Unterdrückung des Amnesty-International-Berichtes über den Krieg gegen den Jemen

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Maren
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Unterdrückung des Amnesty-International-Berichtes über den Krieg gegen den Jemen

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Programmbeschwerde

Unterdrückung des Amnesty-International-Berichtes über den Krieg gegen den Jemen

Sehr geehrter Herr Marmor,

trotz Saudi-Arabiens militärischer Intervention im Jemen, trotz aller bekannten Menschenrechtsverbrechen Riads und trotz aller weltweiten Proteste (z.B. gegen die martialischen Bestrafung des Bloggesr Raif Badawi) genehmigt die Bundesregierung weiterhin millionenschwere Waffenlieferungen an Saudi-Arabien. Allein im April 2015 winkte Berlin Exporte von 100 Kleindrohnen, Funkzubehör und Ersatzteilen für gepanzerte Fahrzeuge im Wert von 12,8 Millionen Euro durch. Jetzt liegen auch Dokumente über die schrecklichen Folgen dieser deutschen Form von Beihilfe zum Massenmord vor.

Amnesty International berichtete von erschütternden Beweisen für Kriegsverbrechen seitens der von den USA unterstützten saudischen Truppen im Jemen und fordert einen Waffenlieferungsstopp und unabhängige Untersuchungen. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei dem AI-Bericht nicht um Propaganda, sondern um Belege für Verbrechen von derartigem Ausmaß handelt, dass selbst eine der US-Administration nahe stehende Organisation wie Amnesty International nicht mehr umhin konnte, sie anzuprangern.

Die ARD hat jedoch weder über den Amnesty-Aufruf zum Waffenlieferungsstopp noch gar über die Begründung berichtet, nämlich die von den USA unterstützten saudi-arabischen Verbrechen im Jemen. Die Vermutung liegt nahe, dass den Zuschauern der Zusammenhang zwischen deutschen Waffenlieferungen und saudischen Gewaltorgien gegen die jemenitische Bevölkerung sowie den weiter zu erwartenden Flüchtlingsströmen nicht ersichtlich und verständlich deutlich wird.

Bereits Ende August war zu beobachten, dass ARD-aktuell schwieg, als die Nachrichtenagenturen von vielen toten Zivilisten nach saudi-arabischen Bombardements im Jemen berichteten. Dieser Massenmord war der ARD in den Hauptnachrichten kein einziges Wort wert.

Schon im Mai war der saudische Einsatz von Streubomben im Jemen bekannt geworden. Bereits damals haben die Hauptnachrichtensendungen der ARD Informationen totgeschwiegen, offensichtlich im Bemühen darum, die Verbrechen der Saudis und der US-Administration sowie die Unterstützung der Merkel-Regierung dafür nicht zu thematisieren.
Das Verschweigen von Fakten und solcher Informationen wie im Amnesty-Bericht gehört zum üblichen Repertoire der Kriegspropaganda und ist nach den Vorschriften des NDR-Staatsvertrages nicht zu rechtfertigen.

Wir fordern Sie zu einer Prüfung auf.

Mit freundlichen Grüßen

F.Klinkhammer
V.Bräutigam
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Maren
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Re: Unterdrückung des Amnesty-International-Berichtes über den Krieg gegen den Jemen

Beitrag von Maren »

Betreff: Ihre Programmbeschwerde

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer Programmbeschwerde vom 9. Oktober 2015 werfen Sie der ARD erneut "Kriegspropaganda" vor. Diesen Vorwurf weisen wir erneut zurück. Sie kritisieren in diesem Fall, dass nicht über einen Bericht von Amnesty International zu Hinweisen auf Kriegsverbrechen im Jemen berichtet wurde und dass die ARD generell nicht über die Menschenrechtsverletzungen im Jemen berichte.

Richtig ist, dass der AI-Bericht am 7. Oktober 2015 nicht Eingang in die Nachrichtensendungen von ARD-aktuell gefunden hat. Das liegt aber nicht daran, dass "Informationen totgeschwiegen" werden sollen, wie Sie unserer Redaktion unterstellen, sondern hat schlicht damit zu tun, dass unsere Kapazitäten in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht begrenzt sind. Das bedeutet auch, aus der Vielzahl der möglichen Themen die jeweils wichtigsten auszuwählen und sie einzuordnen. So war der 7. Oktober 2015 ein sehr nachrichtenstarker Tag. Zu den Topthemen der "Tagesschau" um 20:00 Uhr zählten Russlands Kampfeinsätze in Syrien, die EU-Mission gegen Schlepper im Mittelmeer, die Neuorganisation der Flüchtlingshilfe in Deutschland und Manipulationen bei VW.

Ich bitte wirklich um Verständnis dafür, dass eine Nachrichtenredaktion auswählen muss, um der begrenzten Sendezeit Rechnung zu tragen. Das notwendige Ermessen der Redaktion ist hier nachvollziehbar ausgeübt worden.

Dessen ungeachtet berichten wir kontinuierlich über die katastrophale Lage der Bevölkerung im Jemen und die Folgen der Militärintervention Saudi-Arabiens. So zum Beispiel in einem "Tagesschau"-Beitrag unseres Korrespondenten Thomas Aders vom 1. Oktober 2015:

http://www.tagesschau.de/ausland/jemen-441.html und ebenfalls auf tagesschau.de, zum Beispiel:
https://www.tagesschau.de/ausland/jemen ... t-101.html (07.05.)
https://www.tagesschau.de/ausland/jemen ... e-101.html (28.04.)
https://www.tagesschau.de/ausland/jemen ... e-101.html (27.04.)
https://www.tagesschau.de/multimedia/vi ... 78963.html (21.04.)

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

ARD-Vorsitzender
Intendant des Norddeutschen Rundfunks
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Maren
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Re: Unterdrückung des Amnesty-International-Berichtes über den Krieg gegen den Jemen

Beitrag von Maren »

NDR-Rundfunkrat
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

Programmbeschwerde wegen Unterdrückung des Jemen-AI-Berichtes vom 9.10.2015

Antwort des Intendanten vom 5.11.2015

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Programmbeschwerde vom 9. Oktober 2015 ist unzureichend beantwortet worden. Dass über den Amnesty-Bericht nicht berichtet wurde, wird damit begründet, dass am 7. Oktober 2015 die redaktionellen Kapazitäten in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht bei ARD-aktuell begrenzt gewesen seien.

Diese Begründung ist nicht neu, wenn das darum geht, die Pflicht zur Berichterstattung zu leugnen. Wir erinnern z.B. an den Aufruf der prominenten Politiker Helmut Schmidt, Helmut Kohl uva, die sich im Vorjahr während der Ukraine-Krise gegen die Russland-Politik der Bundesregierung gestellt hatten. Auch damals hatte man angeblich keine passenden Sendeplätze für eine entsprechende Meldung zur Verfügung. Eine offenkundig billige Ausrede:

Eine Textnachricht mit Foto hätte 30 Sekunden beansprucht. Von Mittags bis Mitternacht hatten "TS" und "TT" neun Sendungen. Es gibt den Sender "tagesschau24" (der Commerz-Sender N-TV verschwieg übrigens über den Jemenbericht nicht) mit ständigen Nachrichtensendungen über den ganzen Tag, "tagesschau.de" und "Videotext-Nachrichten". Auf keiner dieser Plattformen bringt ARD-aktuell eine AI-Nachricht über schwerste Kriegsverbrechen einer „westlichen“ Nation unter? Und das soll nicht demonstrieren, wie ideel-korrumpiert die Funktionseliten von Politik und Medien sind, die doch auch weitestgehend beschweigen, wie die BRD sich mit massiven Waffenlieferungen an diese nahöstlichen kriminellen Diktaturen mitschuldig macht?

Sachlich unprofessionell in diesem Zusammenhang ist der Intendanten-Hinweis auf frühere Nachrichten über die Situation im Jemen. Zum einen geben alle Beiträge nichts darüber her, wie die Verwicklungen anderer Staaten (z.B. die USA oder Merkel- Deutschland, das ungefähr zeitgleich Waffen an die Saudi-Mörder lieferte) im Jemen-Konflikt sind, zum anderen wird auch nicht deutlich - im Gegensatz zum AI-Bericht - wer für die Verbrechen im Jemen verantwortlich ist.

Aus diesen Gründen ist das Unterdrücken des Berichtes im ARD-Programm auch nach der Einlassung des Intendanten und seines Chefredakteurs unverändert zu beanstanden, zumal es in den Richtlinien gemäß § 11e RStV heisst:

"Profilierte politische Aussagen und Analysen sind ebenso wesentliche Bestandteile des Programms wie die Information über bisher unbekannte Sachverhalte und Zusammenhänge."

"Die Programme und Angebote der ARD haben der Allgemeinheit einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Die ARD soll hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern"


Wir bitten Sie, das Ergebnis Ihrer Prüfung in den wesentlichen Punkten zu begründen. Nach unserer Auffassung haben Beschwerdeführer hierauf einen Anspruch.

Und zum Schluss ein Zitat für alle Christen im Rundfunkrat:

"Die weltweite Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden der jemenitischen Zivilbevölkerung in diesem Konflikt ist schockierend." Donatella Rovera (Amnesty International Senior Crisis Response Adviser)

Mit freundlichen Grüßen

F. Klinkhammer
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