Tagesschau - US-fromme Hofberichterstattung

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Maren
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Tagesschau - US-fromme Hofberichterstattung

Beitrag von Maren »

Herrn
NDR-Intendant Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg


Programmbeschwerde: US-fromme Hofberichterstattung, Verlautbarungsjournalismus, geboten von ARD-aktuell. Tagesschau 30.12.15, 20 Uhr: „USA besorgt über zivile Opfer russischer Angriffe“

Sehr geehrter Herr Intendant Marmor,

dass die USA in konsequenter Verleugnung ihrer eigenen ungezählten Kriegsverbrechen, Völker- und Menschenrechtsverletzungen immer wieder versuchen, nach dem Muster „Haltet den Dieb!“ zu verfahren und mit dem Finger auf Russland bzw. die VR China zeigen, ist nichts Neues. Dass die deutschen Systemmedien diesem Beispiel kritiklos folgen und sich zu servilen Tröten des Imperiums erniedrigen, ebenfalls nicht. Ab und zu allerdings prostituieren sich dabei auch Nachrichtenredaktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie ARD-aktuell über die Maßen hemmungslos. Und dann platzt dem fassungslosen Zuschauer denn doch der Draht von der Mütze:
„USA besorgt über zivile Opfer russischer Angriffe“
titelt die Tagesschau schamlos über die Ereignisse im Kriegsland Syrien und überspielt damit, unter Missachtung ihrer staatsvertraglichen Pflicht zur Objektivität, dass die USA die Hauptschuld an diesem Krieg trifft. Dass die USA die Hauptschuld an den ungezählten, mittlerweile mehr als 150 000 Toten haben und die Hauptschuld daran, dass Millionen syrische Menschen Hab und Gut und ihre Heimat verloren; die Tagesschau überspielt die typische aggressive, selbstherrliche Washingtoner Scheinheiligkeit und überspielt, dass Russland in Syrien nicht agiert, sondern reagiert. Und zwar, im Gegensatz zu der US-Kriegkoalition, völkerrechtskonform.

Wir erheben Programmbeschwerde. Texte und Reporterbeiträge wie der hier genannte übersteigen das Maß des Erträglichen. On-Sprecherin:
„Die USA haben sich besorgt über Berichte geäußert, wonach in Syrien durch die russischen Luftangriffe hunderte von Zivilisten getötet worden seien. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte den Berichten von Menschenrechtsorganisationen zufolge seien Kliniken, Schulen und Märkte getroffen worden. Mehr als 130 tausend Syrer seien innerhalb weniger Wochen geflohen, die meisten wohl aufgrund des russischen Eingreifens. Außenminister Perry habe diese Besorgnis in einem Telefonat seinem russischen Amtskollegen Lawrow mitgeteilt.“
Ina Rucks anschließender Reporterbericht beginnt mit diesem Satz:
„Überraschend deutliche Kritik an Russland aus dem US-Außenministerium“:
An der Verlautbarung aus dem State Department war nichts überraschend, allenfalls das Maß an Schändlichkeit und Verlogenheit, die kenntlich zu machen die Tagesschau verpflichtet gewesen wäre.

Ausführlich wiederholt werden im Ruck-Report dann die Beschuldigungen der "Menschenrechtsorganisation" Amnesty International gegen Russland, nicht aber, worauf besagte Anklagen sich stützten: nämlich auf Informationen von gleicher "Genauigkeit", "Zuverlässigkeit" und von gleicher "Quellenseriosität" wie die der „Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in London. Entsprechend negativ wurden sie in ungezählten Beiträgen im Internet auch kommentiert.

Konkret: AI bezog sich auf Angaben von „örtlichen Oppositionellen“, worunter in Syrien nun einmal Terroristen zu verstehen sind; AI verfügt nicht über eigene, zuverlässige Quellen und unterließ es trotzdem, sich vor Veröffentlichung der Anklagen beim Moskauer Beschuldigten um eine Stellungnahme zu bemühen. Diesem Muster an Einseitigkeit und USA-frommer Pauschalität folgte ARD-aktuell nun konsequent, indem es die Lüge des US-Imperators in der Sprache des deutschen Lakaien dem hiesigen TV-Publikum übermittelte.

Die Programmrichtlinien der Staatsverträge über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, besonders des hier heranzuziehenden NDR-Staatsvertrags, verlangen von den Nachrichtensendungen hingegen eine unabhängige Informationsgestaltung, Wahrhaftigkeit und die Wahrung journalistischer Standards. Zu denen gehört es, Informationen vollständig zu geben, unterschiedliche Sichtweisen und Anschauungen unbedingt zu berücksichtigen, Fairness zu üben usw. Nichts davon war in diesem Beitrag zu spüren.

Zumindest hätte erwähnt werden müssen, dass sowohl das Verteidigungsministerium als auch das Außenmisterium in Moskau die AI-Beschuldigungen bereits eine Woche zuvor nicht nur zurückgewiesen, sondern verlangt hatten, endlich prüfbare Daten und Beweise vorzulegen, wenn schon solche Vorwürfe erhoben werden. Die fehlen bisher tatsächlich, speziell für die Behauptung, die russische Luftwaffe habe Krankenhäuser, Schulen und Märkte bombardiert. ARD-aktuell hätte unterstreichen müssen, dass dafür zweifelsfreien Belege nicht vorgebracht werden konnten und sich vielmehr in einem namhaft gemachten Fall sogar herausgestellt hatte, dass eine Falschbeschuldigung erhoben worden war.

Für erwiesene und absichtliche Krankenhausbombardements waren bisher nur die USA zuständig, für massenmörderische Bombenabwürfe auf Zivilisten auch ein deutscher Bundeswehr-Kommandeur namens Oberst Georg Klein, inzwischen dafür mit Orden versehen und zum General befördert ....

Statt informativer Gegenrecherche ließ die Redaktion die Korrespondentin Ina Ruck lediglich im anschließenden Reporterbericht mitteilen, ein Sprecher des Verteidigungsministeriums habe auch die neuen Beschuldigungen aus Washington zurückgewiesen. Anschließend durfte Korrespondentin Ruck ein weiteres Mal den saudi-arabischen Massenmörder und Terroristen Alloush in den Rang eines „Rebellen“ erheben und als friedensbereiten "Islamistenführer“ darstellen, der mit der syrischen Regierung sogar habe verhandeln wollen. (Zum „Fall Alloush“, dem ARD-aktuell-Bericht über den Tod dieses Verbrechers, haben wir eine eigene Programmbeschwerde vorgelegt).

Dass und warum die Regierung Assad Verhandlungen mit solchen allerübelsten ausländischen Mördern und Söldnerfiguren im syrischen Bürgerkrieg ablehnt, wurde verschwiegen. Stattdessen vermeldete Frau Ruck kritiklos den vorgeblich überraschten, in Wirklichkeit absichtsvoll destruktiven Vorwurf Washingtons: „Russland untergrabe mit seinen Angriffen“ ... den erst jüngst verabredeten Prozess von Verhandlungen zur Lösung des Syrien-Problems, obwohl Moskau diesen Verhandlungsplan doch als politischen Erfolg gefeiert habe.... Aber bei Frau Ruck ist das wenig überraschend: Bei der Jauch-Sendung über Nemzows Ermorderung im März vorigen Jahres zeigte sie schon einmal ihre ausprägten Fähigkeiten für den vom Berufsethos befreiten Journalismus.

Auf ganzer Linie: liebedienerische US-Propaganda in Reinkultur auf deutsch. Die Dr. Gniffke-Redaktion ist immer noch steigerungsfähig bei der transatlantischen agitatorischen Wühlarbeit.

Nahegelegen hätte es, wegen des Kerry-Telefonats und dessen angeblichen Inhalts bei Außenminister Lawrow um eine Stellungnahme zu ersuchen. Diese Möglichkeit zur Gegenrecherche ließ ARD-aktuell jedoch ungenutzt. Sie hätte sicher den Propagandazweck vereitelt.

Es kam offenkundig auch diesmal nicht darauf an, journalistisch sauber zu arbeiten und qualifizierte Information anzubieten, sondern den transatlantischen Propagandaauftrag zu erfüllen. Ein klassischer Fall von Verlautbarungsjournalismus ist daraus geworden; USA-Hofberichterstattung vom Widerwärtigsten.

Wir fordern eine Prüfung dieses Vorfalls

Volker Bräutigam & Friedhelm Klinkhammer
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Maren
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Re: Tagesschau - US-fromme Hofberichterstattung

Beitrag von Maren »

Betreff: Ihrer Programmbeschwerde vom 12. Januar 2016 zur Tagesschau vom 30. Dezember 2015

Sehr geehrte Herren,

anbei übermittle ich Ihnen die Antwort auf Ihre o.g. Beschwerde.
Mit freundlichen Grüßen

Westdeutscher Rundfunk
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Maren
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Re: Tagesschau - US-fromme Hofberichterstattung

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde vom 12. Januar 2016 zur Tagesschau - „USA werfen Russland Tötung von Zivilisten in Syrien vor" vom 30. Dezember 2015

Antwort vom 12.2.16

Sehr geehter Herr Dr. Buhrow,

hübsch, wie Sie sich Ihre Argumente zurechtbiegen.

Natürlich haben Sie recht wenn Sie auf § 5 des WDR-Gesetzes hinweisen und betonen:

"Regelungsgehalt der in § 5 Absatz 6 Satz 1 und 2 WDR-Gesetz normierten Programmgrundsätze sind Unabhängigkeit und Sachlichkeit bei der Nachrichtengebungsowie die Wahrung der journalistischen Sorgfalt bei der Nachrichtengebung: Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der erforderlichen journalistischen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen."

Sie meinen, daraus ableiten zu dürfen: "Dies beinhaltet auch die Verpflichtung „vollständige Informationen" insoweit zu geben, als durch das Weglassen von wichtigen Informationen kein falscher Eindruck beim Publikum entstehen darf. Es ist jedoch zu beachten, dass der Redaktion im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit, die im Kern Programmfreiheit ist, ein weiter Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum darüber zukommt, was als wichtig zu erachten ist."

Das Problem Ihrer Ausführungen besteht allerdings darin, dass es bei der Objektivität einer Nachricht nicht darauf ankommt, was die Redaktion als "wichtig" ansieht, sondern darauf, was "richtig" ist. Und im vorliegenden Fall wurde nicht "richtig" informiert, sondern Propaganda betrieben (kaum verwunderlich aufgrund Ihres transatlantischen Hintergrundes):

Zum 1x1 der Propaganda gehört es, eine unbewiesene Behauptung oder eine verzerrte Tatsache zu präsentieren, die den "Gegner oder Feind" diskreditiert. Diese "Nachricht" wird dann aus einseitigen "befreundeten" Quellen umfassend unterfüttert. Um nicht den Eindruck der Einseitigkeit zu erwecken, wird dann lapidar mit einem Schlusssatz darauf verwiesen, der "Feind" behaupte das Gegenteil. Genau so wurde im vorliegenden Fall verfahren.

Wenn Sie das nicht begreifen wollen, hier zum Vergleich ein hypothetisches Beispiel aus Ihrem Alltagsleben:

Die FAZ berichtet, dass der WDR seine Gemäldesammlung zu Vorzugspreisen verscherbelt habe, dabei sei der Verdacht aufgekommen, der Intendant des WDR und die Rundfunkratsvorsitzende hätten sich beim Verkauf der Bilder an die politischen Eliten deren Wohlwollen für die eigene Wiederwahl und zugleich Unterstützung beim Bemühen erkaufen wollen, die Rundfunkbeiträge zu erhöhen oder zumindest stabil zu halten. Dies - so die weiteren hypothetischen Ausführungen der FAZ - habe laut Angaben der WDR-Pressestelle der Intendant bestritten.

Meinen Sie, das wäre eine korrekte Nachricht? Nach den von Ihnen dargelegten Maßstäben wäre sie das! Gehen Sie nun wirklich so weit, das auf Sie gemünzte hypothetische Beispiel als absurd zu bezeichnen, den Beitrag der Korrespondentin Ruck aber für völlig in Ordnung, obwohl er dem gleichen Muster folgt?

Natürlich bedurfte es nicht unseres Beispiels, um Ihnen deutlich zu machen, auf welch schwachen Füßen Ihre Argumentation steht. Propagandistische Fehlleistungen nach außen hin auch noch zu rechtfertigen ist keine leichte Aufgabe, aus diesem Grund bekommen Sie ja auch ein so aberwitzig hohes Salär. Sie wissen durchaus, dass der Vorwurf der Propaganda und der Falschbehauptungen in dem von uns kritisierten Beitrag angebracht ist. Dass Sie sich aber kritik-resistent zeigen, belegt aus unserer Sicht, dass die russophobe Berichterstattung auch in Ihrem Sender System hat, sie hat auch Tradition, denn sie reicht viele Jahrzehnte zurück in unselige deutsche Zeiten.

Zur Textpassage, in der es um den „saudi-arabischen Massenmörder und Terroristen Alloush" geht, bleiben wir trotz Ihrer Einlassungen bei unserer bisherigen Kritik und möchten zusätzlich den Vorwurf erheben, dass Sie und Herr Marmor sich mit Ihrer Berichterstattung nicht einmal zu schade sind, mörderische Terroristen zu verharmlosen.

Sie rechtfertigen, was Frau Ruck sagte: „Am Freitag war ein Anführer syrischer Rebellen durch russische Angriffe getötet worden. Er hatte eine Islamistengruppe geführt, die sich bereit erklärt hat, an Friedensverhandlungen teilzunehmen."

Einen Massenmörder und schlimmster Gräueltaten Schuldigen lediglich als " Rebellen und Anführer einer Islamistengruppe, der an Friedensgesprächen teilnehmen wollte" zu bezeichnen, ist das Schönreden exakt der Gruppe, die in einem laufenden Prozess beim Oberlandesgericht Stuttgart als terroristische Vereinigung eingestuft wird. In Syrien ein Rebell, in Deutschland ein Terrorist.

Sie und Frau Ruck werden selbstverständlich entrüstet zurückweisen, dass man Sie der Heuchelei bezichtigt. Machen Sie das, so lange sie die Puste dafür haben. Kritischen Betrachtern gegenüber sind Sie unglaubwürdig.

Wir fordern hiermit den WDR- Rundfunkrat auf, das besagte Propagandastück als gesetzeswidrig einzustufen und Sie und Frau Ruck als Terroristenverharmloser zu rügen. Im übrigen beziehen wir uns vollinhaltlich auf unsere Beschwerde vom 12.1.2016.

Mit höflichen Grüßen

F. Klinkhammer und V. Bräutigam

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WDR-Rundfunkrat
per email:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit rufen wir Sie - unbeschadet der wiederholt von uns beanstandeten Zuständigkeit - als WDR-Rundfunkrat zur Befassung mit der Programmbeschwerde an, da wir mit den Auslassungen des WDR-Intendanten nicht einverstanden sind.

Mit freundlichen Grüßen
F. Klinkhammer und V. Bräutigam
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