Eingabe gegen die Tagesschauausgabe vom 14.8.2017 - Libyen

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Maren
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Eingabe gegen die Tagesschauausgabe vom 14.8.2017 - Libyen

Beitrag von Maren »

Eingabe gegen die Tagesschauausgabe vom 14.8.2017 - Libyen

Sehr geehrte Rundfunkräte,

in der Tagesschau-Ausgabe vom 14.8.17 wurde darüber berichtet, dass private Rettungsorganisationen (u.a. "Ärzte ohne Grenzen") ihre humanitären Maßnahmen im Mittelmeer eingestellt hätten:
"Die Helfer machen (für das Einstellen ihrer Hilfe) Libyen verantwortlich, das Land von dem die meisten Flüchtlinge starten. Libyen, so sagen die die Organisationen, drohe ihnen mit Gewalt und wolle seine Hoheitsgewässer ausdehnen".
Diese Darstellung über die "Verantwortung" ist falsch. Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" hatte am 11.8.17 tatsächlich mitgeteilt:
“Die aktuellen Entwicklungen sind ein weiteres besorgniserregendes Element in einem zunehmend feindseligen Klima gegenüber lebensrettenden Einsätzen.... Europäische Staaten und libysche Autoritäten setzen gemeinsam eine Blockade um, die Menschen daran hindert, Schutz zu suchen. Das ist ein unannehmbarer Angriff auf das Leben und die Würde von Menschen.Wir fordern die libyschen Autoritäten dazu auf, umgehend zu bestätigen, dass sie die international anerkannten, rechtlichen Verpflichtungen zur Rettung von Booten in Seenot beibehalten und respektieren werden. Rettungsaktionen in internationalen und libyschen Gewässern müssen von ihnen weiterhin ermöglicht werden. Die libyschen Autoritäten müssen deutlich machen, dass sie allen Schiffen erlauben werden, diese Rettungsaktivitäten ungehindert durchzuführen. Weder die libyschen noch die italienischen Autoritäten dürfen gegen das gesetzlich garantierte Recht verstoßen, dass Gerettete an einen sicheren Ort gebracht werden müssen.“
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/mitt ... che-luecke

ARD-aktuell verschwieg also, dass die erwähnten NGOs neben Libyen auch die EU-Staaten, vor allem Italien, für die Blockade der Hilfsmaßnahmen verantwortlich machen.

Es wird mit dem Verschweigen dieses wichtigen Teils der Erklärung der Eindruck erweckt, als seien nur die ohnehin verwilderten Libyer die allein Schuldigen, während die "Menschenrechtsverteidiger" der EU – hier insbesondere de Maizière und der italienische Außenminister Alfano - die maßgeblichen Strippenzieher im Hintergrund - ungenannt bleiben. Unbestritten ist und teilweise in Deutschland bejubelt wurde: Alfano und de Maizière hatten den kompromisslosen Kurs gegen die NGOs abgestimmt. Die libysche Regierung unter Sarradsch handelte lediglich als Erfüllungsgehilfin entprechend ihrer Abhängigkeit von der EU und Italien.

Damit zeigen Gniffke und Co. erneut ihre Regierungstreue: Es soll kein Schatten auf die Bundesregierung und ihre EU-Verhandlungspartner fallen. Deshalb wird allein die libysche Küstenwache als Sündenbock für die Verletzung von Menschenrechten angeschwärzt und die Hauptverantwortlichen werden getarnt. Dass sie Absprachen getroffen haben über das im Völkerrecht verankerte Bergungsrecht mit der Verpflichtung zur Rettung von Menschenleben und dabei kaltblütig den Tod von Hilfsbedürftigen in Kauf nehmen, wurde von ARD-aktuell nicht einmal angedeutet.

Verzerrend auch die Behauptung: "Die libysche Küstenwache habe den NGOs immer wieder vorgeworfen, sie hätten mit Schleppern zusammgearbeitet." Dieser Vorwurf wurde vornehmlich von der deutschen Politik erhoben und dann von Vertretern Libyens nachgeplappert.

Mit keiner Silbe erwähnt ARD-Aktuell die weiteren, schwerwiegenden Vorwürfe der NGOs:
"Diejenigen, die nicht ertrinken, werden abgefangen und nach Libyen zurückgebracht. Wir wissen, dass Libyen ein Ort der Gesetzlosigkeit, willkürlichen Inhaftierung und extremen Gewalt ist.....Wir fordern die EU und die italienischen Behörden dazu auf, die tödlichen Eindämmungsstrategien einzustellen, durch die die Menschen in einem Kriegsland festsitzen, in dem auf ihre Schutz- und Unterstützungsbedürfnisse keine Rücksicht genommen wird. Sichere und legale Fluchtwege für Flüchtlinge und Migranten sind dringend erforderlich, um unnötigen Tod und Leid zu verringern."
ARD-aktuell verschwieg die Informationen über die menschenrechtswidrige Situation in Libyen. Sie demonstrierte erneut, wie opportunistisch das Gutmenschengetue war, das wir noch vor zwei Jahren in der Nachrichtengebung über die Flucht von Syrern nach Deutschland beobachten konnten.

Dr. Gniffke ist folgsam: Er berichtet das, was die Regierung wünscht. Die im Staatsvertrag verankerten Vorgaben des Programmauftrags und die Programmrichtlinien sind vom „Flaggschiff der ARD“ längst über Bord gegangen.

Mit freundlichem Gruß

F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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Maren
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Re: Eingabe gegen die Tagesschauausgabe vom 14.8.2017 - Libyen

Beitrag von Maren »

Gesendet: Donnerstag, 17. August 2017 um 11:38 Uhr
Von: gremienbuero-beschwerden@ndr.de

Betreff: Ihre E-Mail vom 17.08.2017

Sehr geehrter Herr Klinkhammer, sehr geehrter Herr Bräutigam,

ich bestätige den Eingang Ihrer o.g. E-Mail.

Der Rundfunkrat überwacht unter anderem die Einhaltung der staatsvertraglich verankerten Programmanforderungen. Daher sind ihm die Anregungen und Meinungen der Zuschauerinnen und Zuschauer, der Hörerinnen und Hörer sowie der Nutzer der Online-Angebote des NDR sehr wichtig. Im Rahmen der Überwachung der Programmanforderungen und der Beratung des Intendanten in Programmangelegenheiten haben wir Ihre Kritik zur Kenntnis genommen und sie an die Intendanz mit der Bitte um Weiterleitung an die zuständige Redaktion im NDR abgegeben.

Der Rundfunkrat ist darüber hinaus nicht befugt, in die Programmgestaltung des NDR einzugreifen oder auf die auf Basis anerkannter journalistischer Grundsätze getroffene Themenwahl Einfluss zu nehmen. Nach § 18 Absatz 2 des NDR-Staatsvertrages kann der Rundfunkrat nur solche Beiträge und Inhalte im Wege einer Beschwerde überprüfen, die bereits gesendet oder veröffentlicht wurden, da zum einen eine Kontrolle des Programms vor der Ausstrahlung nicht zulässig ist und zum anderen die tatsächlichen Inhalte Gegenstand der Programmkontrolle sind.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat

_____________________________
NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro

Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
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Maren
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Re: Eingabe gegen die Tagesschauausgabe vom 14.8.2017 - Libyen

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Rundfunkräte,

uns scheint, der Rundfunkratsvorsitzende hat hier bei seiner anspruchsvollen Sortiertätigkeit ins falsche Fach gegriffen.

Wir haben einen gesendeten Beitrag kritisiert und geltend gemacht, dass und inwiefern gegen die Programmrichtlinien verstoßen wurde, also gegen vorgeschriebene journalistische Standards im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bisher war unstreitig, solche Fälle im Rundfunkrat zu behandeln.

Wir bitten um eine Stellungnahme.

Zu Ihrer Weiterbildung geeignet: Ein fiktives Interview mit dem Herrn Vorsitzenden in "Rationalgalerie". Wir fanden es sehr gelungen.


F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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