ARD - Interview Pinar Atalay - Jazenjuk

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Maren
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ARD - Interview Pinar Atalay - Jazenjuk

Beitrag von Maren »

Westdeutscher Rundfunk Köln
Intendanz
Herrn Buhrow
Appellhofplatz 1
50667 Köln



Programmbeschwerde

hiermit erheben wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde wegen des wertneutralen und unkommentierten Bereitens eines Podiums für geschichtsrevisionistische Darstellungen des ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk innerhalb der ARD Tagesthemen vom 07.01.2015.

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -3413.html

Innerhalb der ARD-Tagesthemen vom 07.01.2015 lässt Moderatorin Pinar Atalay die geschichtsrevisionistisch tendierte Einlassung Jazenjuks: „Wir können uns alle sehr gut auf den sowjetischen Anmarsch auf die Ukraine und nach Deutschland erinnern. Das muss man vermeiden und keiner hat das Recht, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges neu zu schreiben.“ unkommentiert und unwidersprochen.

Pinar Atalay:
“Sie treffen ja morgen auf Kanzlerin Merkel. Sie erwarten eine Menge von ihr, Merkel aber auch viel von Ihnen. Womit wollen Sie die Kanzlerin überzeugen, damit sie Ihnen und Ihrem Land weiterhilft?”
Jazenjuk:
“Deutschland und die Bundeskanzlerin persönlich machen sehr viel, um den Frieden in der Ukraine wieder herzustellen. Und nicht nur in der Ukraine, sondern um die Stabilität in ganz Europa zu gewährleisten. Die russische Aggression in der Ukraine, das ist der Angriff auf die Weltordnung und auf die Ordnung in Europa. Wir können uns alle sehr gut auf den sowjetischen Anmarsch auf die Ukraine und nach Deutschland erinnern. Das muss man vermeiden und keiner hat das Recht, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges neu zu schreiben. Und das versucht der russische Präsident Herr Putin zu machen. Konkret zur Unterstützung: die Unterstützung liegt darin, dass wir einheitlich bleiben.”
Pinar Atalay:
“Was geben Sie wiederum Deutschland und der europäischen Union als Angebot. Was können Sie verändern? Nochmal zu der Frage: Frau Merkel erwartet da was von Ihnen?”
Seitens Pinar Atalay kam es zu keiner kritischen Nachfrage auf Jazenjuks inakzeptable Einlassung, sie beschränkte sich darauf, ihrem Interviewpartner vergleichsweise harmlose und unverfängliche Fragen zu stellen und übersah, dass selbst diese entweder gar nicht oder nur ausweichend beantwortet wurden.
Kritische Nachfragen etwa nach Menschenrechtsverletzungen, der sogenannten Lustration, der Verfolgung von Oppositionspolitikern und dem dreisten Angriff von Nationalisten auf einen ukrainischen Fernsehsender, Anfang Januar, blieben erwartungsgemäß aus.
Der Hauptteil des Interviews wurde, komplett störungsfrei von moderativen Interventionen Atalays, von Russenschelte seitens Jazenjuks dominiert.

Nachdem sich über die sozialen Netzwerke, in den Kommentaren auf Tagesschau.de und in zahlreichen Blogs massiver Protest gegen diese Zuschaustellung von Geschichtsvergessenheit und redaktioneller Inkompetenz regte, sah sich tagesschau.de veranlasst über FB diesen Kommentar abzusetzen:
Pinar_Jaz.JPG
Pinar_Jaz.JPG (77.1 KiB) 39423 mal betrachtet
Diese Darstellung weisen wir auf das Schärfste zurück.

Es wurde explizit darauf hingewiesen, dass es sich um ein aufgezeichnetes Interview handelte, sodass die Redaktion sowohl die Möglichkeit als auch die Pflicht gehabt hätte, die faschistisch-revisionistische Sicht des ukrainischen Ministerpräsidenten auf deutsche und europäische Geschichte im späteren Sendeverlauf kritisch zu kommentieren und sich in aller Form davon zu distanzieren. Es ist vollkommen unerheblich, in welche Sprachen der Interviewte während des Gesprächsverlaufes wechselte, ausschlaggebend ist allein die Wahrnehmung der Äußerung durch das Publikum.

Wir sehen im beanstandeten Beitrag einen eindeutigen Verstoß gegen den im WDR-Gesetz (§4) verankerten Programmauftrag sowie Verstöße gegen die Programmgrundsätze:

§ 5 (4) Der WDR soll die internationale Verständigung, die europäische Integration, den gesellschaftlichen Zusammenhalt (…) fördern, zum Frieden und zur sozialen Gerechtigkeit mahnen, die demokratischen Freiheiten verteidigen und der Wahrheit verpflichtet sein.

(5) Der WDR stellt sicher, dass das Gesamtprogramm nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient. (…)

(6) Die Nachrichtengebung muss allgemein, unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen. Kommentare sind deutlich von Nachrichten zu trennen und unter Nennung der Verfasserin oder des Verfassers als solche zu kennzeichnen.

Inzwischen hat auch das russische Außenministerium eine Erklärung, was diesen skandalösen Vorfall anbelangt, von der Bundesregierung verlangt. Moskau habe eine Note an das Auswärtige Amt in Berlin geschickt, um die offizielle Position zu erfahren, sagte der stellvertretende russische Minister Wladimir Titow am Freitag russischen Agenturen.

Die Beitragszahlenden, als Finanziers des gesellschaftlichen Gutes „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“, haben ein gesetzlich verbrieftes Anrecht darauf, dass die „Demokratieabgabe“ nicht zur Förderung demokratieschädlicher Tendenzen eingesetzt wird. Es liegt darüber hinaus nicht im Interesse des Publikums, die Marke Tagesschau/Tagesthemen durch derartige Vorfälle beschädigt zu sehen.
Programmauftrag ist auch Qualitätsauftrag. Qualität misst sich nicht nur an Inhalten, sondern auch an handwerklichen und technischen Können. Das Publikum darf vom beitragsfinanzierten Rundfunk professionellen Journalismus erwarten, der sowohl sorgfältige Recherche, Reaktionsvermögen, unabhängige Standpunkte und solide Kenntnis der Geschichte beinhaltet.

Wir erwarten eine deutliche Reaktion der Programmverantwortlichen und eine Aufklärung darüber, wie es zu dieser unglaublichen Fehlleistung innerhalb des Sendebetriebes kommen konnte.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Beschwerde und weiterführender Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen



i. A. Maren Müller
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Maren
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Re: ARD - Interview Pinar Atalay - Jazenjuk

Beitrag von Maren »

Antwort vom Intendanten des NDR, der sich der Stellungnahme von ARD-aktuell anschließt.
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Maren
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Re: ARD - Interview Pinar Atalay - Jazenjuk

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Intendant
Herrn Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg


Ihr Schreiben vom 20.02.2015

Sehr geehrter Herr Marmor,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unsere Programmbeschwerde zum Interview des ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk innerhalb der Tagesthemen vom 07.01.2015.

Sie schließen sich den Ausführungen des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell Christian Nitsche an, der einen Großteil seiner Stellungnahme dazu nutzt, um den Inhalt des uns bekannten Beitrages wiederzugeben. Originell ist insbesondere der wortwörtliche Bezug auf den von uns im Beschwerdeschreiben bereits kritisierten Facebook-Kommentar von Tagesschau.de, welcher mit der Feststellung endet, dass Vorwürfe gegen die Tageschau und die Moderatorin Pinar Atalay unbegründet seien.

Zunächst: Wenn Vorwürfe erhoben werden, sind sie in der Regel immer begründet,insbesondere dann, wenn sich hunderte, wenn nicht gar tausende, von Zuschauern über die demonstrierte Zuschaustellung von Geschichtsvergessenheit eines ukrainischen Politikers und der sich anschließenden redaktionellen Inkompetenz erregten.

Es ist somit nicht an Ihnen zu entscheiden, ob diese Vorwürfe des Publikums berechtigt oder begründet sind. Sie haben als Verantwortlicher dafür zu sorgen, dass Kritikpunkte, die unter anderem die internationale Verständigung tangieren, ernst genommen und entsprechend behandelt werden.

Wie ausgiebig sich Tagesschauredakteure und Korrespondenten in der Regel an Äußerungen des russischen Präsidenten oder des griechischen Finanzministers abarbeiten können, ist hinlänglich bekannt und würde auch der Redaktion von ARD-aktuell auffallen, sofern sie zur Selbstreflektion fähig ist. Offenbar wird dem Zuschauer nicht bei jedem Thema zugetraut sich ein eigenes Bild machen zu können.

Ein deutlicher Kommentar, wie der von Anja Reschke zur „Schlussdebatte“ anlässlich der Befreiung von Auschwitz, wäre nach diesem verunglückten Interview eine Möglichkeit gewesen, sich von der unsäglichen öffentlichen Attacke Jazenjuks abzugrenzen, der im 70. Jahr der Befreiung vom Hitlerfaschismus die Befreiung durch die Sowjetarmee als “russische Aggression gegen Deutschland und die Ukraine” umdeutete.
Ausreichend Zeit für eine entsprechende Vorbereitung wäre zwischen Aufzeichnung des Interviews und Ausstrahlung um 22.30 Uhr gewesen. Eine der Sendungen der Folgetage hätte sich für eine Stellungnahme angeboten.

Wir halten an unserer Beschwerde fest und erwarten eine ausführliche Befassung durch den Rundfunkrat und Vorschläge für den künftigen Umgang mit historischen Entgleisungen innerhalb der Programmangebote der Tagesschau.

Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Antwort sowie weiteren Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
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Re: ARD - Interview Pinar Atalay - Jazenjuk

Beitrag von Maren »

Zwischenbescheid vom Rundfunkrat. Es vergeht ein halbes Jahr zwischen Verstoß und Entscheidung durch das Gremium.
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Maren
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Re: ARD - Interview Pinar Atalay - Jazenjuk

Beitrag von Maren »

Was lange währt, wird erwartungsgemäß nicht gut - Antwort vom Rundfunkrat: Nach intensiver Diskussion und ausführlicher Beratung kamen sowohl Programmausschuss, als auch Rundfunkrat des WDR zu dem Schluss, dass Pinar Atalay "durchaus kritische Nachfragen" während des Interviews mit Jazenjuk gestellt habe.

Es kann aus unserer Sicht von einer "intensiven Diskussion und ausführlichen Beratung" der Beschwerde überhaupt keine Rede sein, denn eine Intervention Atalays auf die faschistisch-revisionistische Sicht des ukrainischen Ministerpräsidenten auf deutsche und europäische Geschichte fand schlicht nicht statt. Auch wurde zum wiederholten Male der Inhalt des Beschwerdetextes vernachlässigt.
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