Die öffentliche Meinung

Manipulation, politisches Framing, Sprache, Narrative, Meinungsbildung, Deutungshoheit
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Maren
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Die öffentliche Meinung

Beitrag von Maren »

Walter Lippmann gilt in den USA als der am meisten gelesene politische Autor des 20. Jahrhunderts. Seine Lebenszeit (23.9.1889 - 14.12.1974) umspannt den Aufstieg der USA zur globalen Supermacht. Nicht ohne Berechtigung trägt eine umfangreiche Biografie den Titel Walter Lippmann and the American Century (Steel 1980). Eine andere Biografie beginnt mit folgender Aufzählung: Lippmann war Assistent des großen investigativen Journalisten Lincoln Steffen, geschäftsführender Sekretär eines sozialistischen Bürgermeisters, Mitglied im Team der Erstherausgeber eines führenden politischen Journals, Berater der Regierung Wilson in vier verschiedenen Funktionen, Herausgeber der führenden Zeitungen der 1920er-Jahre, über 35 Jahre Kolumnist in mehreren Pressemedien gleichzeitig (mit mehreren tausend Beiträgen), Autor von 22 Büchern und Freund und Kollege der angesehensten und mächtigsten Personen in den USA (Adams 1977, S. 15) (1).

Lippmann verfasste von 1931 bis 1967 (meist viermal, später dreimal die Woche) eine Kolumne in der New York Herald Tribune und dann in der Washington Post mit dem Titel Today and Tomorrow, diese Kolumne wurde in mehr als 200 Zeitungen im Lande gleichzeitig veröffentlicht (vgl. die Liste von über 300 Kolumnen in Goodwin 2014, S. 377ff.). Lippmann war primär ein Journalist, der für eine gebildete Elite schrieb und am Höhepunkt seines Wirkens regelmäßig mehr als zehn Millionen LeserInnen erreichen konnte (Goodwin 2013). Sein persönlicher Einfluss war legendär, Lippmanns Name konnte beinahe jede Türe öffnen. Mehrmals ist es ihm gelungen, den politischen Diskurs in den USA zu verändern; Präsidenten, Politiker und die politisch interessierte Öffentlichkeit hörten auf ihn. Er verhinderte einen Krieg der USA mit Mexiko (Wasniewski 2004, S. 63ff.), verhandelte geheim und erfolgreich zwischen Mexiko und dem Vatikan, hat den berühmten 14 Punkte-Plan von Wilson entscheidend mitgestaltet, verfasste politische Reden für viele Präsidenten und beriet Kennedy und Johnson (Steel 1980, S. xiiiff).

Lippmann beschreibt in Die öffentliche Meinung, wie Menschen durch imaginative Bilder beeinflusst und gesteuert werden können. Die Aktualität dieser Fragestellung liegt auf der Hand: Wir leben in einer Welt, in der andauernd versucht wird, die Vorstellungswelten breiter Schichten der Bevölkerung zu beeinflussen. Werbung, politischer Spin und Inszenierungen sind selbstverständlicher Bestandteil von Wirtschaft und Politik geworden. Der Rechtspopulismus hat dem eine neue Note verliehen. Auffallend ist, wie wenig über die mediale Beeinflussung von imaginativen Vorstellungen reflektiert wird. Ist Lippmanns Befund korrekt, dass die Fähigkeit verloren gegangen ist, über eigene Imaginationen und deren Veränderung in gebührender Distanz nachzudenken und sie aktiv zu gestalten? Lippmanns Werk ist für uns ein wichtiger Ausgangspunkt, um diese wichtige Frage zu thematisieren.

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