Initiative ICH WILL MEHR HÖRSPIEL!

Wie der Name schon sagt.
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Maren
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Initiative ICH WILL MEHR HÖRSPIEL!

Beitrag von Maren »

Leider erfährt die schöne und wichtige Gattung `Hörspiel & Feature´ einen rückwärtigen Trend und wird nur noch mit dem möglichsten Minimum an Mitteln pflichtbudgetiert, weil dem damit zusammenhängenden Kulturauftrag Genüge
geleistet werden "muss". Freilich werden Hörspielaufträge nach wie vor erteilt und umgesetzt, dennoch habe entsteht der Eindruck, dass Jahresetats ungleich gewichtet verteilt werden, so dass qualitativen Formaten wie dem Hörspiel kaum noch
ausreichende Mittel zur Verfügung stehen und die Zahl der Hörspiel- und Feature-Produktionen „hörbar“ schwindet. Ebenso wird damit der propagierten Programmvielfalt nicht mehr glaubhaft Genüge getan.
Die Initiative ICH WILL MEHR HÖRSPIEL! will aufzeigen, wie sinnvoll und erhaltenswert die Gattung ist und zu einer wieder zunehmenden Auftragslage aufrufen. Was durch die Beauftragung von Hörspielen und durch Hörspielschaffende bewirkt und geleistet wird, verdient m. E. besondere Anerkennung, wenn man weiß, wie intelligent und genau bemessen die Mittel im Entstehungsprozess eines Hörspiels / Features schließlich im dann fertigen Werk zur Wirkung kommen und wie wichtig es ist, dieses Qualitätsformat zu erhalten.
Ein umfassendes Konzept zur Trendwende des Hörspiels/Features wurde gemeinsam mit prominenten Hörspielregisseuren und PR-Leuten erarbeitet und der Filmstiftung NRW zur Förderung vorgelegt.
Für dieses Vorhaben, das bundesweite PR-Maßnahmen, wie Online-Kampagnen, Plakatierungen und Aktionen vorsieht, freut sich die Initiative auf Mitstreiter, die sowohl als Privatperson auftreten, als auch aus allen Bereichen der darstellenden Künste, der Geisteswissenschaften, der Verlage, der Literatur, kultureller Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, idealerweise auch als Vertreter der Prominenz etc. in Erscheinung treten können, dabei dem Hörspiel – ebenso wie qualitativen Formaten im Allgemeinen und Besonderen – zugetan sind und sich eine Kooperation mit der Initiative vorstellen können - oder eine sonstige Mitwirkung in Betracht ziehen wollen.
Eine mögliche Kooperation wird die Verwirklichung der Kampagne in jedem Fall rascher ermöglicht und verhilft nicht nur dazu, dem Hörspiel zu einer erfolgreichen Trendwende zu verhelfen, sondern auch unser Sprachgefühl zu fördern und wieder ein Bewusstsein für wirkliches Zuhören zu schaffen.

Mehr zur Initiative ICH WILL MEHR HÖRSPIEL! gibt es im Kampagnen-Blog unter http://ichwillmehrhoerspiel.wordpress.com.
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Maren
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Re: Initiative ICH WILL MEHR HÖRSPIEL!

Beitrag von Maren »

Formaler und ästhetischer Reichtum der Gattung Hörspiel ist bedroht


„Die mittelmäßigen „Radio-Tatorte“, die in allen Landesrundfunkanstalten wiederholt werden müssen, wie auch das senderübergreifende „ARD-Radiofeature“ sind massive Anschläge auf den Rundfunkföderalismus, der die einzigartige Vielfalt der radiophonen Formen in Deutschland erst ermöglicht hat. Von der unter dem vorsätzlich irreführenden Titel „Radiofestival“ genannten abendlichen Gleichschaltung der Kulturwellen im Sommer gar nicht zu reden. Und der Intendant des Saarländischen Rundfunks, der Anstalt, in der das Neue Hörspiel – mit großem N – erfunden wurde, hat sich Anfang letzten Jahres in der Ankündigung der Zusammenarbeit mit dem Hörspiel des Deutschlandfunks gefreut, dass er dadurch „kostenintensive Investitionen in Technik [und, so wäre zu ergänzen, in Personal; JM] vermeiden“ könne. „8 Milliarden. Zwangsgebühr. Kleist.“

Nun zur Armut der Gattung. Das Hörspiel ist unfassbar billig. Lassen Sie sich von den „egomanen Strukturreformern und geistlosen Kostenoptimierern“ nicht in die Irre führen, die das Radio als „privilegierte Spielwiese“ betrachten, weil sie eigentlich lieber im Fernsehen „bella figura“ machen würden, wie Alexander Kissler in der Zeitschrift „Cicero“ polemisiert hat. Und das ist nun wirklich kein Blatt, dem man eine besondere Sympathie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterstellen möchte.

Als NDR-Intendant Lutz Marmor vor einiger Zeit die Minutenpreise für den Fernseh-„Tatort“ veröffentlichte, rieb man sich als Radiohörer nur erstaunt die Augen. Eine Minute „Tatort“ kostet so viel wie eine Stunde Hörspiel und ein Hörspielstunde sind sowieso nur 54:30. Konservativ gerechnet haben wir es also mit dem Faktor 50 zu tun oder anders gesagt: Eine Hörspielminute kostet zwei Prozent einer „Tatort“-Minute. Eher weniger. Bei einer Jahresproduktion von etwa 600 Hörspielen inklusive Krimi und Kinderhörspiel können Sie sich nun leicht ausrechnen, wie viele „Tatorte“ man vom Produktionsbudget des gesamten deutschen Hörspiels drehen könnte. Es sind 6,6666. Näheres dazu können sie morgen Abend [4.2.15, 21.00 Uhr; d.Red.] in meiner „Kleinen Mediengeschichte des Hörspiels in zehn Missverständnissen“ auf HR 2 Kultur hören.

Nun, warum interessiert Sie als Medien- und Feuilletonredakteure das alles nicht? Ich habe eine starke Vermutung, wer daran schuld ist. Und Sie ahnen es: Das sind Sie selbst. Denn im Gegensatz zu Theater oder Film ist das Hörspiel aus dem kollektiven kulturellen Gedächtnis fast völlig verschwunden. Manche Tageszeitungen schmücken sich sehr zu recht mit ihren DVD-Reihen, in denen Schätze der Filmgeschichte verfügbar gemacht werden. Auf die Idee. einen Kanon der, sagen wir mal: 100 bemerkenswertesten Hörspiele aus 90 Jahren Geschichte der Gattung herauszugeben, ist noch niemand gekommen.

Aber auch im ganz normalen Tagesgeschäft gestalten Sie das kulturelle Gedächtnis dieser Gesellschaft mit. Der geringe Raum, den das Hörspiel in eben jenem kulturellen Gedächtnis einnimmt, liegt also auch daran, dass Sie ihm den kritischen Resonanzraum verweigern. Jenen Resonanzraum, den jede Kunst braucht, um sich weiterzuentwickeln. Alexander Kissler hat in seiner Polemik „eine Lobby für das Radio“ gefordert. Zu einer eigenen ständigen Radiokolumne in „Cicero“ hat es aber nicht gereicht.“

Jochen Meißner in seiner Dankesrede zur Ehrung mit dem Bert-Donepp-Preis
Medienkorrespondenz 4/2015
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Maren
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Zeit für eine Proklamation: Das Hörspiel - Eine Geschichte der Verachtung

Beitrag von Maren »

Zeit für eine Proklamation: Das Hörspiel - Eine Geschichte der Verachtung

Von Ulrich Bassenge

Hingegen hat die verhängnisvolle Idee vom Hörspiel als Medium für Leute, die entweder sehbehindert oder zu faul zum Lesen sind, die Klangkunst in den Archiven öffentlich-rechtlicher Anstalten beerdigt und die Afterindustrie des Hörbuchs gezeugt, Ergebnis einer unheiligen Allianz ARD-besoldeter Content-Verwalter und gieriger Verleger. Es ist hohe Zeit, die Fahne des Originalhörspiels zu entrollen und folgende acht Punkte zu proklamieren:

1. „Das Hörspiel ist eine offene Form.“7 Dramaturgie sollte das unterstützen.

2. Das Hörspiel ist kein Manuskript, sondern ein Klangereignis.

3. Das Hörspiel ist keine Afterkunst des Theaters oder des Kinos.

4. Die geschulte Stimme ist nicht die Garantin für Aufrichtigkeit. Nicht einmal für Aufmerksamkeit.

5. Auch O-Töne garantieren keine „Wahrheit“. Aber sie sind ein Anfang. Man hüte sich vor dem Wort „authentisch“.

6. Lieber ein gutes Feature als ein schlechtes Hörspiel.

7. Alle Hörspielredaktionen verzichten ein Jahr lang auf ausgebildete Sprecher und Sprecherinnen, um das Klangempfinden zu schärfen.

8. Alle Hörspielredaktionen senden ein Jahr (und es wird wohl dasselbe Jahr sein) keine Literaturadaptionen und keine Form literarischer Zweitverwertung.

https://www.medienkorrespondenz.de/leit ... ation.html
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