Kritik am Programm von ARD und ZDF

Hier veröffentlichen wir externe Programmbeschwerden mit freundlicher Genehmigung der Beschwerdeführer. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den Beschwerden thematisierten Anliegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Beschwerdeführer liegen und diese nicht automatisch die Meinung der Forenbetreiber wiederspiegeln.
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Medienauge

Kritik am Programm von ARD und ZDF

Beitrag von Medienauge »

Nachfolgend eine Programmbeschwerde, die ich am 14.1.2014 an die ARD per E-Mail gesandt habe. Grund für die Programmbeschwerde ist die zunehmende Gewaltspirale bei Krimis in der ARD sowie die schlechte inhaltliche Qualität bei vielen Sendungen des Hauptprogrammes von ARD und ZDF.

Sehr geehrte Frau Putz,

erstmal Danke für ihre Antwort. Allerdings muss ich Ihnen als diplomierten Medien- sowie Theater- und Kulturwissenschaftler (mit Studium an der TU und Humboldt-Uni zu Berlin), in ihrer Argumentation energisch widersprechen. Die ständige Leichenbeschau in fast allen Krimis der ARD als dramaturgische Notwendigkeit zu bezeichnen, ist für mich nur eine "faule" Ausrede. Dahinter verbirgt sich zum einen, dass es in Deutschland wenig gute Drehbuchautoren gibt und zum anderen wird hier einem "nekrophilen Zeitgeist" das Wort geredet, was nicht im Sinne ihres Grundversorgungsauftrages sein kann.

Einzige Ausnahme, die ich hier gelten lasse, ist der Tatort Krimi aus Münster mit Jan Liefers, hier ist die dramaturgische Notwendigkeit aufgrund der Figurenkonstallation gegeben, wobei bei diesem Tatort die Filmstory meist mit einer Brise Witz und Ironie daher kommt, was sehr zu begrüßen ist. Aber ansonsten ist eine nicht hinnehmbare Brutalisierung bei einer Vielzahl von (Tatort-) Krimis zu konstatieren. Der Rundfunkrat müsste seine Gründsätze bezüglich der "Verherrlichung und Verharmlosung von Gewalt" schleunigst überdenken und zum Besseren korrigieren, da die Spirale der Gewalt bei ARD und ZDF kontinuierlich nach oben geht. Diese zunehmende Brutalisierung ist sicher nicht gut für die seelische Gesundheit ihrer Zuschauer, darüber sollte sich der Rundfunkrat auch mal Gedanken machen.

Dass, die Tatortkirmis nun schon seit 40 Jahren zu sehen sind, zeigt doch, dass den ARD-Programmverantwortlichen nichts Neues mehr einfällt. Was sie als Erfolg bezeichnen ist in meinen Augen eine künstlerische und programverantwortliche Bankrotterklärenung. Ähnliches gilt für das ZDF und der "ausgelutschten" Samstagabendshow "Wetten das?". Die allgemeine Klage bezüglich des sinkenden Programmniveaus wurde ja erst die Tage auf 3Sat in der Sendung Scobel thematisiert. Es ist nur zu hoffen, dass endlich wieder inhaltliche Innovationskraft und Mut zu einem besseren Programm bei ARD und ZDF einkehren. Dafür bezahlen wir sie ja schließlich mit einem Rundfunkbeitrag von jährlich stolzen 7, 8 Milliarden Euro.

Ich arbeite seit 14 Jahren als Berufsschullehrer für Mediengestaltung am OSZKIM (Oberstufenzentrum für Kommunikation- und Medientechnik) in Berlin, unter meinen Schülern sind eine Vielzahl von Auszubildenden aus der Fernsehbranche, auch von öffentlich-rechtlichen Sendern. Während ich mich seit Jahren bemühe meinen Schülern medien-ethische Grundsätze zu vermitteln, wird dieses Bemühen von ARD und ZDF durch die Anhebung des Gewaltnieveaus in ihrem Programm permanent desavouiert.

Auch ihr News-Bereich gibt Anlass zur Kritik. Oft sind ihre Nachrichtensendungen einzige Regierungsverlautbarungen. Kritisches und hartes Nachfragen bei Politikerinterviews sind rar und selten. Es wird thematisch fast immer nur an der Oberfläche gekratzt, wirklich in die Tiefe eines Themas wird selten vorgedrungen, zumindest im Hauptprogramm der ARD bei der Zeitschiene bis 23 Uhr. Interessante und wirklich informative politische Sendungen kommen, wenn, dann meist erst nach 23 Uhr und da ist dann die Einschaltquote äußerst gering.

Auch sollten sie endlich ihre unsäglichen Talkshows überarbeiten, die meist Null Erkenntsniswert für die Zuschauer beinhalten. Das Personal der Talkgäste gleicht einem Wanderzirkus, es treten in regelmäßigen Abständen immer die gleichen Politiker und Experten auf. Es gibt an deutschen Universitäten eine Vielzahl junger und hervorragender Experten, die frischen Wind in ihre angestaubten Talkshows bringen würden. Da sollten die verantwortlichen Redakteure mal in Gänge kommen und nicht nur an ihren alt bekannten Gästelisten festhalten.

Ein weiteres gravierendes Problem der öffentlich-rechtlichen Sender ist, dass Parteipolitiker - vornehmlich von CDU/CSU und SPD - in den zuständigen Gremien sitzen. ARD und ZDF müssen aber staatsfern organisiert sein. Parteipolitiker haben weder im Rundfunk- noch im Verwaltungsrat irgend etwas zu suchen. Einzig beim NDR finden sich keine Politiker in den Gremien. Diese parteiliche Einflussnahme ist hochgradig skandalös, siehe die kürzlich vorgefallene verbale Attacke von Horst Seehofer (CSU und Mitglied des ZDF-Verwaltungsrates) gegenüber der ZDF heute Moderatorin Margarete Slomka.

Es gäbe also viel zu tun bei ARD und ZDF, also packen Sie es an und werden sie ihrem Grundversorgungsauftrag und den gesetzlichen Rahmenbedingungen endlich gerecht! Gerne wäre auch ich bereit Verantwortung zu übernehmen als Mitglied des Rundfunkrates. Aber die Besetzung dieser Gremien ist ebenfalls ein Problem, da man sich ja nicht bewerben, sondern nur berufen werden kann. Daher sind in diesen Gremien eben wieder die üblichen Wichtigtuer und Vereinsmeier vertreten und so wird sich wohl nie etwas zum Besseren bei ARD und ZDF verändern. Die Hauptprogramme von ARD und ZDF sind mittlerweile zu einer "großen Ablenkungsmaschiene" verkommen, die erheblich zur Verrohung und Verdummung der Gesellschaft beitragen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bauer

Dipl.-Medienberater und Fachlehrer für Mediengestaltung am OSZKIM Berlin
Monumentenstr. 37
D- 10829 Berlin
Tel. 030-78712360
normalo

Re: Kritik am Programm von ARD und ZDF

Beitrag von normalo »

Der Inhalt des Briefes entspricht voll unserem Empfinden gegenüber dem ÖR.
Es ist schade, dass fähige Fachleute außerhalb des "Rundfunkrates" so treffend ihre Meinung kund tun, die Luschen im von Parteien bestellten Rundfunkrat aber mit ihrer Macht alles folgenlos negieren können.
B.Scholer

Re: Kritik am Programm von ARD und ZDF

Beitrag von B.Scholer »

Es mangelt offensichtlich an Autoren, die spannende Krimis ohne Leichen liefern können.
Auch der Siegeszug der Pathologen - also der Profis für den emotionsfreien Umgang mit Toten- durch die Krimiserien, ob von deutscher oder US-Bauart zeigt den gesunkenen Wert des Menschenlebens in der Unterhaltungsindustrie.*
Seit Marcuses provozierndem Ausspruch: "der nackte Busen einer Frau ist weniger obszön als ein General in Uniform" hat sich an den altvorderen Wertmassstäben in Rundfunkräten nicht wirklich etwas geändert.
Sind diese wie es aussieht ohnehin nur noch zuständig für die Verteilung von Etat- und Werbequoten der verschiedenen offziziell beteiligten Gruppen ?
* Dabei ist in den nördlichen Gesellschaften der Verlust der wirtschaftlichen Existenz ohne Eintritt des Todes ein Fall
der als Ergebnis krimineller Verfelchtungen sehr viel häufiger ist.
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