MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Intendanz/Gremienbüro
Kantstr. 71 - 73
D-04275 Leipzig
Sehr geehrter Herr Ludwig,
sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte,
nachdem etliche Zuschauer mittels Programmbeschwerden gegen die Löschung des o. g. kritischen Beitrages aus der Mediathek intervenierten, wurden die Eingaben vom juristischen Direktor des MDR, Jens-Ole Schröder, noch im Frühjahr 2024 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Beitrag nicht alle journalistischen Qualitätskriterien erfülle, und somit die Löschung nicht zu beanstanden sei.
In der Rundfunkratssitzung vom 10. Juni 2024 wurde entgegen der Auffassung des juristischen Direktors mitgeteilt, dass der zuständige Programmausschuss des Rundfunkrates wie auch der Redaktionsrat des MDR nach gründlicher Prüfung zu dem Ergebnis gekommen sind, dass im besagten Umschau-Beitrag keine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht vorliege. Es wurde mitgeteilt, dass der Programmausschuss entschieden habe, dass der Beitrag zwar journalistische Mängel aufweise, diese jedoch nicht als Verletzung des Gebots einer sachlichen Berichterstattung gemäß § 8 Abs. 3 MDR-StV bzw. der journalistischen Sorgfaltspflicht zu bewerten seien.
§ 8 - Angebotsgrundsätze
Unsere Beschwerde richtet sich gegen die Weigerung der Chefredaktion, trotz der Entscheidung des Aufsichtsgremiums an der Depublikation des Beitrages festzuhalten. Es gibt keinen ersichtlichen Grund für die dauerhafte Löschung eines Beitrages, der weder gegen Angebotsgrundsätze verstößt noch journalistische Sorgfaltspflichten verletzt oder dem Gebot journalistischer Fairness widerspricht.(3) Alle Informationsangebote (Nachrichten und Berichte) sind gewissenhaft zu recherchieren und wahrheitsgetreu und sachlich zu halten. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Die Redakteurinnen oder die Redakteure sind bei der Auswahl und Verbreitung der Nachrichten zur Objektivität und Überparteilichkeit verpflichtet. Kommentare sind deutlich von Nachrichten zu trennen und unter Nennung der Verfasserin oder des Verfassers als persönliche Stellungnahme zu kennzeichnen. Sie haben dem Gebot journalistischer Fairness zu entsprechen.
Hält man von Seiten der Programmverantwortlichen des MDR trotz festgestellter Unbedenklichkeit des Beitrages an der Depublikation fest, so hat dies seine Ursache zum einen in der Intervention Dritter gegen den Beitrag. Zum anderen ist dies möglicherweise eine Folge interner Interessenpolitik im MDR, da Programmdirektor sowie Chefredakteurin dem Beitrag journalistische Sorgfältigkeit abgesprochen hatten.
Jedes dieser Szenarien verstößt gegen § 8 Absatz 4 Ziffer 3 MDR-StV, der besagt:
Die Depublikation des Beitrags erfolgte nur, weil es Kritik von außen gab. Da diese Kritik offensichtlich nicht von der Qualität war, die eine Depublikation gerechtfertigt hätte, würde eine dauerhafte Depublikation jedoch den Interessen dieser Beschwerdeführer dienen. Auch wenn die Aufsichtsgremien nicht in redaktionelle Entscheidungen eingreifen dürfen, um die journalistische Unabhängigkeit und Integrität der Redaktionen zu gewährleisten, können sie einfordern, dass ein – zudem schon ausgestrahlter sowie online gestellter – Beitrag wieder online gestellt wird.„Der MDR stellt sicher, dass […] das Gesamtangebot der Anstalt nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient. Der MDR soll in seiner Berichterstattung angemessene Zeit für die Behandlung kontroverser Themen von allgemeiner Bedeutung vorsehen. Wertende und analysierende Einzelbeiträge haben dem Gebot der journalistischen Fairness zu entsprechen. Ziel der Berichterstattung ist es, umfassend zu informieren.“
Wir bitten um eine zeitnahe Neubefassung insbesondere zu der Frage der Wieder-Publikation des Beitrags. Seine dauerhafte Depublikation ist aus unserer Sicht ein Verstoß gegen § 8 Absatz 4 Satz 1 des MDR-Staatsvertrages.
Wir richten dieses Schreiben gleichzeitig an Rundfunkrat und Intendanz, da uns die Beantwortungszeit von drei Monaten nach Eingang der Eingabe in dieser Angelegenheit als unangemessen erscheint.
Aus Gründen der Transparenz werden wir diese Eingabe sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins https://forum.publikumskonferenz.de veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Maren Müller