Der 1. September und der Kampf gegen das Aushungern des syrischen Volkes

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Maren
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Der 1. September und der Kampf gegen das Aushungern des syrischen Volkes

Beitrag von Maren »

Liebe Freunde,

zunächst möchte ich mich auf diesem Wege bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie den Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Abgeordneten und Fraktionen im Deutschen Bundestag und Europäischen Parlament "Beenden Sie das Aushungern des syrischen Volkes! Schluss mit dem Embargo, damit Syrien Frieden bekommt" unterzeichnet haben.

In wenigen Tagen finden die Kundgebungen und Veranstaltungen zur Erinnerung an den Beginn des 2. Weltkrieges durch Nazi- Deutschland statt. Eine besonders infame, verdeckte Form der Kriegsführung ist das gezielte Aushungern mittels Sanktionen, wie es die Bundesregierung und EU gegen Syrien seit 2011 praktizieren. Es ist höchste Zeit, die Forderung nach Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien in den Mittelpunkt der Kundgebungen und Veranstaltungen der Friedensbewegung zu rücken.

WIR DÜRFEN UNS NICHT AUF DIE HUMANITÄRE HILFE FÜR FLÜCHTLINGE BESCHRÄNKEN

Wir alle kennen die Zahlen zu Syrien: Laut Angaben der Weltbank hatten bereits Ende 2014 bei den Kämpfen in Syrien 220.000 Menschen ihr Leben verloren und 840.000 wurden verletzt. Die Zahl der Binnenflüchtlinge betrug im März 2015 7,6 Millionen, 3,8 Millionen waren außerhalb des Landes geflohen, 1,5 Millionen emigriert. 65% der Syrer leben in extremer Armut und können sich selbst die nötigsten Lebensmittel nicht mehr kaufen. In den noch arbeitenden Krankenhäusern fehlt es an medizinischen Geräten und Medikamenten. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist innerhalb von nur vier Jahren von 75,9 Jahren auf 55, 7 (!!!) Jahren gesunken.

Auch bei uns in Europa sind die Folgen des Elends in Syrien mittlerweile sichtbar: 310.000 syrische Flüchtlinge hatten bis Mitte 2015 seit 2011 in Europa Zuflucht gefunden, davon 121.000 in unserem Land. Bei ihnen handelt es sich zum großen Teil um junge Menschen aus den Mittelschichten, die noch über die finanziellen Mittel verfügten, ihre Flucht nach Europa zu finanzieren: Geschäftsleute, Ärzte, IT-Spezialisten, Ingenieure, Techniker, Fachkräfte aller Art. Mit ihnen verliert Syrien den am besten ausgebildeten Teil seiner jungen Generation, unverzichtbar für jeden Wiederaufbau.

Es ist beeindruckend, wie viele Menschen bei uns Mitgefühl für die syrischen Flüchtlinge zeigen und sie unterstützen: sie geben Deutschstunden, sie begleiten bei Behördengängen, helfen bei Wohnungs- und Arbeitssuche. Aber kann das die Lösung sein? Sind wir uns bewusst, wie viel Leid für diese Asylbewerber mit der Flucht, mit der erzwungenen Aufgabe ihrer Heimat, der Trennung von Freunden und Familien und dem ungewissen Neuanfang in einem fremden Land verbunden ist? Und was ist eigentlich mit den Millionen Syrern, der einfachen Bevölkerung, den Alten, den Kranken, den Frauen und Kindern, die die finanziellen Mittel zur Flucht nach Europa nicht haben? Was bedeutet es für deren Leben, für das Gesundheits- und Bildungswesen, die Versorgung der älteren Generation in Syrien, wenn gerade die bestqualifizifierten Kräfte das Land verlassen, weil sie nur noch in der Flucht eine Perspektive für ihr eigenes Leben sehen? Müssen wir uns nicht viel stärker, ja vor allem uns darauf konzentrieren, die Verantwortlichen für ihr Elend in Berlin und Brüssel beim Namen zu nennen und uns für eine grundlegende Änderung der deutschen und der EU Außenpolitik einsetzen?

DAS AUSHUNGERN DES SYRISCHEN VOLKES IST ZU BEENDEN!
Massenmedien und Regierung verschweigen unserer Bevölkerung, dass das heutige Elend in Syrien die unmittelbare Folge des Krieges ist, den USA, Nato-Staaten und die reaktionären Regime von Saudi- Arabien und Katar seit 2011 gegen dieses Land führen. Nur wenigen unserer Mitbürger ist bewusst, dass EU und Bundesregierung an diesem Krieg führend beteiligt sind. Während Saudi Arabien und Katar die Rekrutierung bewaffneter islamistischer Gruppen finanzieren, Türkei und Jordanien ihnen ihr Territorium für Ausbildungslager und als Aufmarschgebiet zur Verfügung stellen, die USA ihnen Waffen liefern und mittlerweile nach eigenen Gutdünken Ziele in Syrien bombardieren, haben EU und Bundesregierung seit 2011 die Konten Syriens gesperrt, jeden Zahlungsverkehr unterbunden, Importe aus Syrien und Exporte nach Syrien verboten.
Wir wissen, was bei uns passieren würde, wenn wir keine Fahrzeuge, kein Maschine, keine Industriegüter mehr exportieren, kein Erdöl und Erdgas, keine Rohstoffe und Lebensmittel importieren dürften und unsere Auslandskonten gesperrt wären. Wir hätten wie in Syrien Massenarbeitslosigkeit, Verelendung, Bürgerkrieg. Millionen Mitbürger würden unser Land verlassen. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass Bundesregierung und EU seit vier (!) Jahren umfassende Sanktionen gegen Syrien aufrechterhalten, die bewusst so gestaltet sind, dass sie die Wirtschaft dieses Landes zum Erliegen bringen, Massenarbeitslosigkeit verursachen und die Versorgung seiner Bevölkerung lahmlegen. Den Syrern sollen die Daumenschrauben solange angezogen werden, bis sie sich dem Kampf gegen die eigene Regierung anschließen. Zu diesem planmäßigen Aushungern und der Erpressung eines ganzen Volkes zur Durchsetzung eigener, eigennütziger politischer und geostrategischer Ziele können und dürfen wir nicht schweigen.

Ich habe Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Bundestagspräsident Lammert den auch von Ihnen unterzeichneten Appell mit der Forderungen, das Embargo aufzuheben, dem Land humanitäre und Wiederaufbauhilfe zu gewähren und wieder diplomatische Beziehungen zu Syrien aufzunehmen, zukommen lassen. Ich habe die Liste der bisher 2.300 Unterzeichner beigelegt. Das Bundeskanzleramt ist in seinem Antwortschreiben mit keinem Wort auf den Inhalt des Appells eingegangen. Herr Lammert, den ich gebeten hatte, den Appell allen Abgeordneten und Fraktionen im Bundestag zuzuleiten, hat ihn an den Petitionsauschuß geschickt, von dem er wissen musste, dass er sich als nicht zuständig erklären würde. Wir dürfen das nicht hinnehmen.

Ich wende mich jetzt an Sie, als Mitunterzeichner des Appells:

Helfen Sie mit, die Verantwortung der Bundesregierung und ihrer Sanktionen für die Massenarbeitslosigkeit und die Verelendung in Syrien breit bekannt zu machen. Unsere Bevölkerung hat mit Sicherheit kein Verständnis dafür, dass Bundesregierung und EU gezielt ein ganzes Volk aushungern. Auf keiner Kundgebungen und Veranstaltung zum 1. September und den weiteren Aktionen der Friedensbewegung darf die Forderung nach Aufhebung des Embargos gegen Syrien fehlen.

Eine Reihe Bundestagsabeordete der Linkspartei hat unseren Appell mit unterzeichnet. Ich habe sie in einem Schreiben gebeten, gleich nach der Sommerpause im Bundestag den Antrag zu stellen, dass die Bundesregierung die Sanktionen gegen Syrien endlich aufhebt, die diplomatischen Beziehungen mit Damaskus wieder aufnimmt und als neutraler Vermittler einen Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens in Syrien leistet. Frieden in Syrien ist nur unter Einbeziehung der syrischen Regierung möglich. Es ist höchste Zeit, eine Delegation von Bundestagsabgeordeten ergänzt um Vertretern aus der Friedensbewegung, Gewerkschaften und Kirchen zu organisieren, die nach Damaskus fährt. Mit direkten Gesprächen mit Abgeordneten und der Regierung in Damaskus kann sie mithelfen, deren Ausgrenzung zu beenden und Ansatzpunkte für eine Friedenslösung zu finden. Stärken wir diesen Abgeordeten den Rücken! Sorgen wir gemeinsam dafür, dass sich ihnen weitere Abgeordnete anschließen. Schaffen wir den notwendigen Druck, damit die Sanktionen endlich fallen.

Mit ganz herzlichen Grüßen,

Bernd Duschner

Anlagen:
Antwortschreiben des Bundeskanzleramtes und des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages
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Merkel Antwort.pdf
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Lammert Brief.pdf
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