Programmbeschwerde: ARD-aktuell: Jemen-China

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Maren
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Programmbeschwerde: ARD-aktuell: Jemen-China

Beitrag von Maren »

Betreff: Programmbeschwerde: ARD-aktuell: Jemen-China
NDR-Rundfunkrat
Rothenbaumchaussee
20149 Hamburg


Programmbeschwerde: ARD-aktuell: Jemen-China


Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

wenn Saudi-Arabien im Jemen während eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges ein Bombardement auf einen Gemüsemarkt veranstaltet und 106 Besucher umbringt, berichtet das die Tagessschau nicht. Es entspricht also einer inneren Logik, dass die Tagesschau auch mit keinem Wort darüber informierte, dass am 27. März, dem Jahrestag des Kriegsbeginns, eine halbe Million Jemeniten in ihrer Hauptstadt Sanaa zu einer Protestdemonstration gegen diese Bombenangriffe zusammengekommen waren. Gegen diese abermalige Verschwiegenheit erheben wir eine weitere Programmbeschwerde.

Es entspricht unserem Verständnis vom Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass er umfassend und vollständig zu unterrichten und damit einen Überblick über das Weltgeschehen zu geben hat. Die Vorgänge auf der arabischen Halbinsel sind nicht zu ignorieren.

Die Demonstration hat zwar erwartungsgemäß in den MSM (Mainstream-Medien) und deren Zulieferern, den „prowestlichen“ Nachrichtenagenturen, kaum Aufmerksamkeit gefunden. Informationen gab es aber trotzdem, vor allem beim katarischen Sender Al Jazeera. Eine deutsche Zusammenfassung im Internet zum Beispiel auch hier:
http://einarschlereth.blogspot.de/2016/ ... g-der.html

Wir sind an einer Klärung der gesamten, aus unserer Sicht äußerst tendenziösen Nachrichtengestaltung über das Geschehen im Nahen Osten in den Sendungen der Hauptabteilung ARD-aktuell interessiert. Wir sehen durchaus Zusammenhänge, wenn

- über Massaker und Kriegsverbrechen im Jemen nicht berichtet wird

- die Herrschaften in Riad in höfischen Formeln tituliert und nicht als menschenfeindliche Diktatoren bezeichnet werden

- die Wortwahl der Tagesschau in konformistischer Linientreue den Vorgaben der Berliner Regierung folgt, im Fall Saudi-Arabien gemäß Steinmeierscher Diktion also von „Regierung“ und „Herrschern“ die Rede ist, im Fall Syrien hingegen von „Regime“ und „Machthaber“

- und im Fall Jemen Schweigen im Walde herrscht.

Dieser Stil ist fern aller Anforderungen, die die Staatsverträge an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stellen. Er erfüllt weder das Erfordernis der Objektivität, noch der Vollständigkeit, noch der Sachlichkeit. So ist das Programm nicht der Information der Rundfunkteilnehmer dienlich und schon gar nicht dem Ziel der Völkerverständigung.

Er ist vielmehr nur Ausdruck von Agitation und Propaganda.
Ein Passstück dazu ist im übrigen der Beitrag über eine angegbliche Repressionskampagne in der VR China.

http://www.tagesschau.de/ausland/china-xi-101.html

Zwar bisher nur in der Nischenveranstaltung tagesschau.de, also nur für eine absolute Minderheit von ARD-aktuell-Rezipienten, wird hier der Beleg geliefert, dass, kaum gibt es keinen schönen Aufhänger für ein Putin-bashing oder antirussische Giftspritzen, ARD-aktuell sogleich ersatzweis zum chinesischen Watschenmann umschwenkt. Ein Popanz muss ja immer angeführt werden, nicht wahr? Im vorliegenden Fall ein Korrespondentenbericht mit einer Story, deren Vorwürfe „Verschleppung von Dissidenten“ mit nichts belegt sind, ein Bericht voller Bezugnahmen auf ungenannte Informanten, teils mit nicht belegten Aussagen von fraglos befangenen Angehörigen, ohne Stellungnahmen von Seiten der beschuldigten Behörden, dafür voller „offenbar“ und „anscheinend“, den Paradebegriffen für reine Spekulation. Betroffen rund zwei Dutzend möglicherweise fragwürdig behandelte Personen. Möglicherweise fragwürdig behandelt.

Und das reicht trotzdem für einen Bericht dieses Umfangs? Und nichts über den Protest von 500 000 Jemeniten, für diese Leute reicht der Platz nicht? Von den 106 Massakrierten gar nicht zu reden?

Wir ersuchen um ordnungsgemäße Prüfung und Beratung im Rundfunkrat.

Höflich grüßen

Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
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Maren
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Re: Programmbeschwerde: ARD-aktuell: Jemen-China

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 30. März 2016 kritisieren Sie die Berichterstattung von ARD-aktuell am 27. März 2016 über den Jemen.

Ich habe die verantwortliche Redaktion von ARD-aktuell gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme_Jemen_geschwärzt.pdf
(3.55 MiB) 898-mal heruntergeladen
Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

Intendant des Norddeutschen Rundfunks
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Maren
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Re: Programmbeschwerde: ARD-aktuell: Jemen-China

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde vom 30.3.16 – Jemen

Antwort des NDR v. 11.4.16

In seiner Stellungnahme vom 7.4.2016 versucht der NDR das Unterdrücken der Nachricht über den Jemen damit zu rechtfertigen, dass an der Friedens- Demonstrationen in Sanaa höchstens 10 000 Menschen teilgenommen hätten und nicht, wie im Internet gemeldet wurde rund eine Mio.

Neu an dieser Ausrede ist, dass ARD-aktuell die Berichterstattung an die Größe der Demonstration knüpft.

Das ist offensichtlich eine Lüge. Der Tagesschau-Ausgabe vom 3.10.2015 ist zu entnehmen, dass die Berichte sich ersichtlich nicht an der Größe einer Demonstration, sondern an anderen Erfordernissen orientiert. In dem fraglichen Bericht ging es um eine völlig unbedeutende Kundgebung mit ukrainischen Teilnehmern anlässlich der Beratungen über das Minsk II - Abkommen in Paris. Dieses Mini-Event erschien der Redaktion offensichtlich geeignet, dem Berichtsbashing gegen Russland eine andere Variante zu geben, möglicherweise um den europäischen Spitzenplatz der deutschen Medien in der russophoben Berichterstattung abzusichern.

Eine vergleichbare Motivation spielt auch bei der Jemen-Berichterstattung die zentrale Rolle. Dort geht es vor allem darum, Saudi-Arabien im Interesse der deutschen Außenpolitik nicht in einem allzu ungünstigem Licht erscheinen zu lassen. Deshalb wird der Bombenterror gegen die Jemeniten häufig verschwiegen und die Friedensbereitschaft der Bevölkerung ausgeblendet. Dass die saudi arabische Herrschaftselite in den Augen des NDR die Bezeichnung "Machthaberin" nicht verdient, ist ebenfalls der institutionellen Folgsamkeit ARD-aktuells gegenüber dem Bundesaußenministerium geschuldet.

Die China-Berichterstattung ist Agit-Prop, auch wenn der NDR es bestreitet. Der Hinweis auf andere Agenturen kann da nicht exkulpieren. Die aufgeführten Behauptungen werden auch von den Agenturen nicht belegt. Jeder Depp kann das erkennen. Im übrigen ist es der typische antichinesische Berichtsstoff, aus dem die westliche Propaganda gestrickt ist.

Die Menschenrechte werden immer rausgekramt, wenn es der Feind-Propaganda nützt, bei der menschenunwürdigen
Behandlung von lästigen Flüchtlingen, die nach Europa wollen, sind sie beispielsweise von der Bildfläche verschwunden.

Der Beitrag verstößt gegen die Programmrichtlinien.

F. Klinkhammer, V. Bräutigam

19.4.2016 Demo in Sanaa (spiegel-online) zum Auszählen für fleißige Rundfunkräte.
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