Der Kommentator über ferndiagnostische Schmieren-Tragikomödien
Verfasst: 24. März 2019, 14:21
Launen der Götter
Es liest sich etwas eigenartig: “Maria Liz Nava hat ihre fünfjährige Tochter bei der Oma in Venezuela gelassen und ist hochschwanger sieben Stunden im Bus gereist, um ihr zweites Kind gesund auf die Welt bringen zu können - auf der anderen Seite der Grenze, in Kolumbien.“ Die Korrespondentenzeile lautet „Von Anne Herrberg, ARD-Studio Buenos Aires“
https://www.tagesschau.de/ausland/venez ... a-103.html
Beinahe unweigerlich stellt sich die Überlegung ein, daß hier eine ferndiagnostische Schmieren-Tragikomödie in Szene gesetzt wird. Der Eindruck verstärkt sich bei Anblick der Bildquelle, die mit AFP angegeben wird. Der Gutgläubige stellt natürlich die Frage, wo denn dieser Argwohn seinen Ursprung hat. Die Antwort darauf ist einfach. Direkt über der rührenden Geschichte hat die ARD einen „faktenfinder“ plaziert, in dem in entschiedener Vielleicht-Manier ganz vorsichtig „zurückgerudert“ wird. Zurückgerudert von einer Story, in der mal die venezolanische Nationalgarde, mal die Polizei, mal „Maduros Truppen“, ein anderes Mal wiederum venezolanische Sicherheitskräfte geziehen wurden, sie hätten Lastwagen in Brand gesetzt.
http://faktenfinder.tagesschau.de/ausla ... r-101.html
Die ARD brüstet sich immer wieder damit, ein dichtes Korrespondentennetz zu unterhalten; das kommt gut an beim Publikum und rechtfertigt obendrein den massiven Rundfunkbeitrag. Im Beitrag, der zum Rückrudern geführt hat, war eine Fülle von Quellen angegeben, aus denen Wahrheit geschöpft wurde. Wahrheit, die plötzlich dasteht wie nackte, häßliche Propaganda. Giftige Propaganda, die Verständnis erzeugte für militärische Interventionen von außen. Wer die intellektuellen Niederungen oder Gipfel einer Schülerzeitungsredaktion hinter sich lassen konnte, begreift: Dieses Verhalten hat nichts mit Völkerverständigung oder Friedensförderung zu tun, unter anderem Grundlagen des Rundfunk-Staatsvertrags.
Es ist ja nicht bloß das arrogante fern-abgehobene Gehabe mal aus Buenos Aires, mal aus Mexiko im Fall Venezuelas. Vielmehr erzürnt die ARD mit Quellen wie „Bild“, Bellingcat oder die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, auf die sie sich immer wieder beruft. Gleichzeitig empört an der anfangs erwähnten Tränendrüsen-Animation, daß die Korrespondentin nicht einen Gedanken darauf verschwendet, ob der Medikamentenmangel in Venezuela mit den Sanktionen der USA zusammenhängt. Schon als Einzelfall wäre diese Geschichte inakzeptabel. Das perfide Spiel mit Emotionen über Benachteiligung von Kindern, Frauen oder diskriminierten Minderheiten wird aber in allen Ecken des Korrespondentennetzes aufgeführt. In Syrien, der Ukraine, Russland, allüberall Storys nach dem Strickmuster des Films „Wag the dog“.
Bedauerlicherweise ist anzunehmen, daß eine Reform der ARD erfolglos bleiben wird. In Zeiten der Einschaltquoten und des Hinterher-Hechelns hinter den privaten Medien können Korrekturen nichts bewirken. Viel zu sehr steht im Vordergrund der vorauseilende Gehorsam gegenüber der westlichen Wertegemeinschaft, vielmehr: gegenüber den Oligarchen von Buffett bis Zuckerberg. Motto Konsumieren auf Teufel komm raus. Und sei's auf Kosten von Leichenbergen.
Die ARD erbost aber auch mit Anspruch und abweichender Wirklichkeit. So Kai Gniffke: Die Nachrichtensendungen seien sprachlich „außerordentlich akkurat“. Dem gegenüber das Resultat der Suche im Duden aus Anlass Herrbergs Sprachgebrauch. „Leider haben wir zu Ihrer Suche nach 'Dyphterie' keine Treffer gefunden. Oder meinten Sie: Dysenterie?“. Acht Milliarden Einnahmen durch den Rundfunkbeitrag, aber keine Aufwendungen für Menschen, die schreiben und lesen können. Bemerkenswert. Noch immer aber eine Kleinigkeit gegenüber der Praxis im Bereich der Leserkommentare. Beiträge können nicht kommentiert werden, wenn das Thema offensichtlich zu heiß ist. Die Dauer der Kommentierbarkeit wird der Beliebigkeit der Moderatoren untergeordnet. Daß schließlich die ARD ein „Hausrecht“ praktiziert, das User sperrt, muß einer Laune der Götter zugeordnet werden.
Es liest sich etwas eigenartig: “Maria Liz Nava hat ihre fünfjährige Tochter bei der Oma in Venezuela gelassen und ist hochschwanger sieben Stunden im Bus gereist, um ihr zweites Kind gesund auf die Welt bringen zu können - auf der anderen Seite der Grenze, in Kolumbien.“ Die Korrespondentenzeile lautet „Von Anne Herrberg, ARD-Studio Buenos Aires“
https://www.tagesschau.de/ausland/venez ... a-103.html
Beinahe unweigerlich stellt sich die Überlegung ein, daß hier eine ferndiagnostische Schmieren-Tragikomödie in Szene gesetzt wird. Der Eindruck verstärkt sich bei Anblick der Bildquelle, die mit AFP angegeben wird. Der Gutgläubige stellt natürlich die Frage, wo denn dieser Argwohn seinen Ursprung hat. Die Antwort darauf ist einfach. Direkt über der rührenden Geschichte hat die ARD einen „faktenfinder“ plaziert, in dem in entschiedener Vielleicht-Manier ganz vorsichtig „zurückgerudert“ wird. Zurückgerudert von einer Story, in der mal die venezolanische Nationalgarde, mal die Polizei, mal „Maduros Truppen“, ein anderes Mal wiederum venezolanische Sicherheitskräfte geziehen wurden, sie hätten Lastwagen in Brand gesetzt.
http://faktenfinder.tagesschau.de/ausla ... r-101.html
Die ARD brüstet sich immer wieder damit, ein dichtes Korrespondentennetz zu unterhalten; das kommt gut an beim Publikum und rechtfertigt obendrein den massiven Rundfunkbeitrag. Im Beitrag, der zum Rückrudern geführt hat, war eine Fülle von Quellen angegeben, aus denen Wahrheit geschöpft wurde. Wahrheit, die plötzlich dasteht wie nackte, häßliche Propaganda. Giftige Propaganda, die Verständnis erzeugte für militärische Interventionen von außen. Wer die intellektuellen Niederungen oder Gipfel einer Schülerzeitungsredaktion hinter sich lassen konnte, begreift: Dieses Verhalten hat nichts mit Völkerverständigung oder Friedensförderung zu tun, unter anderem Grundlagen des Rundfunk-Staatsvertrags.
Es ist ja nicht bloß das arrogante fern-abgehobene Gehabe mal aus Buenos Aires, mal aus Mexiko im Fall Venezuelas. Vielmehr erzürnt die ARD mit Quellen wie „Bild“, Bellingcat oder die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, auf die sie sich immer wieder beruft. Gleichzeitig empört an der anfangs erwähnten Tränendrüsen-Animation, daß die Korrespondentin nicht einen Gedanken darauf verschwendet, ob der Medikamentenmangel in Venezuela mit den Sanktionen der USA zusammenhängt. Schon als Einzelfall wäre diese Geschichte inakzeptabel. Das perfide Spiel mit Emotionen über Benachteiligung von Kindern, Frauen oder diskriminierten Minderheiten wird aber in allen Ecken des Korrespondentennetzes aufgeführt. In Syrien, der Ukraine, Russland, allüberall Storys nach dem Strickmuster des Films „Wag the dog“.
Bedauerlicherweise ist anzunehmen, daß eine Reform der ARD erfolglos bleiben wird. In Zeiten der Einschaltquoten und des Hinterher-Hechelns hinter den privaten Medien können Korrekturen nichts bewirken. Viel zu sehr steht im Vordergrund der vorauseilende Gehorsam gegenüber der westlichen Wertegemeinschaft, vielmehr: gegenüber den Oligarchen von Buffett bis Zuckerberg. Motto Konsumieren auf Teufel komm raus. Und sei's auf Kosten von Leichenbergen.
Die ARD erbost aber auch mit Anspruch und abweichender Wirklichkeit. So Kai Gniffke: Die Nachrichtensendungen seien sprachlich „außerordentlich akkurat“. Dem gegenüber das Resultat der Suche im Duden aus Anlass Herrbergs Sprachgebrauch. „Leider haben wir zu Ihrer Suche nach 'Dyphterie' keine Treffer gefunden. Oder meinten Sie: Dysenterie?“. Acht Milliarden Einnahmen durch den Rundfunkbeitrag, aber keine Aufwendungen für Menschen, die schreiben und lesen können. Bemerkenswert. Noch immer aber eine Kleinigkeit gegenüber der Praxis im Bereich der Leserkommentare. Beiträge können nicht kommentiert werden, wenn das Thema offensichtlich zu heiß ist. Die Dauer der Kommentierbarkeit wird der Beliebigkeit der Moderatoren untergeordnet. Daß schließlich die ARD ein „Hausrecht“ praktiziert, das User sperrt, muß einer Laune der Götter zugeordnet werden.