Corona und die Medien: Wir müssen sprechen

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Maren
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Corona und die Medien: Wir müssen sprechen

Beitrag von Maren »

Corona und die Medien: Wir müssen sprechen

Die Medien hätten in der Corona-Krise den Siegeszug der Angst nicht zulassen dürfen. Wir müssen aus den Fehlern lernen, meint ein gestandener ZDF-Mann. Ein Gastbeitrag von Dirk Jacobs

Es gab Unvermeidbares wie Vermeidbares. Es gab ein neues Virus mit Ansteckungs- und Erkrankungsgefahren, auf die reagiert werden musste, mit einigen sinnvollen Maßnahmen. Zugleich wurden Gefahren überzeichnet, vor allem für Kinder, Jugendliche und gesunde Erwachsene, so dass viele Nicht-Vulnerable eine übersteigerte Angst entwickelten, die zu überzogenen Maßnahmen (und einer überzogenen Impfkampagne) führten, die wiederum Ängste vergrößerten und in Wechselwirkung noch strengere Maßnahmen beförderten. Viele sogenannte Kollateralschäden, bei denen es sich, wohlgemerkt, um Maßnahmenschäden handelt, von Menschen und ihren Entscheidungen verursacht, nicht um vom Virus verursachte Corona-Schäden (das wurde medial oft fälschlich gleichgesetzt), waren offenkundig vermeidbar. Es gab also Fehler. Über diese sollten wir sprechen.

Warum fällt das so schwer? Hat sich der Journalismus in unserem Land ganz gut in einer Oase eingerichtet, in der man im Namen der Öffentlichkeit die Fehler der anderen aufdeckt und thematisiert, über die eigenen aber schweigt? In einem Beitrag in dieser Zeitung am 6. April verwies Dirk Engelhardt auf eine umfassende Arbeit des Medienjournalisten Timo Rieg, der auf 127 Seiten Verstöße des Journalismus in der Corona-Zeit gegen Qualitätskriterien auflistet: Verstöße gegen Richtigkeit, Vollständigkeit, Meinungsvielfalt, Repräsentativität, Objektivität, Relevanz, Recherche. Engelhardt konstatiert ebenso wie Rieg, dass das Interesse in den Medienhäusern und Redaktionen, diese Verstöße selbstkritisch zu beleuchten, jedoch äußerst gering ist. Und in der Tat ist bis jetzt kaum etwas in dieser Hinsicht zu vernehmen. […]

Es stellen sich weitere zentrale Fragen: Wie konnte unter dem journalistischen Primat, dass „die Fakten stimmen müssen“, die, wie ich sie bezeichnen würde, Ur-Sünde der Berichterstattung passieren: der weitgehend unkritische, kaum hinterfragte Umgang mit den Daten und Aussagen des Robert-Koch-Instituts? Eigentlich haben doch viele Journalistinnen und Journalisten in ihrem Bildungshintergrund Grundkenntnisse in Statistik.

https://www.berliner-zeitung.de/politik ... -li.364686

„Es gab bisher keine nennenswerten Reaktionen, nur ein Forscherteam hat auf die Fallsammlung verwiesen.“ Es gab keine Nachfragen, keine Hinweise auf Fehler, keine Diskussion. „Weder im Journalismus noch in der Journalistik sehe ich ein größeres Interesse, sich mit dem zu beschäftigen, was schiefgelaufen ist“, sagt Rieg. Er vermisst die Selbstkritik in den Medien. Und wenn doch Fehler eingestanden werden, dann nach dem Motto: „Wir konnten ja nicht anders, wir wussten es nicht besser, es war eine extreme Notlage.“

Berichterstattung oft schwarz-weiß

Selbst die Journalismusforschung argumentiere teilweise so, hat Rieg beobachtet. „Davon kann ich allerdings nichts gelten lassen. Der Journalismus hätte schlicht gewissenhaft nach den alt-bekannten Regeln seine Arbeit tun sollen, dann hätten wir sicher ganz andere drei Jahre erlebt“, ist sich Rieg sicher. Riegs Eindruck ist es, dass sämtliche Qualitätsdefizite außerhalb von Corona in ähnlichem Maßstab bestehen. „Vielleicht bin ich auch über die Jahre besonders kritisch geworden, aber ich sehe überall Fehler, Verzerrungen, Unvollständigkeiten. Und das Schlimme ist: es interessiert kaum.“

https://www.berliner-zeitung.de/open-so ... -li.334923

Qualitätsdefizite im Corona-Journalismus: Eine kommentierte Fallsammlung

https://www.researchgate.net/publication/368289947_Qualitatsdefizite_im_Corona-Journalismus_Eine_kommentierte_Fallsammlung
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