Westdeutscher Rundfunk Köln
Intendanz
Herrn Buhrow
Appellhofplatz 1
50667 Köln
Sehr geehrter Herr Buhrow,
vielen Dank für die zusammenfassende Antwort Ihres zweiten Fernsehdirektors Helfried Spitra auf unsere Programmbeschwerden vom 24.06.2015 und 25.06.2015, die sich auf die
Tagesthemen vom 14.06.2015 beziehen.
Explizit ging es um die fälschlichen Behauptungen Ihres Brüssel-Korrespondenten Rolf-Dieter Krause, Griechenland habe abgelehnt seine Militärausgaben zu kürzen bzw. würde über 4 % seines BIP für Verteidigungsausgaben aufwenden.
Herr Spitra antwortete reichlich spitzfindig, dass es eine Differenz zwischen den Gläubigerforderungen und dem Angebot der griechischen Regierung gegeben habe und Rolf-Dieter Krause aus diesem Grund nachrichtlich korrekt berichtet habe.
Diese Darstellung ist nicht stimmig. Mit keinem Wort hat Krause eine Differenz erwähnt, sondern stattdessen suggeriert, dass Griechenland eine Kürzung der Militärausgaben gänzlich ablehne. Zur Prüfung des Sachverhaltes könnte es von Vorteil sein,
die entsprechende Sendung erneut zu sichten.
Rolf-Dieter Krause hatte zunächst fälschlicherweise die 4 % Militärausgaben/BIP ins Spiel gebracht, die Griechenland angeblich aufbringe, danach anhand dieser falschen Zahl den „riesen Spielraum“ konstruiert, der angesichts dieser enormen Ausgaben möglich wäre, Geld zu sparen um danach direkt zu behaupten, dass dieses „Angebot“ von Griechenland abgelehnt wurde.
Die Erklärung für Krauses „kurze Verwechslung“ der Zahlen seitens Ihres zweiten Fernsehdirektors Spitra ist ähnlich abstrus.
Wenn Herr Krause die Zahlen lediglich aufgrund des statistischen Zahlenmaterials (4 Mrd. – 4 %) verwechselt hätte, wäre einem erfahrenen Korrespondenten der völlig abwegige komplexe Vergleich zu den 2% -Vorgaben der Nato aufgefallen.
Die neue griechische Regierung hat zudem
laut stellvertretenden Verteidigungsminister Griechenlands, Kostas Isychos, unmittelbar nach Amtsantritt der Regierung Tsipras sämtliche Rüstungsprogramme eingefroren. Das heißt, dass sich seit Amtsantritt kein einziges Rüstungsprojekt im Stadium der Umsetzung befindet. Alle Rüstungsprojekte beschränkten sich laut des griechischen Verteidigungsministeriums auf Wartungs- und Reparaturmaßnahmen. Die neue politische Führung hat darüber hinaus eine interne Untersuchungskommission gebildet, die sich der Untersuchung diverser Rüstungsgeschäfte widmet, die auch der deutschen Rüstungsindustrie neuen Ärger bereiten könnte.
Auf Informationen dieser Art wartet man bei Rolf-Dieter Krause vergeblich.
Dass Griechenland über einen (zu) hohen Militärhaushalt verfügt, an dem auch Deutschlands Rüstungsbetriebe in den vergangenen Jahren ziemlich gut verdient hatten , ist unstrittig und ein Hinweis auf entsprechende Verlautbarungen der Grünen-Politikerin Roth überflüssig. Das aufmerksame und verständige Durchschnittspublikum verfügt über dieses Wissen und interveniert aus diesem Grund bei Ungereimtheiten seitens der Nachrichtengebung – wie hier geschehen.
Der zweite Fernsehdirektor gibt weiter an, dass Herr Krause seine Falschaussage selbst bemerkt, sowie in keinem weiteren Beitrag wiederholt hätte und leitet daraus ab, dass damit der Aussagegehalt des beanstandeten Beitrages nicht verfälscht wurde.
Spätestens hier wird klar, dass es den Programmverantwortlichen offenbar gleichgültig ist, dass eine erhebliche Anzahl der Zuschauer
(17,7 % an diesem Abend) Fehlinformationen aufgesessen sind, die bis heute nicht korrigiert wurden, wie es normalerweise innerhalb seriöser Berichterstattung üblich ist.
Es erschließt sich einfach nicht, aus welchem Grund die Programmverantwortlichen nicht zu einer angemessenen Kritikkultur fähig sind, die dazu führt, dass Fehlinformation nicht nur ehrlich eingestanden, sondern der Sachverhalt an einem geeigneten Sendeplatz richtig gestellt wird.
Wolf-Dieter Krause glänzte anlässlich der Griechenland-Berichterstattung durch Dauerpräsenz im TV. Ohne Probleme hätte Krause am Anfang eines neuen Beitrags kurz auf die falsche Berichterstattung Bezug nehmen und sie mit der freundlichen Ansprache "Sehr geehrte Damen und Herren, mir ist gestern ein Fehler unterlaufen....."richtig stellen können.
Einen reichlichen Monat nach Eingang der Beschwerden zu haarsträubenden Rechtfertigungsversuchen auszuholen ist im höchsten Maße unprofessionell. Wir halten daher an unserer Programmbeschwerde fest und rufen den Rundfunkrat des WDR an, sich dieser Angelegenheit anzunehmen.
§5 (6) Programmgrundsätze
Die Nachrichtengebung muss allgemein, unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.
Zum Zwecke der Transparenz wird diese Antwort, als auch der weitere Verlauf der Beschwerde auf der Webseite des Vereins
http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Maren Müller
Vorsitzende