Intendant
Dr. Helmut Reitze
Bertramstraße 8
D-60320 Frankfurt
Programmbeschwerde
Sehr geehrter Herr Dr. Reitze,
hiermit erheben wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien, formal Beschwerde wegen Falschinformation und Manipulation eines Interviews innerhalb der Sendung Hessenschau vom 02.02.2015.
Innerhalb des Beitrages "Lies-Aktion in der Kritik" wurde ein Interview mit der jüdischen Rechtsanwältin
Jaz Elishewa Patterson zweckentfremdet benutzt.
Der Videoausschnitt, in dem die jüdische Rechtsanwältin Jaz-Elishewa Patterson-Baysal über Judenfeindlichkeit in Deutschland klagt, wurde aus dem Zusammenhang gerissen und in dem Beitrag über das „Lies-Projekt“ eingefügt.
Dem Publikum wird mit der Manipulation des Interviews suggeriert, dass die Koranverteiler Judenhasser seien, die alle Juden vergasen wollen.
Inzwischen trug die Rechtsanwältin selbst zur Klärung der Falschdarstellung bei.
„Hallo, ich bin wirklich sehr erschüttert darüber, das der HR meine Aussage so falsch dargestellt hat. (…) Dass das jetzt so dargestellt wurde tut mir wirklich leid. (…) Es war so, dass ich im letzten Jahr auf einer Demo von Jemandem so beschimpft wurde. Und das habe ich auch so erzählt. Die haben das Zitat dann in Zusammenhang mit Euch gebracht und das total verfälscht. Das war total falsch. (…)Ich habe schon mit dem HR Kontakt aufgenommen. Was die gemacht haben geht gar nicht.“
Wir sehen in dieser Ereigniskonstruktion durch die Redaktion der Hessenschau einen schweren Verstoß gegen die journalistische Ethik, der sich am Rande der Volks- und Religionsverhetzung bewegt und dazu beiträgt, die ohnehin schon kritische öffentliche Meinung gegen muslimische Mitbürger noch zu verstärken.
Berichterstattungen dieser Art verstoßen klar gegen den gesetzlichen Auftrag öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten und sind nicht dazu geeignet, Probleme im Umgang mit anderen Kulturen und Religionen zu befrieden – sondern sind vielmehr Teil des Problems.
Die Berichterstattung der Medien wird als Quelle indirekter Erfahrung genutzt und trägt zur Konstruktion einer vermeintlichen Realität, so genannten kognitiven Stereotypen, bei. Diese können sich zu affektiv aufgeladenen Vorurteilen verfestigen (Bonfadelli 2007: 95; Schiffer 2005b: 224).
Die Frage ist, ob Ihnen als Intendant und Programmverantwortlichen einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt an einer derartigen Entwicklung gelegen ist.
Wir erwarten eine deutliche Reaktion der Programmverantwortlichen, sowie eine Richtigstellung an einem geeigneten Sendeplatz.
Gesetz über den Hessischen Rundfunk vom 2. Oktober 1948 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juni 2010)
§ 3
Die folgenden Grundsätze sind für die Darbietungen verbindlich:
1. Der Rundfunk ist Sache der Allgemeinheit. Er wird in voller Unabhängigkeit überparteilich betrieben und ist von jeder Beeinflussung freizuhalten.
2. Die Darbietungen sollen Nachrichten und Kommentare, Unterhaltung, Bildung und Belehrung, Gottesdienst und Erbauung vermitteln und dem Frieden, der Freiheit und der Völkerverständigung dienen.
3. Die Darbietungen dürfen nicht gegen die Verfassung und die Gesetze verstoßen oder das sittliche und religiöse Gefühl verletzen. Sendungen, die Vorurteile oder Herabsetzungen wegen der Nationalität, Rasse, Farbe, Religion oder Weltanschauung eines einzelnen oder einer Gruppe enthalten, sind nicht gestattet.
4. Die Berichterstattung muss wahrheitsgetreu und sachlich sein. Nachrichten und Stellungnahmen dazu sind deutlich von einander zu trennen. Zweifel an der Richtigkeit sind auszudrücken. (…)
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Maren Müller
Vorsitzende