ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

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Heisenberg

ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Heisenberg »

Ich zitiere hier aus meiner Email an die Redaktion nach der Sendung:

"Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Macher der heutigen Sendung “Neuer kalter Krieg?”,

auch wenn ich ziemlich sicher bin, dass so eine einzelne Wortmeldung, wie meine Email hier, rein gar nichts bewirken wird, muss ich Ihnen wenigstens meine Meinung sagen, um mich nicht dem Gefühl der Ohnmacht zu ergeben.
Noch eine Vorbemerkung:
Kritische Meinungen zu journalistischen Arbeiten, wie der Ihren, geraten leider heutzutage leicht in den Verdacht, russische Propaganda zu sein oder wenigstens von unbedarften, indoktrinierten Nachbetern solcher Propaganda geäußert zu werden.
… Ich bin Jahrgang 57… (aufgewachsen in der DDR) Ich bin weder ein Verschwörungstheoretiker noch ein ewig gestriger Politbürokrat. Ich habe mir sowohl vor dem Mauerfall, als auch nach diesem eine offen-neugierige, kritische, vorurteilsfreie Sicht auf die Wirklichkeit bewahrt. Ich kenne die Anforderungen an wissenschaftliche Arbeit – die ohne Präzision und Vorurteilsfreiheit unmöglich ist – genau so gut, wie die Medienarbeit – insbesondere letztere unter den Bedingungen einer sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnenden Einheitspartei. Ich brauche keine Russische Propaganda und bin auch keinesfalls anfällig dafür.
Auf der Website der Sendung formulieren Sie den Anspruch, den Sie sich mit dieser Sendung stellen wollen: “Was steckt hinter der Ukraine-Krise – fern von Propaganda, Säbelrasseln und kriegerischen Handlungen? Welche Vorgeschichte hat der Konflikt und welche Akteure wirken hinter den Kulissen mit?”
Leider scheitern Sie dabei; leider werden Sie diesem eigenen Anspruch nicht gerecht.
Ich habe mich auf Ihre Sendung wirklich gefreut, habe mit Spannung den Beginn erwartet und so sehr gehofft, dass endlich einmal eine Dokumentation mit Fakten arbeiten würde, nur behaupten würde, was sie auch belegen kann, mit persönlichen Wertungen sehr zurückhaltend agieren und wenn, diese dann als solche kennzeichnen würde und die vor allem einmal die naheliegenden Fragen formulieren würde, wissend, dass sie nicht alle im Rahmen von 45 Minuten würden beantwortet werden können.
Ihre Sendung hat bedauerlicher Weise davon kaum etwas eingelöst. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich enttäuscht bin von der inhaltlichen, journalistischen Nicht-Qualität dieser Sendung.
Es tut mir leid Ihnen sagen zu müssen: Über weite Strecken wirkte Ihr Beitrag so platt und seine wahre Absicht kaum verbergend wie ein billigster NATO Propagandafilm und leider nicht weniger schlimm, als eine der schlimmen ehemaligen Machwerke von Karl-Eduard von Schnitzler. Mir ist bewusst, dass sie das vielleicht als persönliche Beleidigung empfinden – mir liegt aber nichts ferner, als sie zu beleidigen. Ich muss Sie nur heftigst kritisieren! Ich kann ihnen akribisch an Hand Ihrer Sendung nachweisen, wo und wann sie behaupten, ohne den Beleg dafür zu liefern, wo sie nur noch eine einseitige Sicht wiedergeben, wo sie Ihre Interviews mit zumindest hinterfragenswerten Aussagen stehen lassen, als würden da allgemein anerkannte und bewiesene Wahrheiten verkündet. Der ganze Film ist voll davon.
Aber abgesehen von diesem Mangel an Objektivität und Sachlichkeit in Ihrem Film, kritisiere ich zwei zentrale Dinge am heftigsten: 1. Ob Sie das nun mit Absicht und Bedacht tun oder ungewollt – Sie propagieren in der überwiegenden Laufzeit der Doku Aspekte für eine militärische Lösung der Krise. Dabei meine ich mit “militärischer Lösung” nicht allein militärische Kämpfe in der Ostukraine, sondern auch die Hinwendung der NATO zu neuer Abschreckung als eine der Antworten auf diese Krise. Sie lassen entsprechende Aussagen Ihrer Gesprächspartner umkommentiert stehen und erwecken den Eindruck, als wären z. B. Waffenlieferungen an die Ukraine DAS Gebot der Stunde oder als wäre eine neue militärische Aufrüstung der NATO insbesondere im Osten die einzige Alternative, um Frieden und Freiheit auf dem Kontinent zu sichern. Sie persönlich mögen das ja glauben, aber darf ein Beitrag, der sich ankündigt als DIE objektive Analyse des gegenwärtigen Ukrainekonflikts, so etwas einfach behaupten, ohne es zu belegen?
Und 2. sie blenden in ihrer ganzen Dokumentation die ebenfalls hinterfragenswerte Rolle der USA in dieser ganzen Krise und ihrer Vorgeschichte völlig aus. Sie verschweigen, dass die USA – aus ihrer Sicht durchaus legitim – sehr starke Interessen in diesem Konflikt haben, die sie mit vielen offenen und verdeckten Mitteln durchzusetzen versuchen. Ich hatte ja gar nicht erwartet, dass Sie die USA in diesem Zusammenhang bloß stellen und kritisieren. Aber auszublenden, DASS es diese Interessen gibt, und dass diese Interessen nicht deckungsgleich mit Europäischen und auch nicht mit Ukrainischen Interessen sind, ist m. E. nicht akzeptabel und ein zweiter Hauptvorwurf, den ich Ihnen mache.
Da ich weiß, dass einer der Autoren in der DDR aufgewachsen und dort schon im DDR-Fernsehen seine ersten journalistischen Schritte gegangen ist, möchte zum Abschluss besonders ihm noch sagen, mit welchen Gefühlen und Gedanken ich die derzeitige Situation u. a. in den Medien erlebe. Vielleicht wird wenigstens er mich etwas verstehen…
In den letzten zwei Jahren vor dem Mauerfall hatte ich das zunehmende Gefühl, dass die Herrschenden in der SED (und ihre Medien) die Realität und Fakten nicht mehr richtig interpretieren und deshalb einen Fehler nach dem anderen machten. Ein Gefühl zu dem sich immer mehr die Angst vor den Folgen dieser Fehler gesellte. Immerhin war noch Anfang Oktober 1989 völlig offen, ob sie nicht eine gewaltsame Lösung der innenpolitischen Krise wählen würden. Dazu das Gefühl von Ohnmacht, sehenden Auges in diese Lage zu schlittern, ohne als Einzelner tatsächlich etwas dagegen ausrichten zu können.
Jetzt – 2015 – treiben mich sehr ähnliche Gedanken und Gefühle um. Es ist jetzt nur noch schlimmer – die Ohnmachtsgefühle sind heftiger. Denn jetzt kann ich zwar alles sagen und schreiben. Aber es geht im Rauschen der allgemeinen Freiheit unter; es hört keiner. Sie haben einen Sendeplatz in exponierter Stellung – vor dem Heute Journal. Und dann liefern Sie so eine Arbeit ab?
Mit allem Respekt – Ihr Film hat leider meine Befürchtungen weiter genährt…
Schlafwandlerisch tappen wir hier im Westen in die nächste große Katastrophe und Sie haben dabei keine Aufklärung geleistet.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Schmidt
Bonn”
Telekinese

Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Telekinese »

Sehr gute Beschreibung der Sendung. Stimme dir 100%ig zu. Mehr Worte braucht man über diese Sendung leider nicht verlieren.
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Maren
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Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Maren »

Danke für die Replik, Heisenberg.
Ich erwarte aus dieser Richtung nichts Substantielles mehr und kann somit auch nicht enttäuscht werden. Die Intention solcher Machwerke ist sonnenklar, eine Diskussion mit den Machern daher überflüssig. Wer nach Teil II der unterirdischen Doko "Geh doch nach drüben" auch noch den ZDF-Sonderbeitrag zur Eskalation in Europa ohne Schnappatmung durchhielt, gehört sicher zu den seeligen Stoikern, die TV als Einschlafhilfe nutzen.

1. Tipp:
Taufrisch - Die Transparenzoffensive des ZDF

2. Tipp: Medien die nicht manipulieren
Warum sollte es nicht möglich sein, alle Mechanismen, die dem demokratischen Prozess schaden, einzeln herauszufinden und dann auch abzuschaffen, auf demokratischem Weg?
Heisenberg

Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Heisenberg »

Hi Maren,

da hast Du sicher Recht, wenn Du schreibst, dass man da nichts Substanzielles zu erwarten hat und deshalb auch nicht enttäuscht sein muss.
Und trotzdem bin ich jedesmal erneut enttäuscht und zunehmend empört. Es gibt kaum ein Tag, an dem ich nicht in irgendeiner ör-Nachrichtensendung mit Dingen konfrontiert werde, wo ich mich wirklich frage "Glauben die das eigentlich alles wirklich selbst??"
Ich meine, wenn sie es selbst glauben, ist das ein erschreckendes Zeichen für Denkfaulheit und für ein desolates Bildungs-, Ausbildungs-, und Intelligenzniveau der Journalisten. Es wäre schlimm bestellt um die s. g. Vierte Gewalt, wenn die Journalisten von den von ihnen verkündeten Ansichten, Meinungen und Informationen tatsächlich selbst überzeugt wären.
Aber noch schlimmer wäre es, wenn sie wissentlich uns Zuschauern diesen minderwertigen, oberflächlichen, parteiischen Journalismus zumuten - wobei es fast keine Rolle mehr spielt, ob das durch Korruption getriggert ist oder im Rahmen einer wie auch immer gearteten gezielten Desinformationskampagne geschieht.
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Maren
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Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Maren »

Heisenberg hat geschrieben: Es gibt kaum ein Tag, an dem ich nicht in irgendeiner ör-Nachrichtensendung mit Dingen konfrontiert werde, wo ich mich wirklich frage "Glauben die das eigentlich alles wirklich selbst??"
Jakob Augstein über Journalisten-Kollegen und ehrliche Berichterstattung ;)
Heisenberg

Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Heisenberg »

Sehr schönes Gespräch...
Hab mir das ganze Video angesehen und bin gerade mal wieder mit etwas Hoffnung aufgetankt. So viele kluge Sachen, die die beiden sagen.
Und wo ist der Haken...?? Natürlich - auf den hintersten Sendeplatz verbannt: Sonntags um Mitternacht...

Danke für diese Anregung...

Aber selbst Augstein bekommt diesen Widerspruch nicht gelöst und sagt in einem Satz "Sie glauben, es ist die Wahrheit. Sie nehmen keine Pillen... Aber es kann nicht sein. Das kann einfach nicht sein..." (oder so ähnlich formuliert).
Ich würde ihm zustimmen - es kann nicht sein, dass so viele Journalisten gleichzeitig und unschuldig Opfer ihrer eigenen Propaganda geworden sein sollen. Das kann nicht sein. Aber wir erleben es täglich... Viele Möglichkeiten bleiben da dann nicht mehr, und wenn man Tim Weiner gelesen hat, muss einem zwangsläufig die Frage in den Sinn kommen, wieso denn nun ausgerechnet in der Gegenwart die CIA KEINE verdeckten Operationen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung mehr durchführen sollte, wenn die Interessen der letzten verbliebenen Supermacht das erfordern, wo doch genau das in der Vergangenheit nachweislich passiert ist?? (Und wir reden hier nicht von Staaten in Lateinamerika, sondern von Operationen in Europäischen Kernländern wie Italien z. B...)
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2889
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Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von 2889 »

Hallo Heisenberg,

ganz herzlichen Dank für Ihre sehr offenen Äußerungen !
Allen Respekt auch, wie Sie Ihre persönlichen Erfahrungen schildern.

Aber seien Sie versichert: Mit Ihrer Meinung stehen Sie in der deutschen Bevölkerung nicht allein da.
Man will die Menschen nur glauben machen, dass sie nur eine Einzelmeinung vertreten. Und das klappt auch soweit ganz gut, wenn man Leserpost geschwind im Papierkorb verschwinden lassen kann.

Deshalb ist es auch so wichtig, ein Forum wie dieses zu haben, damit man öffentlich machen kann, dass wir - also das Volk - uns nicht von Kriegstreibern ins Verderben stürzen lassen wollen.

Sie schreiben, dass die heutige Situation Sie an das erinnert, was 1989 in der DDR geschah: eine realitätsferne Regierung, unterstützt von sie feiernden Medien, die Gefahr der Eskalation …
Heute ist es viel dramatischer. Es geht um die Destabilisierung ganz Europas, damals ging es „nur“ um die kleine DDR. Damals hätte es eine Grenze für eine mögliche Eskalation gegeben, denn Gorbatschow war damals sowjetischer Präsident.
Michail Gorbatschow war Ende der 1980er Jahre der große Hoffnungsträger der DDR-Bevölkerung und im Westen hochgeschätzt.
Er ist 1989 nach Berlin gefahren, um die Dinge zum Besseren zu wenden, und ist bei einer ignoranten Regierung auf taube Ohren gestoßen.

25 Jahre später ist er wieder nach Berlin gefahren und ….

Wen haben wir heute als Hoffnungsträger ?
Für mich ist das die friedliebende Bevölkerung in Europa.

Unser Europa erstreckt sich vom Atlantik bis zum Ural – nicht bloß von Berlin bis Brüssel !
Spider59

Re: ZDF Frontal21 Sondersendung vom 17.3.2015 "Was wirklich hinter der Ukrainekrise steckt"

Beitrag von Spider59 »

Die Krönung ist, dass man jetzt in Deutschland einen Gegenpol zu RTdeutsch und anderen aufbauen will um deren Berichterstattung zu torpedieren.

Habe ich in der neusten PAZ gelesen.

Da frage ich mich, halten die ( unsere Regierung und die Journaille) uns alle für blöd?
Sollen doch diese ganzen Bilderberger und Atlanikbrücke Leute nach Amerika gehen und dort ihren geistigen Müll verbreiten.
Hier braucht das niemand und die Internetgemeinde läßt sich schon gar nicht hinters Licht führen.

LG Spider59
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