Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

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Maren
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Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

https://www.tagesschau.de/inland/groko- ... n-103.html
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 22931.html
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -5655.html

Sehr geehrte NDR Rundfunkräte,

„Wiederannäherung mit Hindernissen,“ ist einer der vielen Beiträge der ARD-aktuell über Bestrebungen der Union und der SPD zur eventuellen Neubildung einer Großen Koalition betitelt. Vorspann:
„Wenn Scheinriese auf dicke Hose trifft - dann ist Koalitionspoker. Mit Forderungen und Warnungen bringen sich Union und SPD in Stellung. Unionsfraktionschef Kauder riet im Bericht aus Berlin zur neuen GroKo - und zur Zurückhaltung. Und die SPD zimmert an einer Drohkulisse.“
Das definiert sowohl den Inhalt als auch das journalistische Niveau der gesamten Berichterstattung der ARD-aktuell über den gegenwärtigen „Koalitionspoker“: Sie sind orientiert an der Frage, in welcher Weise eine Regierungsbildung erfolgen dürfte, Akzentsetzung auf Mehrheitskoalition:
„Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen bleibt nur die Neuauflage einer Großen Koalition als mehrheitsfähige Regierungsoption.“ (tagesschau.de)
Eine Minderheitsregierung wollten die Kanzlerin und die Union verhindern, berichtet ARD-aktuell und zitiert den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder:
"Die Abläufe im Parlament sind mit einer Koalition viel besser zu steuern als Zufallsmehrheiten" (tagesschau.de)
Das ist verkürzt und schlampig zitiert (s. Hervorhebungen). Vollständig und wörtlich genau äußerte Kauder auf die Frage nach der vermeintlichen Problematik einer Minderheitsregierung:
"Das könnte man jetzt noch gar nicht richtig abschätzen. Aber wenn man für jedes Gesetz, das man durch den deutschen Bundestag bringen muss, sich einen Partner oder zwei dann auch suchen muss, könnte das nicht billiger werden als wenn man eine Koalition hat. Auch die Abläufe im Parlament sind mit einer Koalition wesentlich besser zu steuern als Zufallsmehrheiten".
Diese Sätze eines Mannes, der sich den Ruf erworben hat, ein ebenso Merkel-ergebener Einpeitscher zu sein wie auf dem intellektuellen Niveau einer Grubenfunzel zu argumentieren, entblößt das ganze politische und journalistische Elend unserer Tage. Er zeigt auf, worum es den meisten Beteiligten der jeweiligen Branche geht: um die Steuerungsvormacht der Regierung – vulgo: „Verantwortung übernehmen“, „Stabilität sichern“ – und um die Vermeidung eines freien, souveränen Parlamentsbetriebes.

Der deutsche Nachkriegs-Parlamentarismus hat sich frühzeitig von den Grundsätzen der Demokratie (Gewaltenteilung vs. Koalitionszwang) und danach von denen eines Rechtsstaates (nur dem Gewissen verantwortlicher Abgeordneter vs. Fraktionszwang) verabschiedet. (Vgl.: Jörg Albert, „Wir leben in einem Staat ohne nennenswertes Parlament“. Telepolis, 25. November 2017). Entsprechend distanzlos und oberflächlich informieren ARD-aktuell und mit ihr alle übrigen korporierten Massenmedien.

Was haben wir in der Schule gelernt? Das Parlament ist für die Vorgaben (Gesetzgebung) zuständig, die Regierung für deren Ausführung. Der Begriff „Parlamentssteuerung“ taucht im Grundgesetz nicht auf.

„Der Staat, wer ist das? Die Regierung, die gerade im Sattel sitzt? Wie das? Die Regierung ist doch allenfalls ein Diener, sogar ein nur befristet angestellter Diener. Undenkbar, dass dem das Privileg zukomme, zu bestimmen, was richtig ist und was falsch. Zu entscheiden, wer Patriot ist und wer nicht. Aufgabe der Regierung ist es, Anordnungen zu befolgen und nicht, Befehle zu erteilen.“ (Mark Twain, Oktober 1907, in einer Zeitungskolumne).

ARD-aktuell-Berichte entbehren der entsprechenden und von Programmauftrag und Programmrichtlinien vorgesehenen erläuternden Einordnung der Berliner Vorgänge. Die Redaktion unterrichtet ihr Publikum dem Sinne nach über die Sockenfarben von Ministern (schwarz, rot, gelb, NATO-oliv) statt über die perverse Preisgabe demokratischer Ideale und grundgesetzlicher Gestaltungsvorschriften im Berliner Parlamentsbetrieb. Die kontextlose Darstellung verstößt gegen journalistische Grundsätze.

Freundliche Grüße

Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer.
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Maren
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Re: Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

Beitrag von Maren »

Gesendet: Mittwoch, 06. Dezember 2017 um 11:43 Uhr
Von: gremienbuero@ndr.de

Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 29.11.2017 / "Große Koalition"

Sehr geehrter Herr Bräutigam, sehr geehrter Herr Klinkhammer,

ich bestätige den Eingang Ihrer o.g. Beschwerde.

Gemäß § 7 der Geschäftsordnung des NDR Rundfunkrates ist zunächst dem Intendanten des Norddeutschen Rundfunks die Möglichkeit einzuräumen, zu Beschwerden Stellung zu nehmen. Ich habe Ihr Anliegen daher an Herrn Lutz Marmor weitergeleitet mit der Bitte, Ihnen innerhalb eines Monats eine Antwort zukommen zu lassen.

Sollte die Antwort des Intendanten Sie nicht zufriedenstellen, können Sie sich erneut an den Rundfunkrat wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat
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NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro

Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
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Maren
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Re: Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 29. November 2017 kritisieren Sie erneut die Berichterstattung von ARD-aktuell.

Ich habe die verantwortliche Redaktion gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme-Regierungsbildung.pdf
(1.27 MiB) 834-mal heruntergeladen
Aus meiner Sicht liegt kein Verstoß gegen die Programmgrundsätze des NDR oder sonstige Vorschriften vor. Durch die Übersendung dieser Stellungnahme bringe ich dies zum Ausdruck.

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

Intendant des Norddeutschen Rundfunks
Rothenbaumchaussee 132
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Maren
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Re: Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Rundfunkräte,

die Stellungnahme des NDR stellt uns nicht zufrieden.

Dass für Herrn Dr. Gniffke unsere Kritik nicht "nachvollziehbar" ist, überrascht uns nicht. Wenn es anders wäre, hätte er sich schon längst um eine qualifiziertere Berichterstattung bemüht.

In unserer Eingabe hatten wir hervorgehoben:

"Vorspann: „Wenn Scheinriese auf dicke Hose trifft - dann ist Koalitionspoker. Mit Forderungen und Warnungen bringen sich Union und SPD in Stellung. Unionsfraktionschef Kauder riet im Bericht aus Berlin zur neuen GroKo - und zur Zurückhaltung. Und die SPD zimmert an einer Drohkulisse.“ (wir sagten dazu) Das definiert sowohl den Inhalt als auch das journalistische Niveau der gesamten Berichterstattung der ARD-aktuell über den gegenwärtigen „Koalitionspoker"...."

Allein die gossenähnliche Ausdrucksweise ist ein Beleg für den Qualitätsverlust der politischen Berichterstattung von ARD-aktuell, sie hat mit " anerkannten journalistischen Grundsätzen" nichts zu tun. Bezeichnend, dass dem Herrn Chefredakteur hierzu in seiner Stellungnahme nichts einfällt.

Weiter behauptet Herr Dr. Gniffke über seine Arbeit:

" Wir berichten über die unterschiedlichen Aspekte der Regierungsbildung und die Positionen der Beteiligten weder distanzlos noch oberflächlich, sondern ausführlich und objektiv."


Diese Behauptung ist falsch, da es ARD-aktuell nicht gelingt, wichtige neue Aspekte - beispielsweise Vor- oder Nachteile von Minderheiten-Regierungen – im Diskurs zu verankern und sich selbst zum Informationsquell staatsbürgerlicher Debatten zu machen, dem Zuschauer angemessene Einordnung zu ermöglichen und Zusammenhänge zu vermitteln. Offensichtlich hat Herr Dr. Gniffke das Problem nicht einmal begriffen, denn sonst hätte er sich inhaltlich mit unseren Ausführungen auseinanderzusetzen vermocht.

Wir wiederholen deshalb unseren Vorwurf, dass in dem Beitrag die Programmrichtlinien unberücksichtigt blieben.

Mit freundlichen Grüßen

F. KLinkhammer, V. Bräutigam
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Maren
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Re: Tendenziös-regierungskonformistische Berichterstattung

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 29.11.2017 / Ihre Schreiben vom 10.01.2018

Ihre Programmbeschwerde vom 29.11.2017 über die Berichterstattung von ARD-aktuell über Gespräche zwischen Union und SPD zur Regierungsbildung


Sehr geehrter Herr Klinkhammer, sehr geehrter Herr Bräutigam,

die o.g. Beschwerde habe ich an den Rechts- und Eingabenausschuss des Rundfunkrates mit der Bitte um Beratung überwiesen.

Der Rechts- und Eingabenausschuss wird sich voraussichtlich in einer seiner nächsten Sitzungen mit Ihrem Anliegen befassen.
Die abschließende Beratung erfolgt voraussichtlich in der darauffolgenden Sitzung des Rundfunkrates.

Über das Ergebnis der Beratungen werde ich Sie unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat
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