Gebührenfinanzierte Desinformation über den Emissionshandel
Programmbeschwerde von Prof. Dr. Joachim Weimann
Der Emissionshandel ist das zentrale Instrument der Klimapolitik. Die Wenigsten verstehen allerdings, wie er funktioniert. Das ZDF tut alles, damit es dabei bleibt.
Hintergrund
Die Klimapolitik spielt in der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit unseres Landes eine herausragende Rolle. Klimapolitische Maßnahmen der Regierung führen für die Menschen in Deutschland zu erheblichen Lasten. Die öffentlichen Haushalte werden massiv in Anspruch genommen, es kommt zu Staatsschulden, die zukünftige Generationen belasten werden und das Leben der Gegenwartsgeneration wird durch Auflagen, Verbote und finanzielle Belastungen massiv beeinflusst. Gleichzeitig fürchten sich viele Menschen vor den Folgen der Erderwärmung und verlangen zu Recht eine wirksame Klimapolitik. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Klimapolitik in Deutschland ausgestaltet werden soll. Das ist eine alles andere als triviale Frage, denn Klimapolitik ist kompliziert und die Instrumente, die zum Einsatz kommen können, sind es auch. Ob eine rationale Klimapolitik gelingt, ist entscheidend davon abhängig, ob die Menschen, die letztlich mit ihrer Wahlentscheidung darüber abstimmen, ausreichend darüber informiert sind, welche Politik welche Folgen hat und wie die verschiedenen Strategien, die zur Wahl stehen, zu beurteilen sind. Die deshalb dringend notwendige Aufklärung und Information kann nur von den öffentlich-rechtlichen Medien geleistet werden. Das System der öffentlich-rechtlichen Sender existiert zu einem erheblichen Teil deshalb, weil nur gut informierte Menschen gute Entscheidungen bei der Wahl zwischen alternativen Politiken treffen können.
Der Anlass für die Programmbeschwerde ist die Tatsache, dass das ZDF seiner Verpflichtung zur möglichst wertfreien und objektiven Information und Aufklärung über zentrale Fragen der Klimapolitik nicht nachkommt. Beispielhaft wird dies an zwei Sendungen deutlich, in denen bewusst einseitig und realitätsverzerrend über wichtige klimapolitische Sachverhalte berichtet wurde. In beiden Fällen steht das Instrument des EU-ETS (EU Emission Trading System) im Zentrum. Für das Verständnis der Klimapolitik auf nationaler wie internationaler Eben ist es von essentieller Bedeutung zu verstehen, wie dieses System funktioniert und welche Wirkungen es hat. Fehlt dieses Verständnis, muss es zwangsläufig zu klimapolitischen Entscheidungen kommen, die extrem negative Folgen haben. Aus diesem Grund ist es leider notwendig, zunächst zu erklären, wie der EU-ETS funktioniert, weil erst dann deutlich werden kann, wie bedeutsam er ist.
Der EU-ETS
Die Notwendigkeit kosteneffizienter Klimapolitik
Fossile Brennstoffe einzusparen oder zu ersetzen erfordert, dass der fossile Kapitalstock, den die Welt über zwei Jahrhunderte aufgebaut hat, durch einen Kapitalstock ersetzt wird, der deutlich weniger CO2 emittiert, aber dennoch die Welt mit der notwendigen Energie versorgt. Das ist eine gewaltige Aufgabe, die mit erheblichen Kosten und Lasten einhergeht. Deshalb ist es von essentieller Bedeutung, dass nicht „irgendwie“ CO2 eingespart wird, sondern dass die Einsparung kosteneffizient erfolgt. Das zeigt folgende, einfache Überlegung: Wenn man sehr viel CO2 einsparen will und wenn dafür knappe Ressourcen eingesetzt werden müssen, die nur in einem begrenzten Umfang zur Verfügung stehen, dann muss die Vermeidung von CO2 so organisiert werden, dass sie dort erfolgt, wo für die eingesetzten Ressourcen die Vermeidungsmenge maximal wird. Anders ausgedrückt: Die Vermeidung muss stets dort erfolgen, wo die Vermeidungskosten für die nächste Tonne minimal sind. Genau das ist mit Kosteneffizienz gemeint. Der Verzicht auf Kosteneffizienz bedeutet, dass man mit den eingesetzten Ressourcen weniger CO2 einspart, als möglich gewesen wäre. Es sei an dieser Stelle betont, dass die deutsche Klimapolitik in hohem Maße ineffizient ist. Dadurch werden erhebliche Vermeidungspotentiale nicht genutzt, bzw. wird die Vermeidung, die man realisiert, mit einem Vielfachen dessen erkauft, was an Ressourceneinsatz notwendig wäre. Die Wohlfahrtsverluste, die dadurch entstehen, liegen inzwischen in der Größenordnung von mehreren Hundert Milliarden Euro.
Wie der Emissionshandel funktioniert
Die ökonomische Wissenschaft kennt zwei Instrumente der Klimapolitik, die eine kosteneffiziente CO2-Reduktion ermöglichen. Eine einheitliche CO2-Steuer und der Emissionshandel. Wir konzentrieren uns hier auf letzteren, weil er in der EU eingeführt ist.
Der Emissionshandel besteht aus einem zweistufigen Verfahren. Auf der ersten Stufe werden zwei Entscheidungen getroffen. Erstens, welche Emittenten von CO2 dem System zuzurechnen sind (Festlegung des ETS-Sektors) und zweitens, welche Emissionsmengen diesem Sektor insgesamt pro Jahr noch erlaubt werden (Festlegung des sogenannten Cap). Über die so festgelegte CO2-Menge werden sogenannte Emissionsberechtigungen (Emissionsrechte, oder Emissionszertifikate) ausgestellt und zwar pro Tonne ein Zertifikat. Die Anzahl der Rechte entspricht der noch zugelassenen Gesamtemissionsmenge. Grundsätzlich gilt, dass Emittenten, die im ETS-Sektor tätig sind (alle Kraftwerke, Stahlwerke, Anlagen der Chemischen Industrie etc.), nur dann CO2 emittieren dürfen, wenn sie über eine entsprechende Anzahl von Emissionsrechten verfügen. Das bedeutet, dass die Anzahl der Emissionsrechte die CO2-Emission im ETS-Sektor unmittelbar und ohne Verzögerung begrenzt. Die EU hat festgelegt, dass die Anzahl der jährlich ausgegebenen Rechte von Jahr zu Jahr reduziert wird. Auf diese Weise reduziert sie die Emissionen im ETS-Sektor.
An dieser Stelle ist es wichtig zu verstehen, dass die Absenkung der CO2-Emissionen ausschließlich durch die Reduktion der Anzahl der Rechte erfolgt. Man kann davon ausgehen, dass alle Rechte, die ausgegeben werden, auch genutzt werden – und zwar unabhängig davon, welcher Preis sich auf dem Markt für die Emissionsrechte bildet. Deshalb erfordert der Emissionshandel eine Steuerung der Mengen – nicht der Preise!
Preise entstehen im ETS auf der zweiten Stufe, denn diese besteht in dem Handel der Emissionsrechte. Wofür braucht man den Handel? Das Klimaziel ist doch schon durch die Beschränkung der Anzahl der Rechte erreicht?! Das ist zwar richtig, aber wir wollen ja eine kosteneffiziente Reduktion der Emissionen erreichen – und dafür brauchen wir den Handel. Warum führt Handel zu Kosteneffizienz? Dazu muss man wissen, dass die vielen Quellen, aus denen CO2 emittiert wird, sehr unterschiedliche Vermeidungskosten aufweisen. Will man eine kosteneffiziente Vermeidung erreichen, müsste man die Quellen mit den niedrigsten Vermeidungskosten identifizieren und die Vermeidung dorthin lenken. Genau das tut der Marktmechanismus. Für Quellen mit niedrigen Vermeidungskosten lohnt es sich CO2 zu vermeiden, weil sie die dann nicht mehr benötigten Rechte an Quellen mit hohen Vermeidungskosten verkaufen können. Beide Quellen profitieren von diesem Handel, wenn der Preis zwischen den beiden Vermeidungskosten liegt. Auf diese Weise gelangen die Emissionsrechte an die Quellen, bei denen die Vermeidung sehr teuer wäre und vermieden wird dort, wo Vermeidung günstig ist. Im Ergebnis erzeugt das eine kosteneffiziente Vermeidung der CO2-Menge, die eingespart werden muss, um den Cap einzuhalten.
Der Preis, der sich auf dem Markt bildet, entscheidet nicht über die Gesamtemission im ETS-Sektor. Die wird durch die fixe Angebotsmenge (den Cap) bestimmt. Der Preis informiert lediglich darüber, wie hoch die Grenzvermeidungskosten im ETS Sektor sind, wenn der politisch festgesetzte Cap eingehalten wird. Ein niedriger Preis bedeutet deshalb nicht, dass es keinen Anreiz für die Vermeidung im ETS-Sektor gibt, sondern, dass das Vermeidungsziel, das die Politik vorgegeben hat, zu relativ geringen Kosten erreicht werden kann. Leider verstehen viele Politiker und Journalisten den Emissionshandel als ein Preisinstrument und glauben, dass der Preis hoch sein muss, damit es im ETS-Sektor zu ausreichender Vermeidung kommt. An diesem Missverständnis lässt sich leicht demonstrieren, welche fatalen Folgen es haben kann, wenn Entscheidungsträger den Emissionshandel falsch verstehen.
Zwischen 2014 und 2018 war der Preis für Emissionsrechte sehr niedrig. Teilweise lag er deutlich unter 10 Euro pro Tonne. Dies hat die Politik als Fehler des Handels interpretiert und eine Reform beschlossen, die in erster Linie den Preis nach oben treiben sollte. Die Einführung der sogenannten „Marktstabilisierungsreserve“ hatte diese Funktion und sie hat sie erfüllt. Bis 2020 hat sich der Preis für Emissionsrechte auf 80 bis 90 Euro verzehnfacht. Die hohen Strompreise unter denen Deutschland heute leidet, sind unter anderem auf diesen Preissprung zurückzuführen. Die Mehrkosten, die durch die Reform entstanden sind, dürften viele Milliarden Euro betragen, denn die hohen Preise mussten seit 2018 für jede Tonne CO2 gezahlt werden, die im ETS emittiert wurde. Allerdings war die Marktstabilisierungsreserve für das Funktionieren des Emissionshandels nicht notwendig, denn tatsächlich war der niedrige Preis kein Problem, sondern eine gute Nachricht. Dazu muss man wissen, dass das ETS sehr gut funktioniert hat, das Ziel der EU, im ETS-Sektor bis 2030 40% einzusparen, wurde bereit 2021 erreicht.
Richtig eingesetzt kann das ETS jedes politisch formulierte Vermeidungsziel kosteneffizient und sicher erreichen. Etwas Besseres kann man über ein Instrument der Klimapolitik nicht sagen.
Die Redundanz nationaler Klimapolitik unter dem ETS
Die Einführung eines ETS hat für Nationalstaaten, die sich diesem System anschließen, eine sehr wichtige Konsequenz. Nationale Alleingänge innerhalb des ETS-Sektors werden in zweierlei Hinsicht redundant. Erstens lässt sich jedes Vermeidungsziel mit Hilfe des Emissionshandels kosteneffizient realisieren, eine zweite, nationale Regulierung, etwa des Energiesektors, kann die Situation deshalb nur verschlechtern, indem sie zusätzliche nicht notwendige Kosten schafft. Zweitens sind nationale Alleingänge auch in einem sehr speziellen Sinne redundant, denn sie bleiben im Hinblick auf die europäischen CO2-Emissionen komplett folgenlos. Ein Beispiel: wenn Deutschland im Energiesektor (Teil des ETS) durch Windkraft CO2 einspart, führt das zwar dazu, dass die Emissionen in Deutschland zurückgehen. Aber die Menge der verfügbaren Emissionsrechte bleibt konstant. Die in Deutschland nicht mehr benötigten Rechte werden verkauft, was zu einem Absinken des Preises führt, und die Rechte werden an anderen Stellen in Europa ausgeübt. Wir verlagern die Emissionen nur, wir sparen sie nicht ein. Dieser Effekt ist unter dem Namen „Wasserbetteffekt“ bekannt.
2018 hat die EU eine Reform des ETS beschlossen, die zwei Ziele hatte. Erstens sollte der Preis der Emissionsrechte ansteigen und zweitens der Wasserbetteffekt ausgeschaltet werden. Das erste Ziel wurde erreicht. Europa zahlt seither für jede Kilowattstunde Strom einen höheren Preis als notwendig wäre. Das zweite Ziel wurde letztlich nicht erreicht. Ohne auf die durchaus komplizierten Details einzugehen, bleibt festzustellen, dass ab 2024 die spezielle Redundanz nationaler Maßnahmen in vollem Umfang wieder gegeben ist. Der weitere Ausbau der Windkraft und der Kohleausstieg Deutschlands werden nicht dazu führen, dass die europäische (und damit die globale) CO2-Emission sinkt. Ursprünglich wurde gefordert, dass man den Kohleausstieg damit verbinden muss, die entsprechende Menge an Emissionsrechten vom Markt zu nehmen, damit es nicht zum Wasserbetteffekt kommt. Davon ist inzwischen nicht mehr die Rede. Das ETS ist ein europäisches System. Eine Reduktion der Rechte hätte zur Folge, dass der Preis der Rechte steigt und damit müssten die anderen europäischen Staaten einen Teil der Kosten tragen, die der deutsche Alleingang verursacht – dazu sind sie nicht bereit.
Insgesamt dürfte damit klar sein, dass die Kenntnis und die Diskussion über die hier genannten Zusammenhänge essentiell sind für die Beurteilung der deutschen Klimapolitik. Wenn den Menschen in Deutschland nicht erklärt wird, wie die deutsche Politik funktioniert, bzw. nicht funktioniert, können sie keine fundierte Wahlentscheidung treffen. Allein die Förderung der Erneuerbaren hat bis jetzt mindestens 400 Mrd. Euro gekostet, die wir für keinen Klimaschutz ausgegeben haben. Das sollten die Menschen in Deutschland erfahren.
Wie das ZDF informiert
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich diese Beschwerde allein zu verantworten habe. Insbesondere die beteiligten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des ZDF haben damit nichts zu tun und sind darüber auch nicht informiert. Außerdem möchte ich betonen, dass sich alle ZDF Mitarbeiter jederzeit vollständig loyal gegenüber dem Sender verhalten haben.
Die Chronologie der Ereignisse
Im Mai 2022 erhielt ich einen Anruf von einer Journalistin des ZDF. Sie teilte mir mit, dass sie für das Format „Planet e“ einen Film über den Ausbau der Windkraft drehen wolle und dass sie dabei auch die Probleme, die damit einhergingen, nicht aussparen wolle. Sie fragte mich, ob ich zu einem Interview bereit wäre, in dem ich über die ökonomischen Aspekte der Windkraft sprechen könne. Ich war einverstanden und im Juli 2022 kam die Journalistin mit ihrer Crew nach Helmstedt. Es wurde ein ausgiebiges Interview aufgenommen. Als Sendetermin war der September vorgesehen. Im August/September bekam ich mehrere Anrufe von dem Redakteur der Journalistin, der mir berichtete, dass es große Probleme gäbe, das Interview in der Redaktion durchzusetzen. Er bat mich, ihm Belege und Quellen für meine Ausführungen zu nennen, was ich gerne getan habe. Diese bestanden im Wesentlichen aus Daten der amtlichen Statistik, vornehmlich vom Umweltbundesamt.
Als der Sendtermin kam, musste ich feststellen, dass der Beitrag über die Windkraft durch einen über den Wasserstand es Rheins ersetzt worden war. Die Journalistin, die mit mir das Interview geführt hatte, berichtete mir, dass der Film abgesetzt worden sei und ein neuer Sendetermin noch nicht feststehe. Im September 2023, also ein Jahr später, erschien dann der Film. Allerdings war das Interview und mit ihm die komplette Darstellung der ökonomischen Seite der Geschichte entfernt worden. Ich habe diese Geschichte meiner Kollegin Frau Prof. Birgitta Wolff erzählt, die Mitglied im Verwaltungsrat des ZDF ist. Sie hat die Angelegenheit an den Intendanten weitergeleitet und Ende November erhielt ich als Reaktion den Brief von Frau Bettina Schausten, der Chefredakteurin des ZDF, der als Anlage dieser Beschwerde beiliegt. In diesem Brief bemüht Frau Schausten sehr allgemeine Ausflüchte, um zu erklären, warum die ökonomischen Aspekte aus dem Film entfernt wurden. Was der Ukraine Krieg damit zu tun haben soll, ist mir allerdings unklar geblieben. Weil Russland die Gaslieferungen eingestellt hat, soll der deutsche Zuschauer nicht erfahren, wie der Emissionshandel funktioniert und warum ein großer Teil unserer Anstrengungen umsonst ist? Außerdem weist Frau Schausten auf einen Film hin, in dem sich das ZDF kritisch mit dem Emissionshandel auseinandergesetzt habe. „#WTF: Cash Cow Klimaschutz“ von Dunja Keuper. Ich habe mir diesen Film angesehen und das hat am Ende den Ausschlag gegeben, diese Beschwerde einzureichen.
Der Film von Dunja Keuper
Bei dem 45 Minuten Dokumentarfilm von Frau Keuper handelt es sich um eine aufwändige und handwerklich gut gemachte Arbeit, deren Budget vermutlich im sechsstelligen Bereich lag. Schon der Titel des Films deutet darauf hin, welchen Zweck er erfüllen soll. Es geht nicht darum, den Emissionshandel verständlich zu erklären, sondern darum, dieses Instrument zu diskreditieren. Er soll als eine Einrichtung dargestellt werden, die nur dazu dient, Geschäfte zu machen, die raffinierten Menschen Millionen einbringen, aber dem Klimaschutz in keiner Weise dient. Um diesen Eindruck zu erwecken geht Frau Keuper geschickt vor.
Es beginnt damit, dass am Anfang des Films beiläufig erwähnt wird, dass es „genaugenommen zwei Märkte gibt.“ Tatsächlich gibt es außer dem EU ETS einen Markt, auf dem private Firmen CO2 Kompensationszertifikate verkaufen. Zu diesem Zweck werden irgendwo auf der Welt Maßnahmen zur CO2-Reduktion durchgeführt und über diese Reduktion wird ein Zertifikat ausgestellt, dass Unternehmen kaufen können, um ihre eigenen Emissionen zu kompensieren. Diese Art von Geschäft ist in hohem Maße dubios, weil die realisierte CO2-Ersparniss häufig nur auf dem Papier existiert. Das erste Drittel des Films befasst sich ausschließlich mit den Kompensationszertifikaten und den in der Tat dubiosen Geschäften, die damit gemacht werden. Leider vergisst Frau Keuper zu erwähnen, dass dieser Markt nichts, wirklich gar nichts mit dem EU ETS zu tun hat. Es gibt keinerlei Verbindung zwischen den beiden Märkten, keinen Zusammenhang und schon gar keine Gemeinsamkeiten. Im Film gibt es aber einen fließenden Übergang zur Behandlung des ETS, so dass der normale Zuschauer, der über keinerlei Kenntnis des ETS verfügt, den Eindruck gewinnen muss, das die Geschäftemacherei im Kompensationsmarkt auch den ETS betrifft.
Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass Frau Keuper sehr suggestiv über zwei holländische Finanzmakler berichtet, die mit einem Fonds, der Energiewerte und Emissionsrechte enthielt, Millionengewinne erzielt haben. Man sieht einen der Makler mit Rolex am Arm in seinem Porsche zu dem Luxushaus des andern Maklers fahren und erfährt dort dann von diesem Geschäft. Dazwischen geschnitten werden Aussagen eines jungen EU-Abgeordneten von den Grünen, der sich über die schlimme Rolle der Spekulanten auslässt, die den Preis „hochjazzen“. Natürlich gibt es das Phänomen der Spekulation auch bei Emissionsrechten. Schließlich handelt es sich um börsengehandelte Papiere. Allerding hat diese Art der Spekulation keine negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Emissionshandels. Im Gegenteil. Spekulanten kaufen dann, wenn der Preis niedrig ist und sie verkaufen, wenn er hoch ist (nur so kann man Gewinne machen). Das hat zur Folge, dass niedrige Preise steigen (wegen der Nachfrage der Spekulanten) und hohe Preise sinken (wegen des Angebotes der Spekulanten). Spekulation hat deshalb eine preisglättende Wirkung, was eher positiv als negativ zu bewerten ist.
Der Mechanismus des Emissionshandels wird von Frau Keuper falsch dargestellt. So wird behauptet, dass den Emittenten Höchstwerte zugewiesen werden, was nicht stimmt. Dass es eine globale Obergrenze der Emission gibt, die jährlich abgesenkt wird, verschweigt der Film. Ohne diese Information ist es gänzlich unmöglich, die Funktionsweise des ETS zu verstehen. Es wird auch nicht erklärt, warum es überhaupt einen Handel gibt. Der Begriff der Kosteneffizienz wird nicht genannt, das dahinterliegende Problem wird nicht beleuchtet. Stattdessen lässt sich der Film langatmig über die kostenlose Zuweisung von Rechten aus. Dass es dafür gute Gründe gibt, weil die europäischen Emittenten auf den internationalen Märkten sonst massive Wettbewerbsnachteile hätten, wird nicht erwähnt. Erst recht wird nicht erwähnt, dass seit langem bekannt ist, dass die Art der Anfangsverteilung der Emissionsrechte keinen Einfluss auf das Marktgleichgewicht und damit den Preis der Emissionsrechte hat. Kostenlose Zuteilung von Rechten begünstigt diejenigen, die sie erhalten, beeinträchtigt das System aber nicht in seiner Aufgabe, kosteneffizienten Klimaschutz im staatlich vorgegebenem Umfang zu realisieren.
Wie weit der Film davon entfernt ist, den Emissionshandel erklären zu wollen, wird auch daran deutlich, dass nicht nur seine Funktionsweise verschwiegen wird, sondern auch die Wirkungen des Emissionshandels. Die EU hat sich im Klimaabkommen von Paris dazu verpflichtet, die Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 40% zu senken. Dieses Minderungsziel wurde im ETS-Sektor bereits 2021 erreicht und wird bis 2030 weit unterboten werden. Deutschland hat bis 2021 bereits 39,2% Minderung erreicht, wobei aber die massiven CO2-Reduktionen, die durch die Abwicklung der maroden Kraftwerke und Industrieanlegen der DDR erreicht wurden, einen großen Teil dieser Minderung ausmacht. Die EU hat bis 2021 etwa 32% erreicht und der ETS hat dazu einen ganz entscheidenden Anteil geleistet. Die Kosten die dabei entstanden sind, waren bis 2018 sehr niedrig und liegen mit aktuell 80 Euro pro Tonne immer noch sehr weit unter den CO2 Minderungskosten, die beispielsweise in der deuten Energiewende erzeugt werden. Alle diese Erfolge werden in dem Film von Frau Keuper nicht erwähnt.
Dass Frau Keuper auch den Wasserbetteffekt und die dadurch verursachte Redundanz der deutschen Klimapolitik vollständig außer Acht lässt, überrascht angesichts der Stoßrichtung des Beitrags nicht weiter. Gleichwohl ist dieses Versäumnis in hohem Maße kritisch, denn wie soll die deutsche Bevölkerung auch nur annähernd informiert über Klimapolitik urteilen, wenn sie diese Zusammenhänge nicht kennt?
Zusammenfassend lässt sich feststellen:
- Das ZDF berichtet über klimapolitisch relevante Themen (Windkraft und Emissionshandel), geht dabei aber extrem selektiv vor und verschweigt willentlich kritische Aspekte der Windkraft, die für die Frage, ob es sinnvoll ist, diese weiter auszubauen, von elementarer Bedeutung sind.
- Die Berichterstattung über den Emissionshandel ist ausschließlich darauf ausgerichtet, dieses Instrument zu beschädigen.
- Eine Berichterstattung, die das Ziel verfolgt, die Menschen in Deutschland darüber zu informieren, wie der Emissionshandel funktioniert und welche Ergebnisse er erzeugt, findet nicht statt.
Damit versagt der öffentlich-rechtliche Rundfunk vollständig bei der Aufgabe, die für eine rationale Diskussion notwendigen Informationen bereitzustellen. Und das auf einem Feld, das für die Zukunft unseres Landes von überragender Bedeutung ist. Nicht nur das, das ZDF praktiziert eine systematische Desinformation über zentrale Politiken der Gegenwart. Es entmündigt und manipuliert damit die Zuschauer. Es beraubt damit die in Deutschland lebenden Menschen der Chance auf ein informiertes Urteil.
Diese Programmbeschwerde wurde zuerst auf dem Blog Wirtschaftliche Freiheit publiziert. Wir bedanken uns beim Beschwerdeführer und dem Blogbetreiber für das Recht zur Veröffentlichung.
Pressebericht zum Thema:
Gebührenfinanzierte Desinformation über den Emissionshandel
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