ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

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Maren
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ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Gremienbüro
Frau Ute Schildt
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Herrn Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg



Programmbeschwerde


Sehr geehrter Herr Marmor,
sehr geehrte Frau Schildt,

hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde wegen Verbreitung von Falschinformationen ein. Konkret handelt es sich um den in der Sendung Tagesthemen vom 05.09. 2014 ausgestrahlten Beitrag „Waffenruhe in der Ostukraine“.

Im Beitrag behauptet Udo Lielischkies, die OSZE habe bestätigt, dass Artillerie der Russischen Föderation von der russischen Grenze aus die Ukraine beschießen würde.
O-Ton Lielischkies (ab Minute 4:28): "(...)Die andere Seite hat die russische Grenze gleich um die Ecke, von dort wird auch mit schwerer Artillerie geschossen - von russischer Seite, sagt ja auch die OSZE inzwischen".
Quelle: http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -3166.html

Wir nehmen an, dass Udo Lielischkies offenbar ausschließlich Recherchematerial aus ukrainischen Medien bzw. Nachrichtenagenturen nutzte, die am 4. September 2014, tatsächlich unter Berufung auf den OSZE-Bericht vom 04. September 2014 die Behauptung verbreiteten, russische Artillerie würde die Ukraine beschießen.
Quelle: http://www.ukrinform.ua/eng/news/osce_f ... sia_325894

Zieht man den entsprechenden OSZE-Bericht vom 04. September 2014 zu Rate, findet man allerdings keinen Hinweis darauf, dass von der russischen Grenze aus, durch russische Artillerie, die Ukraine beschossen wurde.
Passage des OSZE-Berichtes, auf die sich die ukrainischen Nachrichtenagenturen berufen:
"In the past weeks, artillery detonations and shootings had been heard only from the western and northern directions; but throughout the week for the first time Ots reported light and heavy calibre shooting from the east and south east areas which are also bordering Ukraine." Quelle: http://www.osce.org/om/123151

Die Rede ist im Bericht von östlichen und südöstlichen Gebieten der Ukraine, die an die ukrainische (also ukrainisch-russische) Grenze angrenzen. Die Verlautbarung innerhalb einer Nachrichtensendung der ARD, dass laut OSZE von der russischen Grenze aus von russischer Artillerie auf die Ukraine geschossen wurde, entspricht somit nicht den Tatsachen.

Der ARD-Auslandskorrespondent Udo Lielischkies hat damit wiederholt unter Missachtung des OSZE-Berichts ukrainische Meldungen über eine russische Aggression ohne Eigenrecherche übernommen und verbreitet (s. z.B. auch ARD- Programmbeschwerde vom 16. September 2014). Dass in diesem Fall die Aussage des OSZE-Berichts - auf eine den Konflikt eskalierende Weise - verfälscht wurde, wiegt angesichts der Bemühungen der OSZE um Deeskalation und Frieden in der Krisenregion umso schwerer.

Die Redaktionen sind in der Pflicht, Bilder und Aussagen aus Quellen Dritter auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Es ist nicht ihre Aufgabe, Falschmeldungen zu verbreiten.
Zudem gehört es zum journalistischen Standard, fehlerhafte Berichterstattung richtigzustellen.

Sollte Herr Lielischkies für seine Beschuldigung keine konkrete OSZE-Quelle vorweisen können, so ist angesichts der wiederholt stattgefundenen missbräuchlichen Instrumentalisierung der OSZE zeitnah eine Richtigstellung innerhalb der Tagesthemen zu erfolgen.

Nach § 8 NDR-S (1) ist der NDR ist in seinem Programm zur Wahrheit verpflichtet. Die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Informationsquellen zur Wahrung einer hohen journalistischen Programmqualität ist nach § 8 (2) NDR-S zu garantieren.

Rundfunkstaatsvertrag
§ 10
Berichterstattung, Informationssendungen

(1)
Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Siemüssen unabhängig und sachlich sein.
Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. (…)

§ 11
Auftrag

(1)(…) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. (…)
(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewo-genheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
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Maren
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Re: ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

Eingangsbestätigung unserer Beschwerde durch Rundfunkrat.
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Eingangsbestätigung _ NDR _Tagesthemen.pdf
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Maren
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Re: ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

Weiterleitung an WDR
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Maren
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Re: ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

Antwort des Intendaten des WRD, Tom Buhrow, auf unsere Programmbeschwerde.
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2014-11-17 Bescheid TT 05.09.- Schreiben v. 24.09. Publikumskonferenz.pdf
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Maren
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Antwort auf die Antwort - WDR - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

Westdeutscher Rundfunk Köln
Geschäftsstelle des Rundfunkrats
50600 Köln


Westdeutscher Rundfunk Köln
Intendanz
Herrn Buhrow
Appellhofplatz 1
50667 Köln


Ihr Schreiben vom 17.11.2014


Sehr geehrter Herr Buhrow,

vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme zu unserer Programmbeschwerde vom 24.09.2014 den Beitrag „Waffenruhe in der Ostukraine“ innerhalb der Sendung Tagesthemen vom 05.09.2014 betreffend.

Wir möchten Ihren Ausführungen wie folgt entgegnen:

1) Sie beziehen sich in Ihrer Argumentation auf eine Reuters Meldung vom 26. August 2014.
Diese von Ihnen zitierte Reuters-Meldung steht jedoch in keinem Zusammenhang zum Beschwerdegegenstand.
Der besagte OSZE-Bericht, auf den sich Herr Lielischkies und ukrainische Medien berufen, bezieht sich auf den Zeitraum vom 28. August bis 03. September 2014.

2) Es gibt folglich weltweit nicht eine einzige Nachrichtenagentur (abgesehen von ukrainischen), die Herrn Lielischkies' Meldung über einen von der OSZE bestätigten Beschuss der Ukraine seitens russischer Artillerie verbreitet hätte.

3) Selbst Paul Picard, Leiter der OSZE-Mission an der russisch-ukrainischen Grenze, widerspricht in der am 04.09.2014 live übertragenen Presserklärung (ab Minute 20:30) Darstellungen, wonach die OSZE - wie von Herrn Lielischkies behauptet - den Beschuss der Ukraine von Seiten des russischen Territoriums festgestellt habe.
Quelle: http://www.liveleak.com/view?i=cad_1409837817

Im Interesse der Reputation der ARD empfehlen wir Herrn Lielischkies, sich in Zukunft bei Meldungen über OSZE-Berichte zunächst die Interpretation der OSZE selbst anzuhören und erst dann die ukrainische Interpretation.

4) Ihre Geographiekenntnisse erlauben wir uns mit allem Respekt zu korrigieren:
Östlich des Donezker OSZE-Grenz-Checkpoints befindet sich sehr wohl auch ein ukrainisches Gebiet:
Ukraine.JPG
Ukraine.JPG (101.03 KiB) 29760 mal betrachtet
Zusammenfassend stellen wir fest:

Die von Herrn Lielischkies und ukrainischen Medien erhobene, schwerwiegende Beschuldigung, die Russische Föderation habe einen militärischen Angriff auf die Ukraine unternommen, ist entgegen der Behauptung von Herrn Lielischkies nicht von der OSZE gedeckt. Außer Herrn Lielischkies haben dies weltweit alle (nichtukrainischen) Nachrichtenagenturen erkannt.

Wir halten an der Beschwerde fest und übergeben den Vorgang zur Befassung an den WDR-Rundfunkrat. Gleichzeitig geht eine Kopie des Schreibens an den ARD-Rundfunkrat.

Wir weisen zum wiederholten Male darauf hin, dass unabhängig von der Weiterleitung der jeweiligen Beschwerde an die den Beitrag einbringende Sendeanstalt die Behandlung der Beschwerde seitens der verbreitenden Sendeanstalt rechtlich vorgeschrieben ist.

Zum Zwecke der Transparenz werden dieses Schreiben sowie weitergehender Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
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Maren
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Re: ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

Zwischenbescheid der Vorsitzenden des WDR-Rundfunkrates, Frau Hieronymi.
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RfR_Waffenruhe.pdf
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Maren
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Re: ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht

Beitrag von Maren »

In seiner Sitzung am 23.01.2015 wurden folgende Programmbeschwerden vom Rundfunkrat des WDR, einstimmig und ohne Enthaltungen, abgewiesen:

- ARD - Brennpunkt - Syrien-Bomben gegen IS
- WDR - Falsches Bildmaterial II
- ARD - Tagesthemen Flucht aus Donezk
- ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen
- ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht
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WDR Rundfunkrat Ablehnung_5 Beschwerden.pdf
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