verwaltungsrat Mitglieder einer Landesregierung mit Ausnahme von Vertreterinnen oder Vertreter nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 nicht angehören.

Diese Regelung bewirkt eine gesetzliche Inkompatibilität mit der gegenwärtigen Situation. Ein Mitglied des Rundfunkrates, das während seiner Amtszeit, Mitglied einer Landesregierung wird, verliert sein Mandat mit dem Zeitpunkt der Ernennung zum Minister automatisch. Eine Übergangs- oder Karenzfrist ist nicht vorgesehen. Die in § 15 Absatz 4 Satz 2 MDR-Staatsvertrag vorgesehene Ausnahme greift hier durch die Doppelbelegung der Staatsregierung nicht.

Die in Abs. 6 geregelte zwölfmonatige Sperrfrist betrifft ausschließlich den umgekehrten Fall (Wiederaufnahme eines Mandats nach dem Ausscheiden aus einem Regierungsamt) und ist auch nicht einschlägig.
Auch ist es vor dem Hintergrund, dass MP Mario Voigt seit dem 11. März 2024 zu keiner Sitzung des MDR-Rundfunkrates persönlich anwesend war, fraglich, ob er auf Grund seines Amtes überhaupt in der Lage ist, diese verantwortungsvolle und zeitintensive Gremientätigkeit ausüben zu können.

3. Bewertung

Die fortbestehende Mitgliedschaft des Thüringer Ministerpräsidenten im Rundfunkrat ist daher rechtswidrig, da sie gegen
• § 15 Abs. 4 MDR-Staatsvertrag (Inkompatibilität),
• § 16 Abs. 1 Nr. 1 MDR-Staatsvertrag (nur ein Regierungsvertreter pro Land) und
• das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urt. v. 25. März 2014 – 1 BvF 1/11, „ZDF-Urteil“) entwickelte Staatsferneprinzip
verstößt.

Beschlüsse und Entscheidungen des MDR-Rundfunkrates könnten unter Umständen seit dem 12. Dezember 2024 anfechtbar sein, was erhebliche Konsequenzen auch außerhalb der Landesgruppe mit sich bringen könnte.

4. Antrag / Bitte um Prüfung

Wir bitten Sie daher als Rechtsaufsicht:
• die Rechtslage festzustellen und ggf. festzuhalten, dass das Mandat des Thüringer Ministerpräsidenten mit Wirkung vom 12. Dezember 2024 erloschen ist, alternativ kann die Thüringische Staatsregierung aufgefordert werden Sina Reeder abzuberufen, um der rechtmäßigen Besetzung des MDR-Rundfunkrates gemäß § 16 Absatz 1 Nr. 1 MDR-Rundfunkstaatsvertrag wieder vollumfänglich zu entsprechen,
• den Landtag des Freistaates Thüringen aufzufordern, unverzüglich eine Nachwahl gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 MDR-Staatsvertrag durchzuführen und
• den Vorgang öffentlich im nächsten Tätigkeitsbericht oder in den Protokollen des Rundfunkrates zu dokumentieren.

Wir danken Ihnen für die Prüfung und bitten um eine schriftliche Rückmeldung über die eingeleiteten Schritte.
Wir bitten weiterhin im Falle einer Ablehnung unserer Vorschläge zur Heilung der Zusammensetzung des MDR-Rundfunkrates um einen entsprechenden rechtsmittelfähigen Ablehnungsbescheid, damit wir als Verein im Zuge des einstweiligen Rechtsschutzes den Sachverhalt verwaltungsgerichtlich klären lassen können.


Mit freundlichen Grüßen

Maren Müller
Vorsitzende Publikumskonferenz

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