Seite 1 von 1

Sensationsjournalismus bei "hart aber fair"

Verfasst: 28. Juli 2016, 19:36
von Maren
Programmbeschwerde

Sendeanstalt: ARD

Name der Sendung:
Hart aber fair

Datum und Uhrzeit:
24.07.2016, 21:45 Uhr

Erläuterung:

Im Verlauf der Sendung (am Min. 40) gab es ein Ferninterview mit der Mutter eines Opfers bei dem Amoklauf in Winnenden, Barbara Nalepa. Schon bei der Begrüßung wurde deutlich, dass diese Frau sehr um Fassung rang, da sie immer noch -nach 7 Jahren- unter dem Trauma des plötzlichen Verlustes ihrer damals 16-jährigen Tochter litt. Frau Nalepa schilderte in bewegten Worten, dass die Ereignisse in München ihrer Erinnerungen wieder deutlich in ihr Bewusstsein gerückt haben. Was dem Zuschauer damit für neue Informationen gegeben werden sollten, erschließt sich mir nicht.

Selbst der "focus" schreibt dazu in einer Kritik: "Die Trauer dieser Mutter ist berührend, ergreifend und schwer zu ertragen. Aber mit dem eigentlichen Thema dieser Sondersendung hat sie nichts zu tun."

Herr Plasberg bot mit diesem Interview den Zuschauer eine Plattform, sich auf voyeuristische Art und Weise dem Leid der Mutter zu nähern. Das erinnerte mich an Plasbergs Vorgehensweise anlässlich der Geiselnahme in Gladbeck im Jahre 1988, als er die Geiselnehmer interviewte und sein falsches Verhalten auch nach Rüge durch den deutschen Presserat nicht einsah.

In der von mir kritisierten Sendung ging es ihm offensichtlich nicht um Authentizität, sondern um das quotenorietierte Vorführen einer leidenden Mutter. Nach den ersten Sätzen dieser Frau, die den Tränen nahe war, und deren Mundwinkel beim Sprechen zitterten, habe ich das Fernsehgerät ausgeschaltet.

Ich fand Herrn Plasberg in diesem Kontext einfach nur grobschlächtig und rücksichtslos.

Herr Plasberg stellt mit derartigen journalistischen Stilmitteln (Betroffeneninterview)immer gern eine "menschelnde" Intimität her, die dem Zuschauer Exklusivität, persönliche Empathie und Individualität vorgaukeln soll. Dabei vergisst der Moderator, dass es auch ein journalistisches Gebot der Rücksichtnahme und des Respekts gibt. Trauer ist etwas sehr Intimes, dass nicht derartig öffentlich zur Schau gestellt werden sollte.

Auszug aus dem Pressekodex des Presserates, Richtlinie Nr. 11.3 – Unglücksfälle und Katastrophen
Die Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen findet ihre Grenze im Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen. Die vom Unglück Betroffenen dürfen grundsätzlich durch die Darstellung nicht ein zweites Mal zu Opfern werden.

Denn es gibt meines Wissens den journalistischen Grundsatz, dass die Zustimmung von Interviewpartnern nicht von der ethischen Verantwortung des Interviewers/Redakteurs/Moderators befreit.

Der Name des Einsenders ist uns und der Redaktion bekannt.