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Wahlen in Venezuela

Verfasst: 21. Mai 2018, 12:15
von Maren
Die Berichterstattung der deutschen öffentlich-rechtlichen Medien und des sonstigen Mainstream zur aktuellen Wahl in Venezuela ließ mal wieder keine Überraschungen zu. Gewohnt konform, synchron und absurd in Stil und Wording. Die mit Abstand beliebtetste Vokabel der "BerichterstatterInnen" war wohl "umstrittten", dicht gefolgt von "hochumstritten". "Maduro lässt sich zum Sieger erklären" - wird von verstörten Beobachtern konstatiert, als ob die eindeutige prozentuale Überlegenheit eines Kandidaten in den Ländern der westlichen Hemisphäre zu anderen Konsequenzen führen würde. Aber abgesehen vom gewohnt gewöhnungsbeürftigen Jargon sozialismuskritischer Einheitsmedien und Regimechangefans, gab es innerhalb der Venezuela-Berichterstattung wieder richtig grobe Schnitzer, die üblichen Auslassungen und handfeste Fakenews.

Es empfiehlt sich, zwecks vernünftiger Meinungsbildung zum synchronen Einheitsbrei auch weniger abhängige Journalisten zu Wort kommen zu lassen und deren Berichte, nebst Links und Argumenten, zur Kenntnis zu nehmen. Diverse Kommentare unter diesem Bericht zeigen überdeutlich, welche Schäden fortwährende Desinformationskampagnen am Rezipientenhirn anrichten kann.

Propaganda statt Analyse von Problemen
So berichtete die ARD unlängst zur besten Sendezeit, dass die Regierung Maduro "jeden namhaften Gegenkandidaten, jeden politischen Gegner ausgeschaltet hat". Solche Fake News zeigen ein zentrales Problem im Umgang mit Venezuela: Zahlreiche Journalisten, selbst solche, die sich in der Region auskennen sollten und Spanisch sprechen, übernehmen unkritisch Darstellungen der Opposition, ohne sie zu überprüfen.
Besonders krass zeigte sich die Manipulation bei beim World-Press-Photo-Award. Ausgezeichnet wurde das Bild eines brennenden Demonstranten, der durch einen Unfall Feuer gefangen hatte. "Venezuelas Krise in einem Bild", titelte das ZDF - verschwieg aber, dass just die oppositionellen Demonstranten mehrere tatsächliche oder mutmaßliche Anhänger der Regierung bei lebendigem Leib verbrannt haben.
Harad Neuber berichtet u.a. für Amerika21, Telepolis, die Nachdenkseiten und andere live vor Ort aus Südamerika.

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In #Venezuela wird am heutigen Sonntag (20.05.201) inmitten einer schweren Wirtschaftskrise ein neuer Präsident gewählt. Die #Inflation beläuft sich auf gut 13.000 Prozent, weite Teile des Landes kommen ohne Nothilfen nicht mehr aus, die Emigrationsrate ist hoch. Für das Amt bewirbt sich erneut der amtierende Staatschef #NicolásMaduro, unmittelbarer Nachfolger des 2013 verstorbenen #HugoChávez. Neben #Maduro haben sich drei weitere Kandidaten aufstellen lassen. Von ihnen hat der ehemalige #Chavist #HenriFalcón nach aktuellen Umfragen die besten Chancen.

Falcón führt die Teile der Opposition an, die sich gegen einen Wahlboykott entscheiden haben. Er distanziert sich damit deutlich von radikalen Teilen der Opposition um die rechtspopulistischen Parteien Volkswille (Voluntad Popular, VP) und Zuerst Gerechtigkeit (Primero Justicia, PJ). In den USA und Europa wird Falcón wegen seinen Boykottbruchs geschnitten; die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, etwa lehnte ein Treffen mit ihm ab, diplomatische Vertreter von EU-Mitgliedsstaaten in Venezuela meiden ihn. Die #EU, die #USA, #Kanada und venezuelakritische Staaten Lateinamerikas setzen weiterhin auf die radikale rechte Opposition, die einen Regime-Change anstrebt.

Luis Romero von der 2012 gegründeten Mitte-links-Partei Progressive Vorhut (#AvanzadaProgresista, AP) des Kandidaten Falcón bedauert das. „Unser einziger Ausweg aus dem Problemen des Landes kann nur ein demokratischer Weg sein, der Weg der Wahlen“, sagt er im Gespräch in #Caracas. Den aus dem Ausland unterstützten Weg des Wahlboykotts lehnt er klar ab: „Die radikale Opposition will Venezuela offenbar zugrunde richten, um dann auf den Ruinen des Landes eine neue Regierung zu errichten“, sagt er.

In Washington und Brüssel kommt diese Botschaft bisher nicht an. Dort setzt man weiter unkritisch auf rechte Gruppierungen, obwohl diese für mehrfache gewalttätige Proteste in den vergangenen Jahren verantwortlich waren und mit Halbwahrheiten Stimmung machen. So heißt es von PJ, die Partei sei verboten, obwohl sich die Gruppierung Mitte Februar selbst gegen eine Teilnahme an der Wahl entschieden hat. Hinterfragt werden solche einseitigen Darstellungen außerhalb Venezuelas kaum.
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Trotz einer heftigen sozialen und wirtschaftlichen Krise hat Präsident Nicolás #Maduro in #Venezuela am Sonntag nach Angaben des Nationalen Wahlrates (Consejo Nacional Electoral, CNE) die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Der linksgerichtete Politiker setzte sich nach dem vorläufigen Endergebnis mit 67,7 Prozent gegen seinen Widersacher Henri Falcón durch, auf den 21,2 Prozent der Stimmen kam. Der Evangelikale Javier Bertucci kam auf 10,8 Prozent. Der vierte Kandidat, Reinaldo Quijada, kam auf 0,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 46,1 Prozent auf einem historischen Tiefstand. Der absolute Stimmanteil für Amtsinhaber Maduro sank auf unter sechs Millionen Stimmen.
Falcón gab am Abend noch vor der Bekanntgabe der Ergebnisse bekannt, die Wahl nicht anzuerkennen. Der ehemalige Weggefährte des 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo #Chávez argumentierte mit „Unregelmäßigkeiten“ im Zusammenhang mit rund 13.000 sogenannten Roten Punkten, Ständen der Regierungspartei #PSUV, die in unmittelbarer Nähe der Wahllokale aufgebaut wurden. An den Ständen konnten Venezolanerinnen und Venezolaner ihre Ausweise vorlegen, um zusätzliche #Sozialleistungen zu empfangen.

Re: Wahlen in Venezuela

Verfasst: 21. Mai 2018, 15:19
von Maren
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Kanada hat nach Angaben der venezolanischen Regierung die Durchführung der Präsidentschaftswahlen am Sonntag in diplomatischen Einrichtungen des südamerikanischen Landes untersagt. Bisher ist es üblich. Dass Auslandsvenezolaner in den diplomatischen Vertretungen Venezuelas in den jeweiligen Aufenthaltsländern abstimmen können. Nun beklagte Außenminister Jorge Arreaza, Kanada habe eine solche Botschaftswahl untersagt. „Uns hat eine diplomatische Note erreicht, in der es heißt, sie würden die Aufstellung von Wahlmaschinen in unseren Botschaften und Konsulaten nicht erlauben“, so Arreaza.

Am Sonntag sind 20,5 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner zur Wahl aufgerufen. Rund 108.000 der Wahlberechtigten leben nach letzten offiziellen Angaben im Ausland, davon gut 5.000 im kanadischen Ottawa, Vancouver, Toronto und Montreal, informierte der Minister.

Die Maßnahme der kanadischen Regierung folgt auf eine deutliche Abkühlung des bilateralen Verhältnisses mit Venezuela. Kanada ist in den letzten Monaten der sogenannten Lima-Gruppe beigetreten, einem informellen Zusammenschluss von Mitte-rechts-Regierungen, die eine äußerst kritische Position gegenüber der venezolanischen Linksregierung vertreten. Zur „Lima-Gruppe“ gehören neben Kanada Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Mexiko, Panama, Paraguay und Peru. Diese Länder haben eine Absage der Wahlen in Venezuela an diesem Sonntag gefordert, weil dabei die Rechte der Opposition nicht gewährleistet seien. Die USA haben sich diese Position angeschlossen.

Re: Wahlen in Venezuela

Verfasst: 21. Mai 2018, 16:16
von Maren
Im Gespräch mit internationalen Wahlbeobachtern haben sich Vertreter des Obersten Gerichtshofes (TSJ) von #Venezuela gegen die Kritik am Justiz- und Wahlsystem des südamerikanischen Landes gewehrt. "Eine unserer vorrangigen Aufgaben ist die Wahrung des politischen Pluralismus im Land", sagte Juan José Mendoza Jover, Richter der Verfassungskammer. Der Oberste Gerichtshof habe immer als Garant der Demokratie im Land gedient.
Maikel José Moreno Pérez von der Strafrechtskammer führte diese Position aus. Zu Beginn des politischen Prozesses, der nach 1999 als Bolivarische Revolution bekannt wurde, sei ein erheblicher Teil der Bevölkerung mit Ausweisen ausgestattet worden. "Das war überhaupt erst die Grundlage dafür, dass sie an Wahlen teilnehmen können", so Mendoza.
Im Gespräch mit amerika21 wies der Richter Vorwürfe zurück, die #Opposition sei von den Wahlen ausgeschlossen worden. "Es wurde entscheiden, das Bündnis #MUD zu den Wahlen nicht zuzulassen, weil sich einzelne Mitgliedsparteien dieser Allianz schon eingeschrieben hatten und eine Doppelmitgliedschaft nach dem Parteiengesetz unzulässig ist", so Mendoza. Zudem hätten einige der Oppositionsparteien sich nach einem Boykott der Gouverneurswahlen Ende vergangenen Jahres neu einschrieben müssen, dies basiere auf bestehenden Gesetzen. Für die Neueinschreibung waren die Unterschriften von 0,5 Prozent der eingetragenen Wähler notwendig. Während sich die rechtspopulistische VP umgehend gegen eine Teilnahme aussprach, sammelten die sozialdemokratische Demokratische Aktion (Acción Democrática, AD) und die Partei PJ zunächst Unterstützerunterschriften. Nachdem der Prozess offenbar aber schleppend anlief, entschieden sich auch diese beiden Parteien in der zweiten Februarhälfte, die Wahlen am Sonntag zu boykottieren.
Andere Oppositionsparteien nehmen aber an den Wahlen teil, so wird Falcón unter anderem von der christdemokratischen Copei unterstützt.
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Internationale Beobachtermission zu den Präsidentschaftswahlen 2018 in #Venezuela: https://www.facebook.com/harald.neuber/ ... 4823685408