Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

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Maren
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Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

Wer kennt sie nicht, die gelegentlichen Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, wenn ganze Heerscharen von Berufsmeinungsmachern sich kollektiv ins Zeug legen um die Schweinereien zu widerlegen, die aufmüpfige Selbstdenker just gerade glauben aufgedeckt zu haben. Das extrem wahrgenommene Bashing des griechischen Finanzministers Varoufakis gehört in diese Kategorie. Vielleicht ist ja doch was dran, wenn Medien von A(RD) - Z(DF) den dreisten Griechen besonders ins Visier nehmen, was denkt der sich überhaupt?!
Der hat ja nicht mal Finanzminister gelernt wie Opa Schäuble und ist dazu in der falschen Partei.

Geradezu wohltuend ist es daher, wenn die eigene Meinung nicht nur innerhalb der jeweiligen Filterblase gestützt wird, sondern auch konsequente Kritik aus einer Richtung geäußert wird, die nicht im Verdacht steht, sich unreflektiert Meinungsbilder zu eigen zu machen.

Der Wirtschaftsjournalist und Mitgründer und Ko-Direktor der World Economics Association Norbert Häring nimmt seit geraumer Zeit die unsäglichen Bemühungen von Politik und dienstbaren Medien aufs Korn, welche in fast kriminell anmutender Manier einen Politiker zu demontieren versuchen, dessen Reputation eigentlich keinen Zweifel an seiner Seriosität und Integrität zulässt.

Die Schlüsse, die Norbert Häring dabei aus den Beobachtungen und Beschreibungen zieht, decken sich 1:1 mit den Wahrnehmungen, die bereits in unseren Beschwerden Niederschlag fanden.

Nein, Zweifel an der Wahrnehmung sind hier wahrlich nicht angebracht.
Danke, Norbert Häring.
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

Vieles deutet darauf hin, dass die Verhandlungen im Moment wieder an Fahrt aufnehmen und sich die Konfrontation mit der Eurogruppe noch einmal zuspitzt. Syriza hat „rote Linien“ festgelegt, die nicht überschritten werden sollen. Dabei geht es vor allem um drei Knackpunkte in den Verhandlungen: Tarifverträge, der Mindestlohn und Renten:

[*] Tarifverträge: Syriza plant, das Recht auf Kollektivverhandlungen umfassend wieder herzustellen, das auf Druck der Troika außer Kraft gesetzt wurde. Die ‚Institutionen‘ verlangen dagegen eine weitere ‚Flexibilisierung‘ des Arbeitsmarkts. Gemeint ist damit, dass sich Entlassungen und Lohnkürzungen noch leichter durchsetzen lassen, indem die Arbeitsbedingungen nicht mehr auf Branchen-, sondern auch Unternehmensebene verhandelt werden. Tarif- bzw. Kollektivverhandlungen sind ein zentrales Arbeitsrecht. Seit Krisenbeginn werden sie in weiten Teilen Europas von neoliberalen Kräften attackiert, am stärksten in Griechenland. Mitgetragen wird diese Politik von Parteien wie SPD und SPÖ - was sie im eigenen Land nicht wagen würden.

[*] Mindestlohn: Der Mindestlohn soll nach Plänen von Syriza ab Oktober in den nächsten beiden Jahren stufenweise auf 751€ pro Monat angehoben werden. Außerdem lehnt Syriza die geforderten Lohnkürzungen im öffentlichen Sektor grundsätzlich ab.

[*] Renten: Syriza sperrt sich gegen weitere Kürzungen bei Pensionen bzw. Renten, die seit der Krise im Durchschnitt bereits um 30-40% gefallen sind. Während die Troika durchgesetzt hat, dass die 13. und 14. Monatsrente nicht mehr ausgezahlt wird, will Syriza für Menschen mit einer Pension bzw. Rente von unter 700€ im Monat die 13. Monatsrente wieder einführen.
Ben Nevis

Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Ben Nevis »

Noch ein gut erläuterter Beleg.
So brutal ist die Anti-Griechen-Kampagne

Im Artikel und im Video belegt Robert Misik mit ganz einfachen Worten die Rufmordkampagne gegen Varoufkakis. Wer es danach noch nicht versteht, der kann sich als zur Rufmordkampagne gehörig einordnen.
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

"(...) In April, after newspapers reported that Varoufakis had been “sidelined” from the negotiations after finance ministers angrily insulted him at a meeting in Riga — reportedly calling him a gambler, an amateur and a time-waster — Varoufakis tweeted: “FDR, 1936: ‘They are unanimous in their hate for me; and I welcome their hatred.’ A quotation close to my heart (& reality) these days.”

Im April, nachdem Zeitungen berichtete, Varoufakis sei in den Verhandlungen ausgebootet worden nachdem Finanz-Minister ihn bei einem Treffen in Riga wütend beleidigt hätten - ihn angeblich einen Spieler, einen Amateur und einen Zeitverschwender genannt haben sollen - tweetete Varoufakis: "FDR (Roosevelt), 1936: 'Einmütig hassen sie mich; und ich heiße ihren Haß willkommen.'"

According to Varoufakis, the tweet — he has more than 400,000 Twitter followers — was directed not at his fellow finance ministers, but at journalists. “The media went into a frenzy of obfuscations and lies, which I am sure they are not entirely responsible for,” he said. “It seems as if there were leaks from within that were disconnected from the reality of what happened. All these reports that I was abused, that I was called names, that I was called a time-waster and all that: Let me say that I deny this with every fiber of my body.” (He says he taped the meeting but cannot release the tape because of confidentiality rules.)

Varoufakis sagte, diese Twitter-Botschaft - er hat mehr als 400.000 Twitter-Leser - sei nicht auf die Finanz-Minister-Kollegen gemünzt gewesen, sondern auf die Journalisten. "Die Medien begannen eine Schlammschlacht der Vernebelung und der Lügen, für die sie nach meiner Überzeugung nicht mal vollständig selbst verantwortlich sind," sagte er. "Es scheint, als habe es "Botschaften" aus dem Inneren der Verhandlungen gegeben, die mit dem, was wirklich geschah, nichts zu tun hatten. Alle diese Berichte, ich sei beschimpft worden, man habe mir Schimpfnamen gegeben, ich sei "Zeitverschwender" genannt worden: Alles das weise ich mit jeder Faser meines Wesens zurück. (Er sagt, er habe das Treffen auf Band aufgenommen, aber er könne das Band nicht veröffentlichen wegen der Vertraulichkeits-Regeln).

Nonetheless, he said, he and the prime minister decided that they should reshuffle the teams to adjust to the current climate and the narrative that dominated the media, even though he denies that he was “sidelined.” He represented Greece as usual at the next round of negotiations. “This is a narrative that feeds on itself,” he said. “It’s completely disconnected from reality, but it’s a parallel reality, a Goebbels-like propaganda style that has a wonderful capacity to change the atmosphere.”

Nichtsdestoweniger, sagte er, hätten er und der Premierminister sich entschlossen, die Verhandlungs-Delegationen neu zusammenzustellen, um sie and das gegenwärtige Klima und die die Medien beherrschende Erzählung anzupassen - jedoch bestreitet er, "ausgebootet" worden zu sein. Er habe Griechenland wie üblich bei der nächsten Runde der Verhandlungen vertreten. "Es handelt sich um eine Lügengeschichte, die sich von sich selbst ernährt", sagte er. "Sie ist vollständig von der Wirklichkeit abgekoppelt, aber sie stellt eine Parallel-Wirklichkeit dar, einen Goebbels-artigen Propaganda-Stil, der die wundersame Fähigkeit hat, die Atmosphäre zu verändern."

He described himself as simply the “lightning rod.” He knew how difficult the job would be. “I take it all in stride. I would have been down in the dumps and upset, maybe even panicking, but I was expecting it. So it’s O.K.” Strangers on the streets of Athens, he says, still call out messages of support. “What they are starved of is a government that they can be proud of,” he said. “We are not particularly concerned about retaining our positions. So that destabilizes the other side. They are used to politicians who are really keen to maintain their positions. And we’re not that keen. We don’t care. We want to do the right thing, and if we can’t do the right thing, we’ll go.”

Er beschrieb sich selbst als schlicht der "Blitz-Ablighter". Er habe gewußt, wie schwer der Job sein werde. "Ich gehe locker damit um. Ich wäre sonst niedergeschlagen und aufgebracht, vielleicht sogar in Panik - aber ich habe so etwas erwartet. Es ist okay." Fremde auf der Straße in Athen rufen ihm weiterhin Botschaften der Unterstützung zu, sagt er. "Das, wonach sie hungern, ist eine Regierung, auf die sie stolz sein können", sagte er. "Uns ist es nicht besonders wichtig, unsere Jobs zu behalten. Das destabilisiert die andere Seite. Sie sind an Politiker gewöhnt, die es sehr darauf absehen, ihre Stellen zu behalten. Das ist bei uns anders. Uns ist das egal. Wir wollen das Richtige tun, und wenn wir das Richtige nicht tun können, dann werden wir gehen." "

Quelle: Pfingstausgabe des New York Times Magazine vom 24. Mai 2015, Vorabveröffentlichung online.
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

So funktioniert Rufmordmaschine gegen Varoufakis

Grosse Medien zielen auf die Person des griechischen Finanzministers, ohne Quellen ihrer «Informationen» offenzulegen. „Daraus muss man schließen, dass in den europäischen Medien von anonymen Quellen verbreitete Beleidigungen, zudem ohne mit Namen identifizierte Beleidiger, mehr zählen als der abweichende Bericht des italienischen Finanzministers, der sich mit Namen zitieren lässt.“
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

Klarstellung

Was hier abläuft ist mit gesundem Menschenverstand nicht mehr zu erklären.

Übersetzung:

Die Wahrheit über Riga

Es war der 24. April. Das Treffen der Eurogruppe, das an diesem Tag in Lettland stattfand, war von großer Bedeutung für Griechenland. Es war das letzte Treffen der Eurogruppe vor Ablauf der Frist (30. April), die wir gemeinsam (am 20. Februar), während einer Vereinbarung über die Reihe von Reformen, die Griechenland umsetzen müsste, um die die Sperren unserer Kreditgeber rechtzeitig aufzuheben, gesetzt hatten.

Während dieses Treffens der Eurogruppe, das in Meinungsverschieden- heiten endete, begannen die Medien “Lecks” aus dem Verhandlungsraum zu veröffentlichen, um der Welt ein grotesk falsches Bild dessen zu präsentieren, was dort vorging. Respektierte Journalisten und ehrwürdige Medien berichteten Lügen und Unterstellungen, sowohl darüber, was meine Kollegen angeblich zu mir sagten, als auch zu dem, was meine angeblichen Antworten und meine Darstellung der griechischen Position anging.

Die Tage und Wochen danach wurden von diesen falschen Geschichten dominiert, die fast jeder (trotz meiner stetigen, besonnenen Dementis) als wahre Berichte zur Kenntnis nahm. Der Öffentlichkeit wurde durch diese Mauer der Desinformation eingeredet, dass mich meine Ministerkollegen während des Treffens der Eurogruppe am 24.April in Riga mit beleidigen Namen (“Zeitverschwendung”, “Spieler”, “Amateur” usw.) tituliert hätten, dass ich meine Beherrschung verloren hätte und dass, als Ergebnis, mein Premierminister mich später von den Verhandlungen abgezogen hätte. (Es wurde sogar berichtet, dass ich nicht an den folgenden Treffen der Eurogruppe teilnehmen oder dass ich durch einen anderen Ministerkollegen beaufsichtigt würde.) Natürlich war nichts davon auch nur annähernd wahr.

Meine Ministerkollegen haben mich niemals anders, als kollegial, höflich und repektvoll angesprochen
Ich habe weder bei diesem Treffen noch zu einem anderen Zeitpunkt mein Temperament verloren
Ich verhandle weiterhin mit meinen Kollegen Finanzministern an führender Position der griechischen Seite der Eurogruppe

Dann kam eine Geschichte im New York Times Magazine, die die Möglichkeit einer Aufnahme dieses Treffen der Eurogruppe durch mich in den Raum stellte. Ganz plötzlich änderten die Journalisten und Medien, die die Lügen und die Anspielungen über das Treffen der Eurogruppe am 24. April verbreitet hatten, ihre Taktik. Ohne einen Hauch von einer Entschuldigung für die Flut von Unwahrheiten, die sie gegen mich wochenlang verbreitet hatten, begannen sie nun, mich als “Täuscher” darzustellen, der die Vertraulichkeit der Eurogruppe betrogen hätte.

An diesem Morgen nahm ich in der Andrew Marr TV-Show (BBC1) zu diesem Vorgängen Stellung. Ich nutze diese Gelegenheit, um die Wahrheit auch hier in meinem Blog schriftlich darzulegen.

Diese Wahrheit ist wie folgt:

Wie ich schon Andrew Marr in der kurzen Zeit erklärte, zeichne ich meine Äußerungen und Antworten auf meinem Handy auf, insbesondere dann, wenn ich freisprechend rede. Der Sinn ist natürlich, auf diese Weise in der Lage zu sein, mich meiner genaue Sätze zu erinnern und meinen Premierminister, das Kabinett, Parlament usw. genau darüber informieren zu können, was ich gesagt habe. Ich tat das genauso beim Treffen der Eurogruppe in Riga um damit, später wieder in Athen, die Aufnahme zu benutzen, um meine Kollegen zu informieren.

In den folgenden Tagen und Wochen stand ich vor einer Flut von Lügen, die wochenlang wie aus einer außer Kontrolle geratenen Kloake kamen. Ich verzichtete auf jedwede Provokation und weigerte mich, irgendetwas von dem, was in der Sitzung gesagt wurde, preiszugeben – nicht einmal den Text meiner eigenen Ansprachen (geschweige denn meine Aufnahmen).

Zu meinen Verleumdern habe ich Folgendes zu sagen: Sie haben keinen einzigen Leak von mir, während oder nach einer meiner Sitzungen. Tatsächlich hat niemand die Vertrautheit der Gespräche mehr respektiert als ich – selbst in den Tagen und Wochen, in denen ich von falschen und persönlichen Angriffen dieser Medien provoziert worden bin.

Meinen europäischen Mitbürgern füge ich dieses hinzu: Vielleicht ist es Zeit, dass wir gegenüber dem Journalismus etwas skeptischer werden, auf den wir uns als Bürger verlassen. Und vielleicht sollten wir europäische Institutionen hinterfragen, in denen Entscheidungen von monumentaler Bedeutung im Namen der europäischen Bürger getroffen werden, ohne dass diese protokolliert oder gar veröffentlicht werden.

Geheimniskrämerei und eine leichtgläubige Presse verheißen nichts Gutes für die europäische Demokratie.
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

Sehr schöner Beitrag von Stefan Niggemeier zum Thema. Auch die Kommentare sind lesenswert.
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

Yanis Varoufakis: "Gläubiger wollen keine Einigung mit Griechenland"
Von Elisa Simantke und Harald Schumann

"Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis kritisiert die Gläubiger seines Landes scharf. Der Vorschlag von IWF, EZB und EU-Kommission enthalte keine Lösung für die Krise in Griechenland. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel schlägt er eigene Pläne für das hochverschuldete Land vor."
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Maren
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Re: Die Brüsseler Rufmordkampagne gegen Varoufkakis

Beitrag von Maren »

Am 14.06.2015 machte ein Korrespondent der Tagesthemen in den ersten Sendeminuten die bemerkenswerte Ansage, dass Varoufakis sich lächerlich gemacht habe, in der eigenen Regierung längst entmachtet sei und in der vergangenen Woche für Vorträge und Podiumsgespräche lieber durch Europa "getingelt" sei - das Ganze illustriert von Bildern, auf dem auch Prof. Gesine Schwan zu sehen ist.
Es handelte sich bei dieser Tingelei um eine hochkarätige Veranstaltung der Böckler-Stifung in deren Verlauf es um die Zukunft Griechenlands ging.
Wer Informationen jenseits anmaßender Kommentare, der Fragment- und Falschberichterstattung sucht, kann sich hier den Mitschnitt der Veranstaltung ansehen.
Zuletzt geändert von Maren am 25. Juni 2015, 16:14, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Quelle nachgeliefert, Text angepasst
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