ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

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Maren
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ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Gremienbüro
Frau Ute Schildt

Intendanz
Herr Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg



Programmbeschwerde



Sehr geehrte Frau Schildt,
sehr geehrter Herr Marmor,

hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde zum Beitrag Russisches Militär an ukrainischer Grenze in der Sendung ARD-Tagesthemen vom 15.08.2014 ein.

http://www.ardmediathek.de/tv/Tagesthem ... astId=3914
Am Abend des 14. August berichteten britische Reporter, dass die ukrainische Armee laut Präsident Poroschenko auf ukrainischem Staatsgebiet russisches Militär angetroffen und vernichtet habe.
Von einem angeblich zerstörten Konvoi gab es weder Fotos noch andere Beweise, weder Trümmer, erbeutete Ausrüstung noch Berichte über Verletzte etc.

Obwohl sich diese Meldung wegen vollständigen Fehlens stichhaltiger Beweise früh als Falschmeldung entpuppte, wurde sie von zahlreichen Medien, unter anderem auch von den Tagesthemen, veröffentlicht.

Sämtliche als Indiz verwendete Bilder eines russischen Panzerkonvois, die im Bericht von Golineh Atai innerhalb der Tagesthemen vom 15.08.2014, ab Minute 1:00, gezeigt wurden, sind nicht auf dem Gebiet der Ukraine entstanden.

In dem im Anschluss gesendeten Kommentar von Moskau-Korrespondent Udo Lilischkies wurde sinngemäß geäußert, dass es „in doppelbödigen Situationen“, wie sie derzeit in der Ukraine vorherrschten, schwierig sei herauszufinden, welche Meldungen der Wahrheit entsprächen, weil „beide Seiten mit Lügen arbeiten“ würden.

Allerdings ist Redaktion der Tagesthemen in der Pflicht, Bilder und Aussagen aus Quellen Dritter auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Es ist nicht ihre Aufgabe „Lügen“ zu verbreiten. Somit steht die Frage, warum in diesem Fall die internen Kontrollmechanismen versagt haben und wer dafür verantwortlich ist. Zu klären ist auch, warum im Beitrag Bilder genutzt werden, die mit der Nachricht in keinem Zusammenhang stehen, faktisch jedoch die im Beitrag enthaltenen Aussagen vom „russischen Panzerkonvoi auf ukrainischem Gebiet“ beglaubigen sollen.

Zudem gehört es zum journalistischen Standard, fehlerhafte Berichterstattung richtigzustellen.
Allerdings ist auch dies in der darauffolgenden Sendung http://www.ardmediathek.de/tv/Tagesthem ... astId=3914 nicht geschehen.
Demzufolge ist auch die Frage zu beantworten, warum dies nicht geschehen ist und wer dafür die redaktionelle Verantwortung trägt.

Nach § 8 NDR-S (1) ist der NDR ist in seinem Programm zur Wahrheit verpflichtet.
Die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Informationsquellen zur Wahrung einer hohen journalistischen Programmqualität ist nach § 8 (2) NDR-S zu garantieren.

Ein Verstoß gegen § 10 RStV, wonach Berichterstattung und Informationssendungen den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen haben, ist ebenfalls erkennbar. Nachrichten müssen unabhängig und sachlich sein. Sie sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
Zuletzt geändert von Maren am 20. September 2014, 15:18, insgesamt 4-mal geändert.
Grund: Formatierung
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Maren
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Re: Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Eingangsbestätigung durch die Vorsitzende des Rundfunkrates.
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Maren
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Antwort ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Hier das Antwortschreiben bzw. die Stellungnahme des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell. Vermutlich wird es seitens der Publikumskonferenz auf diese Antwort eine Erwiderung geben. Nur um dem Verdacht aus dem Wege zu gehen, ich würde mich mit fremden Federn schmücken sei mir der Hinweis gestattet, dass ich die Schreiben stets i. A. versende und nicht die Urheberin aller Beschwerden bin.
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Maren
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Antwort auf die Antwort

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
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Frau Ute Schildt
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Norddeutscher Rundfunk
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Herrn Lutz Marmor
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Programmbeschwerde - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Sehr geehrter Herr Marmor,
sehr geehrte Frau Schildt,


die Stellungnahme des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell, Christian Nitsche, ist bei uns eingegangen und wir wollen wie folgt dazu Stellung nehmen:

Christian Nitsche behauptet in der vorliegenden Stellungnahme, britische und russische Journalisten hätten den Grenzübertritt russischer Panzer " nicht nur berichtet, sondern auch fotografiert".
Diese Aussage ist falsch.

1. Das von Shaun Walker am 14. 08. 2014 auf Twitter gepostete Foto zeigt ein Armeefahrzeug 10 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. "10 km from Ukraine border" https://twitter.com/shaunwalker7/status ... 78/photo/1
Der ARD ist dieses Twitter-Post Walkers bekannt. http://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-469.html

Auch im entsprechenden Artikel des von Herrn Nitsche genannten Guardian lautet die Foto-Unterschrift: "Armoured personnel carriers in Russia (!) move towards the Ukraine border".
http://www.theguardian.com/world/2014/a ... ort-border

Walkers Foto wurde also auf russischem Territorium aufgenommen. Die Aussage des zweiten Chefredakteurs Nitsche, britische Journalisten hätten den Grenzübertritt russischer Panzer fotografiert, ist somit tatsachenwidrig.

2. Die vom russischen Journalisten Sergej Hasow-Kasija (Sergej Khazow) am 15.08.2014 auf newtimes. ru veröffentlichten und von den Tagesthemen am selben Tag zur Beglaubigung verwendeten Fotos vom 14. 08. 2014 weisen folgende Ortsbestimmung auf: "bei Kamensk-Schachtinsk" (Rostow Gebiet).
Quelle: http://www.newtimes.ru/articles/detail/85685
Da die betreffenden ARD-Korrespondenten des Russischen mächtig sind, ist also davon auszugehen, dass ihnen auch die Verortung der Fotos von Sergej Khazow bekannt gewesen sein dürfte.
Die von den Tagesthemen am 15. August 2014 als "Beweisfoto" gezeigte Kolonne ist demnach nicht auf "ukrainischem Gebiet beobachtet und fotografiert" worden, wie Herr Nitsche auch noch 1, 5 Monate nach Ausstrahlung der beanstandeten Tagesthemen-Ausgabe behauptet, sondern ebenfalls auf russischem Territorium. Die Aussage des zweiten Chefredakteurs Nitsche ist auch in diesem Fall tatsachenwidrig.

3. Des Weiteren hat der von den Tagesthemen vom 15. August 2014 als "Augenzeuge" angekündigte Interviewpartner Sergej Khazow (Sergej Hasow-Kasija) nach eigenen Angaben keinesfalls den Grenzübertritt eines russischen Militärkonvois beobachtet: (…) Gegen 21.30 Uhr - hier ist es um diese Zeit schon sehr dunkel -ist eine Kolonne der gepanzerten Fahrzeuge an meinem Hotel in der Nähe vom Ka-mensk-Schachtinsk (Rostower Gebiet) vorbeigefahren: einige Dutzend von BMPs (die Schützenpanzer), Militär-LKWs, die die Artillerie schleppten. Zuerst schien es, dass sie sich zum Grenzübergang „Izvarino“ fortbewegten, wo der russische Grenzposten und der Übergang auf das von den Separatisten kontrollierten Territorium ist. An dem Grenzposten „Izvarino“ jedoch gab und gibt es keine Technik (der Journalist hat es überprüft), sowie an dem Grenzposten „Severnoje“. Offensichtlich hat die Technik woanders die Grenze in Nacht und Nebel überquert. Jedenfalls war keine Kolonne auf der Strecke Rostow-Donezk zu sehen. (…).
Quelle: http://www.newtimes.ru/articles/detail/85685

Als Antwort auf die Frage Golineh Atais, ob die auf russischem Territorium gezeigten russischen Soldaten die russisch-ukrainische Grenze "überqueren" oder es sich nur um Militärübungen handele (Minute 1:08), präsentieren die Tagesthemen dem Zuschauer im sich direkt anschließenden Beitrag zur Beglaubigung eines Grenzübertritts ein Beweisfoto, das keines ist, und einen Augenzeugen, der keiner ist. All dies eingerahmt von Pinar Atalays "bösen Erinnerungen" an Georgien (Minute 0:22-0:30) und Udo Lielischkies "fatal(en)" Erinnerungen an Abchasien, Ossetien und Georgien (ab Minute 4:03).

Auch wenn „weder britische, noch russische Kollegen oder die tagesthemen behauptet haben, dass ein russischer Konvoi von ukrainischen Militär zerstört worden sei, ließ die Redaktion der Tagesschau Poroschenko (wenn auch nur schriftlich) verkünden, dass eine aus Russland kommende Militärkolonne größtenteils vernichtet worden sei. Anschließend ließ die Redaktion diese Behauptung noch vom Sprecher des Sicherheitsrates bestätigen. Militärvertreter Andrey Lyssenko durfte schildern, dass die Ukraine „solche Kolonnen“ immer tief in ukrainisches Territorium hinein lasse und sie dann vernichten würde.
Alles in Allem sehr viel strategische Dramatik, Redezeit und Lügen eines Staatsoberhauptes für Sachverhalte, die angeblich nicht über die Tagesthemen verbreitet wurden.

Die Behauptung, dass der Vorfall bis heute nicht geklärt sei, ist absurd. Dieser Vorfall wurde lediglich von ukrainischer Seite noch nicht dementiert.
Heise schreibt dazu: „Auch vom zerstörten Konvoi gab es nicht nur keine Fotos, sondern auch ansonsten keine Beweise, ja nicht mal das kleinste Indiz. Russische Soldaten wären ja bei dem Angriff getötet, verletzt und gefangen genommen worden. Rauchende Trümmer, erbeutete Angriffspläne, russische Ausrüstung – all das wäre zügig präsentiert worden, hätte dieses Ereignis überhaupt stattgefunden.“
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42557/1.html

Wenn innerhalb von Berichterstattungen über den Weltfrieden gefährdende Situationen, die Nutzung von Konjunktiv und Mutmaßungen die Tatsachenberichte übertreffen, wäre es angebrachter auf derartige Beiträge komplett zu verzichten.

Das einzig nachhaltige Resultat dieses unsäglich hysterischen Medienschauspiels an diesem Tag war die Talfahrt der Aktienkurse und die Angst vieler Menschen vor einem Weltkrieg.

Zusammenfassend stellen wir fest: Die Vehemenz der Zurückweisung unserer formalen Programmbeschwerde durch den zweiten Chefredakteur von ARD-aktuell ist unangebracht.

Wir halten an unserer Beschwerde fest und behalten uns vor, unabhängige, journalistisch fachkundige Stellen zur Beurteilung dieses Sachverhaltes heranzuziehen.

Nach § 8 NDR-S (1) ist der NDR ist in seinem Programm zur Wahrheit verpflichtet. Die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Informationsquellen zur Wahrung einer hohen journalistischen Programmqualität ist nach § 8 (2) NDR-S zu garantieren.

Rundfunkstaatsvertrag
§ 10
Berichterstattung, Informationssendungen
(1)
Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Siemüssen unabhängig und sachlich sein.
Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. (…)

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programm-
verantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
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Re: ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Weiterleitung an WDR
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Antwort an Frau Schildt betreffs Weiterleitung an WDR

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Schildt,

am 2. September 2014 erreichte uns zu o.g. Vorgang eine Empfangsbestätigung und die Weiterleitung an die Intendanz zur Stellungnahme gemäß §7. Am 25. September 2014 erreichte uns die Stellungnahme des Intendanten, delegiert an Herrn Nitsche zur ausführlichen Beantwortung. Am 2. Oktober 2014 entgegneten wir der unbefriedigenden Stellungnahme und kündigten die Anrufung des Rundfunkrates an.

Am 9. Oktober 2014 erreichte uns Ihr Schreiben mit dem Hinweis, dass doch der WDR zuständig sei und Sie die Weiterleitung von Beschwerde und Entgegnung des Vereins an den WDR in die Wege geleitet hätten.

Mitten in einem laufenden Verfahren kann dieser Vorgang, eine zweite Stellungnahme eines Intendanten innerhalb des ARD-Verbundes einzuholen, doch nicht ordnungsgemäß sein. Wir können als Beschwerdeführer nicht wissen, welcher Beitrag der Tagesthemen von welcher Sendeanstalt der ARD produziert worden ist.

tagesschau.de ist eine ARD-Gemeinschaftseinrichtung mit Sitz beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg. Verantwortlich gemäß § 5 TMG und § 55 (2) Rundfunkstaatsvertrag ist der Intendant des NDR, Lutz Marmor.

Die Beschwerde wurde angenommen, laut §7 vom Intendanten beantwortet, jetzt ist der Rundfunkrat an der Reihe.

Eine zweite Stellungnahme eines Intendanten zu ein und demselben Vorgang ist unserer Meinung nach nicht vorgesehen, verzögert das Procedere unnötig und wird von uns nicht akzeptiert.


Mit freundlichen Grüßen

i. A. Maren Müller
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Re: ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Antwort von Frau Schildt.
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Re: ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Die zweite Antwort auf unsere Programmbeschwerde, dieses mal, wie bereits angekündigt, vom Intendanten des WDR unterschrieben.
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2015-01-05_Bescheid_Ständige_Publikumskonferenz_TT_15.08.2014.pdf
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2. Antwort auf die Antwort - ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

WDR
Intendanz
Herrn Buhrow
Appellhofplatz 1
50667 Köln


WDR Rundfunkrat
Appellhofplatz 1
50600 Köln



Ihr Schreiben vom 05.01.2015


Sehr geehrter Herr Buhrow,

vielen Dank für Ihre Stellungnahme zu unserer Programmbeschwerde vom 24.08.2014, den Beitrag „Russisches Militär an ukrainischer Grenze“ in der Sendung ARD-Tagesthemen vom 15.08.2014, betreffend.

Zunächst möchten wir unserer Verwunderung darüber Ausdruck zu verleihen, dass sich zwei Intendanten und ein Chefredakteur an einem Sachverhalt abarbeiten, dessen Wahrheitsgehalt nicht nur von der Publikumskonferenz angezweifelt wurde.
Es finden sich im Netz, neben unzähligen Informationen und reichlich Spott, auch zahlreiche Medienverlautbarungen, die kritisch auf die eindeutig tendierte Übernahme nebulöser Meldungen und der entsprechenden Kiewer PR durch deutsche Medien hindeuten.

Die Art der Behandlung dieser Programmbeschwerde lässt darüber hinaus den Schluss zu, dass deren Bearbeitung in unangemessener Weise verschleppt werden soll. Dabei lässt sich auch mit steigendem zeitlichem Abstand zum Ereignis beim besten Willen keine Realitätsnähe zur beanstandeten Nachrichtengebung herstellen.

In unserer Antwort vom 02.10.2014 gehen wir ausführlich auf die Ausführungen des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell und auf die Ungereimtheiten innerhalb der beanstandeten Berichterstattung ein. Wir verzichten daher auf die erneute ausführliche Kommentierung Ihrer Zitate, zumal sich Ihr Schreiben in großen Teilen auf unsere Erwiderung auf die Antwort des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell bezieht und den ursprünglichen Beschwerdegegenstand ausblendet.

Ihr Verweis auf den in der Stellungnahme vom 25.09.2014 angeblich treffenden Sachverhalt, dass „Frau Müller behauptet“ hätte, dass es sich um die zwischen Kiew und Moskau umstrittenen Panzer auf ukrainischem Gebiet handelt, ist inhaltlich so absurd wie irrelevant für den Beschwerdegegenstand. An keiner Selle der Beschwerde wurde eine entsprechende Behauptung aufgestellt.
Es wurde lediglich festgestellt, dass sämtliche, zur visuellen Untermalung des entsprechenden Beitrags, verwendeten Bilder russischer Konvois nicht auf dem Gebiet der Ukraine entstanden sind und für den entsprechenden Beitrag eine Visualisierung genutzt wurde, die mit der Meldung in keinem Zusammenhang stand, offensichtlich jedoch die in der Nachricht enthaltene Falschaussage vom „russischen Panzerkonvoi auf ukrainischem Gebiet“ beglaubigen sollte.

Die Frage ist, aus welchem besonderen Grund Golineh Atai und Birgit Virnich ihren Beitrag, in dessen Verlauf sie nach Aussage der Redaktion in Hamburg „den Nachrichtentag abbilden“, überhaupt um Bilder russischer Militärfahrzeuge auf russischem Boden, aufgenommen an einem anderen Nachrichtentag, ergänzten.

Der Übergang von der Anmoderation Pinar Atalays zum Bericht von Golineh Atai und Birgit Virnich (ab Minute 0:59) gestaltete sich folgendermaßen:
„Dass Russland mit sogenannten Friedenstruppen Krieg bringen kann, das hatte sich damals 2008 im Georgienkonflikt gezeigt. Und es weckt böse Erinnerungen, wenn wir jetzt hören, dass statt der russischen LKW mit Hilfslieferungen jetzt russische Panzer die Grenze zur Ukraine überquert haben sollen. Das behauptet die Regierung in Kiew und will sie sogar angegriffen haben. Russland streitet alles ab. Klar ist zumindest, nahe der russisch/ukrainischen Grenze haben ARD-Kollegen Panzer gefilmt mit der Aufschrift MS, die russische Kürze für Friedenstruppe.“
Der sich dem Bericht anschließende Kommentar von Udo Lielischkies, dessen „fatale Erinnerungen an Abchasien, Ossetien und Georgien“ zu dem Schluss führten, dass auch damals „diese Panzer“ und „diese Zeichen“ eine große Rolle gespielt hätten, träg nicht zur Versachlichung der Nachrichtengebung bei.
Genau diese Art Ereigniskonstruktion weckt bei uns „fatale Erinnerungen“ an diverse andere (Bild)Manipulationen innerhalb der Ukraineberichterstattung und steht im krassen Gegensatz zu verantwortungsvollem Journalismus.

Folgende Fragen stellen sich, die wir gern an die Mitglieder des Rundfunkrates weitergeben:

• Wie kann der Beweis dafür erbracht werden, dass dieses Filmmaterial „gestern“, „nahe der Grenze“ und von "ARD-Kollegen“ aufgenommen wurde?

• Worauf begründet sich die Intention der Redaktion, besagtes Filmmaterial in Zusammenhang mit der beanstandeten spekulativen Meldung auszustrahlen?

• Worauf begründet sich die Intention Udo Lielischkies in seinem Kommentar darauf hinzuweisen, dass innerhalb seiner „fatalen Erinnerungen“ diese Panzer (die aus dem Beitrag) mit diesem Zeichen eine Rolle spielten?

• Weshalb leitet Pinar Atalay von der Information, dass „Russland alles abstreitet“ zu der Tatsachenbehauptung „Klar ist zumindest“, dass ARD-Kollegen Panzer gefilmt hätten, über?

• Was soll mit dieser Art Berichterstattung bezweckt werden?

• Was genau macht den gefilmten Panzerkonvoi im Zusammenhang mit der ursprünglichen Meldung publikationswürdig?

Des weiteren wurde beanstandet, dass die Redaktion der Tagesschau den ukrainischen Präsidenten Poroschenko (wenn auch nur schriftlich) verkünden ließ, dass eine aus Russland kommende Militärkolonne größtenteils vernichtet worden sei. Anschließend ließ die Redaktion diese Behauptung noch vom Sprecher des Sicherheitsrates bestätigen. Militärvertreter Andrey Lyssenkos ausführlicher Schilderung darüber, wie solche Kolonnen üblicherweise von der ukrainischen Armee vernichtet würden, wurde seitens der Redaktion von ARD-aktuell dabei offensichtlich besonderer Nachrichtenwert eingeräumt.

Dass die Existenz des Konvois und damit auch seine Zerstörung weder von der UNO, noch von der OECD, noch nicht mal von der NATO, mittels wie auch immer gearteter Beweise, belegt werden konnte, stört die Redaktion von ARD-aktuell bis heute nicht und regte bislang auch nicht zu einer Richtigstellung an. Bilddokumente oder andere Beweise der vermeintlich zerstörten Kolonne hat auch Kiew bis heute nicht präsentiert.
Berichte zu besagter Kolonne sind darüber hinaus recht zügig von ukrainischen Nachrichtenseiten verschwunden.

Lediglich der zweite Chefredakteur von ARD-aktuell Christian Nitsche behauptet, dass der Vorfall bis heute noch nicht geklärt sei.

Wir möchten daran erinnern, dass das gesamte Medienspektakel ursächlich durch zwei Meldungen sowie einer Twittermeldung britischer Journalisten, die ursprünglich den 1. russischen Hilfskonvoi begleiteten, verursacht wurde.

http://www.telegraph.co.uk/news/worldne ... raine.html
http://www.theguardian.com/world/2014/a ... ort-border
https://twitter.com/shaunwalker7/status ... 8448126978

Auch Kiew reagierte erst nachdem die Meldungen von Walker und Oliphant die Runde gemacht hatten.

Die Autoren:
Der Autor Shaun Walker arbeitet nicht nur für den Guardian, sondern ist auch der Moskau-Korrespondent des Independent, der sich im Eigentum des russischen Oligarchen Lebedew - einem erbitterten Gegner Putins - befindet.

Roland Oliphant fiel des Öfteren durch deutlich tendierte Artikel auf, in denen er eine Invasion der Ukraine durch Russland beschwor:
“Vladimir Putin is not a man who believes in backing down (…) the Kremlin is transparently signalling that it will not be deterred from military action, either. Nato warned on Wednesday that Russia is massing a “battle-ready” force on its border with Ukraine.”
Die Meldungen von Roland Oliphant und Shaun Walker wurden tausendfach und ungeprüft von den Medien übernommen und in der weiterführenden Berichterstattung durch allerlei Vermutungen, Unterstellungen, Deutungen und einer komfortablen Anzahl von passend erscheinenden Bildern ergänzt.

Der Spiegel-Journalist Christian Neef, dem die ARD auch schon gern mal das Wort abschneidet, wenn er Unbequemes zu verkünden hat, kommentierte die Causa so:
„Es war ein Beispiel, wie in diesem Krieg Hysterie immer mehr die sachliche Analyse der Situation verdrängt. Hysterie ist in militärischen Konflikten wie diesem brandgefährlich.“
Die Kürze der Nachrichtensendungen erlaubt es in der Regel kaum, das politische Geschehen eines Tages erschöpfend darzustellen. So verwundert es umso mehr, dass wertvolle Sendezeit mit Beiträgen verschwendet wird, deren Wahrheitsgehalt nicht eindeutig verifiziert werden kann und in deren Verlauf Konjunktiv und Mutmaßungen die Tatsachenberichte übertreffen. Auch ist eine stark tendierte Ereigniskonstruktion mittels themenfremden Filmmaterials nicht Bestandteil des gesetzlich definierten Grundversorgungsauftrages öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten.

Was die besondere Verantwortung von Medien innerhalb militärischer Auseinandersetzungen anbelangt, werden wir nicht müde eine deutliche Veränderung der Informationskultur anzumahnen. Falschmeldungen sind insbesondere im aktuellen Ukrainekonflikt ein Spiel mit dem Feuer und sind nicht nur dazu geeignet die Kapitalmärkte in Aufruhr zu versetzen, sondern können Konflikte gründlich eskalieren lassen.
Journalisten mit moralischem und seriösem Anspruch sollte dieser Preis entschieden zu hoch sein.

Da Sie, als verantwortlicher Intendant, es vorziehen, sich der unsachgemäßen Stellungnahme aus Hamburg anzuschließen und unserer Beschwerde die formalrechtliche Abhilfe verweigern, übergeben wir den Vorgang zur weiteren Befassung dem Rundfunkrat des WDR.

Zur besseren Beurteilung des Vorganges durch die Mitglieder des Gremiums haben wir eine Linksammlung beigefügt, die das Geschehen an diesem 15.08.2014 nachhaltig in Erinnerung ruft.

Ein Blick in die Sondersendung, welche die ARD für notwendig erachtete und in deren Verlauf sich die Korrespondentin Atai völlig distanzlos zum Sprachrohr des ukrainischen Präsidenten machte, ist eventuell hilfreich für die Beurteilung des Vorganges. Udo Lielischkies brachte es in seinem Wortbeitrag sogar fertig, das klare Dementi Russlands zu diesem Vorfall, zu verschweigen.

Der Beitrag „Russisches Militär an ukrainischer Grenze“ in der Sendung ARD-Tagesthemen vom 15.08.2014 verstößt gegen die in § 10 (1) Rundfunkstaatsvertrag festgelegte Sorgfaltspflicht, Nachrichten vor ihrer Verbreitung auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, sowie gegen die in §11 (2) Rundfunkstaatsvertrag festgelegten Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit.

Dabei wurden entgegen der in § 10 Rundfunkstaatsvertrag (§5 WDR-Gesetz) vorgeschriebenen Wahrheitspflicht, welche auch die Pflicht umfasst, "nichts wegzulassen, was wichtig ist" (Flechsig in: Hahn/Vesting: Beckscher Kommentar zum Rundfunkrecht, München 2012, § 10 RstV, Rdnr. 56/57) relevante Informationen aus verlässlicheren Quellen bis heute ausgeblendet.

Zum Zwecke der Transparenz werden dieses Schreiben sowie der weitere Verlauf des Vorganges auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende



Quellen:

Heise: Kriegspropaganda - Eine Kiewer Ente im deutschen Blätterwald
Spiegel: Kann eine mögliche Falschmeldung aus einem Konflikt einen Krieg entzünden?
Reuters:
“Russia's government denied its forces had crossed into Ukraine, calling the Ukrainian report "some kind of fantasy", and in turn raised its own serious concerns about activity by the U.S.-led NATO defence alliance near its borders.
VOX: Did Russia just invade Ukraine? What we know and don't know
Welt - Was in der Ostukraine wirklich geschah:
Journalisten rudern zurück: Eyewitnesses did not exactly say it was “the Russian army”
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Re: ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze

Beitrag von Maren »

Der Rundfunkrat des WDR hat sich in seiner Sitzung am 23.04.2015 mit folgenden Programmbeschwerden befasst und kam einstimmig zu dem Ergebnis, den Beschwerden nicht beizutreten.

ARD - Russisches Militär an ukrainischer Grenze
ARD - Verfälschung von Putins Position beim ASEM-Gipfel in Mailand
ARD - Desinformation und Unterdrückung wesentlicher Informationen im Nawalny-Prozess
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WDR - Ablehnung vom 23.04.2015.pdf
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