ZDF - Mensch Putin!

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Maren
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ZDF - Mensch Putin!

Beitrag von Maren »

ZDF
Intendanz
Herrn Bellut
ZDF-Straße 1
55100 Mainz



Programmbeschwerde


Sehr geehrter Herr Bellut,


hiermit erheben wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien, formal Beschwerde wegen Ungereimtheiten innerhalb der Doku „Mensch Putin!“ vom Dienstag, den 17.02.2015, 20:15 Uhr.

Die Doku von Michael Renz hat laut Beschreibung den Anspruch, unter Zuhilfenahme „neuer Dokumente“ und „geheimer Dossiers“, den „wirklichen“ Wladimir Putin zu zeigen.

Nach entsprechenden Zuschauerhinweisen ergeben sich folgende Fragen, um deren Beantwortung wir hiermit ersuchen:

1.) In der Sendung wird mehrfach der Plattenbau gezeigt, in welchem die Familie Putin gewohnt haben soll.
Das ZDF war scheinbar nicht in der Lage die Radeberger Straße 101 zu finden, denn das mehrfach gezeigte Gebäude befindet sich nicht an der Radeberger Str. sondern "Am Jägerpark".
Das gezeigte Objekt war noch nicht einmal gebaut als die Familie Putin auf die Radeberger Straße gezogen war.

2.) Ab Minute 9:00 wird ein Herr Dannath als Demonstrant und Augenzeuge präsentiert, welcher sich an der Stürmung der Zentrale des MFS an der Bautzner Straße beteiligt haben will und später mit anderen Demonstranten die KGB Villa "Angelikastrasse 4" besetzen wollte.

Ab Minute 18:14 wird der gleiche Herr Dannath als Putins Nachbar vorgestellt.
"Die Nachbarn von der Radeberger Str. 101 erinnern sich noch sehr gut an den Tag als Putin den Schlüssel zur KGB Zentrale verloren hat......"

3.) Neben der als zweifelhaft anzusehenden Publikationswürdigkeit des Schlüsselerlebnisses, ist es auszuschließen, dass es sich bei Herrn Dannath um einen Nachbarn der Putins auf der Radeberger Str. 101 handelte.

Zu DDR Zeiten wohnten, laut Angaben ehemaliger Anwohner, in den Aufgängen 101, 103 ff. ausschließlich Familien, von denen mindestens ein Elternteil offiziell beim Ministerium für Staatssicherheit angestellt war.
Einem Zeitzeugen, der im Nachbaraufgang (103) aufwuchs, sowie auch anderen unmittelbaren Nachbarn ist Nachfragen zufolge Herr Dannath gänzlich unbekannt. Herr Dannath oder seine Frau hätten Mitarbeiter des MfS sein müssen, um wie im Beitrag behauptet, im Aufgang 101 zu wohnen.

4.) Dass Herr Dannath aber unter dieser Voraussetzung die Stasi Zentrale stürmen und später die KGB Zentrale ebenfalls mit besetzen wollte, ist ein sehr spannendes Konstrukt. Zumal damals, wie auch im Beitrag von Herrn Wagner angesprochen, tatsächlich die Gefahr von Lynchjustiz bestand und Herr Dannath sich in Lebensgefahr begeben hätte, wenn er als Mitarbeiter erkannt worden wäre.
Hätte Herr Putin ihn - als Nachbarn mit Schlüsselerlebnis - erkannt und gegrüßt, hätte das sicher bei den Mitdemonstranten eine Menge Fragen aufgeworfen.

5.) Abschließend wurde noch erwähnt, dass Herr Putin niemandem als "fett" in Erinnerung ist und auch nie durch Alkoholeskapaden auffiel.

Die Kindergärtnerin seiner Töchter hat darüber hinaus bestätigt, dass immer der Eindruck einer normalen Familie bestanden habe und Frau Putina nie „misshandelt“ ausgesehen habe.

(4) Programmrichtlinie des ZDF
Die Berichterstattung muss von vorbehaltlosem Willen zur Wahrhaftigkeit und Sachlichkeit bestimmt sein. Zweifel an der Zuverlässigkeit einer Nachricht sind zum Ausdruck zu bringen.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
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Maren
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Re: ZDF - Mensch Putin!

Beitrag von Maren »

Antwort vom Intendanten des ZDF, Herrn Bellut.
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Maren
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Re: ZDF - Mensch Putin!

Beitrag von Maren »

Intendanz
Herrn Bellut
ZDF-Straße 1
55100 Mainz


Ihr Schreiben vom 12.03.2015


Sehr geehrter Herr Bellut,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unsere Programmbeschwerde die Dokumentation, „Mensch Putin!“ vom 19.2.2015, betreffend. Leider beziehen Sie sich in Ihrem Antwortschreiben nur eingeschränkt auf die in der Programmbeschwerde vorgebrachten Sachverhalte.

Zunächst möchten wir Ihrer Behauptung wiedersprechen, in der Programmbeschwerde werde die Darstellung eines falschen Zeitzeugen moniert. An keiner Stelle der Beschwerde wurde die Authentizität des Zeitzeugen angezweifelt, lediglich die im Rahmen der Dokumentation eingefügten Kommentare und Bildunterschriften lassen, insbesondere für die Anwohner und ehemaligen Nachbarn der Familie Putin, auf Ungereimtheiten schließen.

Die Hausgemeinschaften auf der Radeberger Straße, insbesondere die in der Radeberger Straße 101, bestehen seit 1983 in nahezu unveränderter Form und die Bewohner, welche nachweisen können, dass Sie in direkter Nähe der Familie Putin lebten, kennen Herrn Dannath nicht.

Ab Minute 17:58 zeigt die Dokumentation zunächst, entgegen der entsprechenden sprachlichen Umrahmung, einen falschen Häuserblock und die Stimme aus dem Off verkündet zu dieser Sequenz: „Seine Nachbarn aus der Radeberger Straße 101 erinnern sich noch gut, als er eines Tages seine Dresdener KGB-Schlüssel verlor.“ Unmittelbar darauf kommt der Zeitzeuge Dannath als Nachbar ins Spiel, wie die entsprechende Untertitelung beweist.
Nachbar.JPG
Nachbar.JPG (59.31 KiB) 23778 mal betrachtet
Wenn die zuständige Redaktion die Angaben des Herrn Dannath sorgfältig geprüft hätte, wie Sie in Ihrem Antwortschreiben ausführen, dann hätte sie zweifellos erfahren, dass Herr Dannath nicht in der Radeberger Straße 101 und auch nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft der Familie Putin, sondern in der ca. einen Kilometer entfernten Angelikastraße wohnte und damit in unmittelbarer Nähe des damaligen Dienstortes von Putin. Damit wäre auch die von uns in der Beschwerde hinterfragte widersprüchliche Personalunion des Herrn Dannath, Bewohner einer MfS-Wohnanlage UND engagierter Demonstrant gegen den MfS zu sein, aufgelöst.

Der Sachverhalt wurde uns anhand einer entsprechenden telefonischen Anfrage von Herrn Dannath bestätigt.

Weiterhin zeigten Sie sich verwundert bezüglich der in der Programmbeschwerde getroffenen Zweifel an angeblichen Alkohol- und Gewichtsproblemen des Herrn Putin. Nun stellt sich die Frage, inwiefern die vehemente Putinkritikerin Masha Gessen, die Putin schon mal als "blutigen Henker“ und als Monster beschreibt und die im besagten Zeitraum in den Vereinigten Staaten lebte, besser beurteilen kann, ob Putin depressiv, faul und fett war als die unmittelbaren Nachbarn, die Putin und dessen Familie persönlich kannten und Ihnen täglich begegneten.

Da es an dieser Stelle spekulativ wird, verstehen Sie die Anmerkungen bitte lediglich als Hinweis, dass es durchaus Zeitzeugen gibt, welche Wladimir Putin, unabhängig voneinander, weder als fett noch als Trinker in Erinnerung haben.

Siehe auch:

„Allerdings, so erinnert sich der Schweißer, "war Putin sehr zurückhaltend mit dem Alkohol".“
„Ein Freund des Alkohols war der heutige russische Präsident jedoch nicht.“
„Ein Bild aus dem Jahr 1986 zeigt Putin 34-jährig als schmalen, drahtigen jungen Mann.“

Sie geben an, dass die in der Dokumentation getroffene Aussage, Wladimir Putin hätte seine Frau regelmäßig geschlagen, sich mit „Ihren“ Recherchen deckt. Sie erklären, dass mindestens zwei voneinander unabhängige Zeitzeugen einen Vorfall häuslicher Gewalt bestätigt hätten. In diesem Fall stellt sich die Frage inwiefern und von wem dieser Fall dokumentiert wurde. Wurde „der Fall“ zur Anzeige gebracht? Interessant wäre auch zu wissen, wie aus einem angeblich dokumentierten Vorfall ein angespanntes Familienverhältnis und ständige häusliche Gewalt abgeleitet werden kann.

Wir wiederholen den Hinweis unmittelbarer Nachbarn, die Frau Putina privat kannten und niemals Anzeichen für Gewalt, häusliche Spannungen oder lautstarke Auseinandersetzungen wahr genommen haben. Der Plattenbau, in welchem die Familie Putin lebte, ist sehr hellhörig und laute Geräusche sind über mehrere Stockwerke zu vernehmen.
Auch im Kindergarten, den Putins Töchter gemeinsam mit den Kindern der Anwohner besuchten, wurde Familie Putin stets als „normale“ Familie erlebt.

Sie geben an, dass es unbestritten sei, dass Wladimir Putin in der Nähe des Wohngebietes am Jägerpark gelebt habe und dort gedreht wurde, um zu zeigen in welchem Umfeld und unter welchen sozialen Bedingungen die Familie Putin wohnte. Für die Dokumentation seines privaten Umfeldes halten Sie die gezeigten Bilder für aussagekräftig und zutreffend.

Bis zum Sommer 1989 befand sich an der Stelle, an welcher zur Darstellung des sozialen Umfeldes der Putins gedreht wurde, ein durchgängiges Waldgebiet. Auch Ihr Zeitzeuge, Herr Dannath, könnte Ihnen bestätigen, dass es sich um ein militärisches Sperrgebiet handelte. Auf dem Gelände trainierte die NVA regelmäßig auf Schiessbahnen. Warnschilder mit dem Hinweis „Betreten verboten“ schmückten das umzäunte Areal. Die Schilder ignorierend, konnte man, hinter dem Zaun wunderbar Steinpilze und Blaubeeren sammeln.

Die Familie Putin verließ Dresden im Februar 1990 und hat das Areal noch als Großbaustelle erlebt.

Inwiefern Aufnahmen aus diesem Wohngebiet repräsentativ für das soziale Umfeld der Putins sein können, erschließt sich an dieser Stelle nicht. Es entspricht weder den Regeln journalistischen Standards, noch der von Ihnen aufgestellten Behauptung, dass die verwendeten Bilder „aussagekräftig und zutreffend“ seien, wenn im O-Ton von der Radeberger Straße 101 die Rede ist, jedoch Gebäude gezeigt werden, welche erst nach der Dresdner Zeit der Familie Putin entstanden sind.

Die Radeberger Straße 101 erschien nicht ein einziges Mal innerhalb der Dokumentation.

Bei dieser Art der Herstellung von Authentizität der Lebensumstände Putins hätten sich die Macher der Doku nicht auf den Weg nach Dresden machen müssen, sondern hätten gleich auf Bildmaterial aus der Nähe des Mainzer Lerchenberges (Regerstrasse/Brucknerstrasse) zurückgreifen können.

Unsere Beschwerde bezog sich ausschließlich auf Angaben echter Zeitzeugen, welche die Familie Putin persönlich kannten und zu Recht die Falschdarstellungen und Ungereimtheiten innerhalb der Doku beanstandeten.

Es gibt darüber hinaus noch eine ganze Reihe von Merkwürdigkeiten, die dazu geeignet wären, mehrere Beschwerdeseiten zu füllen, wie zum Beispiel die Verwendung von Bildmaterial zur Untermauerung diverser Behauptungen.

Beispiel 1: Putin im dicken Pullover bei Minute 15:35 – „packte ein paar Pfunde drauf…“
Beispiel 2: Eine Männerrunde (ohne Putin) in einem Lokal soll ab Minute 15:30 belegen, dass Putin gern in Kneipen ging und sächsisches Bier liebte.
Beispiel 3: vorher – nachher, nach einer angeblichen Gesichtsoperation und die dazugehörigen „westliche Geheimdienste glauben an einen anderen Grund - Geheimdossiers“ ab Minute 4:20. Es ist auch bei mehrmaliger Sichtung beim besten Willen kein Unterschied erkennbar.

Man könnte diese Aufzählung beliebig fortsetzen um sich danach an den teils absurden Wortbeiträgen abzuarbeiten. Zur angemessenen und umfassenden Beurteilung des zutiefst anmaßenden Gesamtwerkes fehlt uns jedoch die Affinität zu Boulevardkitsch.

Als ernsthaftes politisches Porträt kann diese Doku jedenfalls nicht bewertet werden.

Es ist an Ihnen, als den für das Programm des ZDF verantwortlichen Intendanten, zu entscheiden, inwieweit Sie bereit sind, weiterhin die Grenzen des Anstandes und der Diplomatie zu verletzen, nur um den Präsidenten eines souveränen Staates in Misskredit zu bringen. Denn nichts anderes sollte mit dieser, einer öffentlich-rechtlichen Anstalt unwürdigen, Produktion beabsichtigt werden.

Dass ein beachtlicher Teil Ihres Publikums nicht bereit ist, dieser Art Information Sympathien entgegen zu bringen, sollte Ihnen zu denken geben.

Wir rufen in dieser Angelegenheit den ZDF-Fernsehrat an und hoffen, dass sich das Gremium bei der Ausübung seiner originären Aufgabe darauf einigt, den Intendanten und die Programmverantwortlichen anzuweisen, im Interesse der Anspruchsberechtigten künftig mehr auf die Qualität der Produktionen und auf die Einhaltung der Programmgrundsätze zu achten.

Zum Zwecke der Transparenz werden dieses Antwortschreiben sowie weiterer Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
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Re: ZDF - Mensch Putin!

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,

auf Ihr Schreiben vom 09. April 2015 habe ich entschieden, Ihre Programmbeschwerde zur o.g. Sendung gemäß § 21 Absatz 3 der ZDF-Satzung (Beschwerdeordnung) als förmliche Programmbeschwerde einzustufen und dem zuständigen Programmausschuss Chefredaktion als Beschwerdeausschuss zur nächsten Sitzung am 07. Mai 2015 vorzulegen.

Nach Behandlung der Beschwerde durch den Beschwerdeausschuss und einer entsprechenden Beschlussempfehlung an den Fernsehrat wird dieser in seiner nächsten Sitzung am 29. Mai 2015 über Ihre Programmbeschwerde beraten.

Über das Beratungsergebnis werden Sie im Nachgang zur Sitzung informiert.

Mit freundlichen Grüßen

Ruprecht Polenz
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Re: ZDF - Mensch Putin!

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde vom 20. Februar 2015 zur Sendung "Mensch Putin!“ vom 17. Februar 2015;
hier: Mitteilung über den Ausgang des Beschwerdeverfahrens gem. § 21 Absatz 3 ZDF-Satzung (Beschwerdeordnung)

Sehr geehrte Frau Müller,

nachdem der Beschwerdeausschuss sowie der Fernsehrat Ihre o. g. Beschwerden eingehend beraten haben, darf ich Ihnen gemäß § 21 Absatz 3 der ZDF-Satzung zum Ausgang des Beschwerdeverfahrens mitteilen, dass der Fernsehrat jede einzelne Programmbeschwerde in seiner Sitzung vom 29. Mai 2015 in Berlin abschließend als unbegründet zurückgewiesen hat.

Der Fernsehrat hat ebenso wie sein Beschwerdeausschuss keinen Verstoß gegen die für das ZDF geltenden Rechtsvorschriften festgestellt.

Mit freundlichen Grüßen

Ruprecht Polenz
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