Anfrage - WDR Rundfunkrat - Frau Kammervert

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Maren
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Anfrage - WDR Rundfunkrat - Frau Kammervert

Beitrag von Maren »

Präsidentin des Landtags NRW
Carina Gödecke
Postfach 10 11 43
40002 Düsseldorf



Anfrage - WDR Rundfunkrat - Frau Kammervert


Sehr geehrte Frau Gödecke,

die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V. ist eine kritische Rezipienten-Initiative, die sich u. a. der Förderung der demokratischen Mitsprache bei der Erfüllung des gesetzlichen Programmauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten widmet.

Der Verein prüft unter anderem Programmbeschwerden von Rezipienten und reicht diese bei Verdacht auf Verstöße gegen Programmgrundsätze als formale Programmbeschwerden bei den jeweiligen Sendern ein. Für einen Großteil der Programmbeschwerden zeichnet, auf Grund der oft beanstandeten Nachrichtensendungen im Verantwortungsbereich, der WDR verantwortlich.

Wird der Rundfunkrat des WDR im Programmbeschwerdeverfahren nach § 10 Absatz 2 WDR-Gesetz angerufen, obliegt dem Programmausschuss die Vorberatung der Eingabe.
Die Entscheidung trifft abschließend der Rundfunkrat, wobei das Votum des Programmausschusses in der Regel entscheidend ist.

Weitere Aufgaben des Programmausschusses sind:

• Prüfung der Übereinstimmung des Angebotes in Hörfunk, Fernsehen und Internet mit dem Programmauftrag, den Programmgrundsätzen und sonstigen gesetzlichen Vorschriften;
• Kritik, Lob und Anregungen zu Sendungen in Hörfunk, Fernsehen und Internet;
• Information der Programmverantwortlichen über Vorhaben im Programm, Tendenzen und Akzeptanzentwicklungen;
• Werkstattgesprächen zu Einzelaspekten des Programms (z. B. Zielgruppe jüngeres Publikum);
• Anhörung externer Expertinnen und Experten sowie auch Vertreterinnen und Vertreter von Zielgruppen;
• Informationsveranstaltungen zu Programmfragen, Diskussionen mit Aufsichtsgremien anderer öffentlich-rechtlicher Sender;
• Begegnungen mit Repräsentantinnen und Repräsentanten der Medienpolitik und Medienwis-senschaft;
• Transparente Zuleitung der Ergebnisse über Rundfunkrat, Intendanz, ARD-Programmverantwortliche sowie politisch Verantwortlichen und der Öffentlichkeit.

Die Vorsitzende des Programmausschusses beim WDR ist seit dem 25.10.2010 die SPD-Europa-Abgeordnete Petra Kammerevert aus Düsseldorf.

Der regionale Betreuungsbereich innerhalb der Ausübung des Mandates von Frau Kammervert umfasst Düsseldorf, Krefeld, Kreis Mettmann, Mönchengladbach, Kreis Neuss, Remscheid, Solingen, Wuppertal.

Petra Kammerevert ist Mitglied des Ausschusses für Kultur und Bildung, Informations-, Medien, Jugend- und Sportpolitik zuständig und hier Sprecherin der S&D-Abgeordneten.

Sie ist weiterhin Mitglied der Delegation für den Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsaus-schuss EU-Montenegro und stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.

Seit 2009 ist Petra Kammerevert Mitglied im Präsidium der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand und seit 2012 Mitglied des Landesvorstandes der NRW-SPD.

Von 2002 bis 2009 war Petra Kammerevert Referentin in der ARD-Programmdirektion und Leiterin der Geschäftsstelle des ARD-Programmbeirates.

Freigestellt ist sie seit dem 14.07.2009, weil sie ab diesem Zeitpunkt als Abgeordnete ins EU-Parlament wechselte. Unmittelbar danach wechselte Frau Kammervert 2009 auch in den WDR-Rundfunkrat.

Vom 18.12.2009 bis 19.11.2010 war sie stellvertretende Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats.
Entsendeorganisation ist der Landtag NRW.

Bezüglich der Entsendung der Rundfunkrätin Frau Kammerevert stellen sich aus Publikumssicht folgende Fragen um deren Beantwortung höflichst gebeten wird:

1.) Frau Kammereverts Aufgabenbereiche sind vielfältig und das Arbeitspensum nachweislich enorm.
Das parlamentarische Tagesgeschäft von EU-Abgeordneten inklusive Wahlkreisarbeit, Veranstaltungen, Ausschuss-, Fraktions-, Wahlkreis- und Plenarwochen, Sitzungen und Arbeitsgruppentreffen mündet laut Aussagen von EU-Abgeordneten oftmals in 60-Stunden-Wochen.
Frage: Wie stellen Sie als Entsendeorganisation und die Rundfunkrätin und Vorsitzende des zeitaufwändigen Programmausschusses Petra Kammerevert angesichts dieses Arbeitspensums sicher, dass die eingangs genannten vielfältigen Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt (zeitlich, sachlich, inhaltlich) im Interesse des gesellschaftlichen Auftrages erfüllt werden?
2.) Frau Kammervert war bis 2009 Referentin bei der ARD-Programmkommission und Leiterin der Geschäftsstelle des ARD-Programmbeirates. Obwohl sich die Rundfunkrätin aktuell nicht im Angestelltenverhältnis in dergestalt befindet, als dass ihr Weisungen erteilt werden könnten, wirft die Entsendung einer Person, die vorher als Referentin der zu kontrollierenden Stelle wirkte, Fragen auf. (Fußnote: Angestellte müssen laut Gesetz von ihrem Arbeitgeber für eine Mandatsübernahme freigestellt werden. Sie sind dann von der "Verpflichtung zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung befreit" und haben einen Anspruch auf Wiedereinstellung, wenn ihre Mandatszeit ausläuft.
Frage: Kann angesichts der Tatsache, dass Frau Kammervert von einer entsprechenden Abteilung (Programmdirektion) des Unternehmens direkt in das Aufsichtsgremium wechselt, welches die Aufgabe hat, die Einhaltung des gesetzlich festgeschriebenen Programmauftrags sowie der Programmgrundsätze zu kontrollieren, eine Interessenkollision nach WDR-Gesetz §13 (5) zweifelsfrei ausgeschlossen werden?
WDR-Gesetz
§ 13 Abs. 5 und 5a
(5) Kein Mitglied des Rundfunkrats oder des Verwaltungsrats darf wirtschaftliche oder sonstige Interessen verfolgen, die geeignet sind, die Erfüllung seiner Aufgabe als Mitglied des jeweiligen Organs dauerhaft zu gefährden. Tatsachen, die eine solche Interessenkollision begründen können, sind durch das Mitglied unverzüglich der oder dem Vorsitzenden des jeweiligen Organs anzuzeigen. Liegen diese Tatsachen in der Person der oder des Vorsitzenden des Organs vor, hat sie oder er unverzüglich die Mitglieder dieses Organs sowie die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde zu informieren. Über das Vorliegen einer Interessenkollision entscheidet das jeweilige Organ, wobei die oder der Betroffene nicht mitwirkt. Wird eine Interessenkollision festgestellt, erlischt die Mitgliedschaft in dem jeweiligen Organ.


3.) Petra Kammerevert sieht laut einer Presseverlautbarung das Problem, dass Programmbeschwerden, welchen der Rundfunkrat formalrechtlich stattgibt, erhebliche Folgen für die betroffenen Mitarbeiter haben könnten. Diese Ansicht vernachlässigt in grober Weise die Gründe für die Programmbeschwerden und spiegelt klar die Loyalität der Rundfunkrätin gegenüber dem Haus wieder, in welchem sie über ein ruhendes Beschäftigungsverhältnis verfügt. Da ein Großteil von Publikumsanliegen in den vergangenen Monaten einer qualitativ und argumentativ ungenügenden Art und Weise zurückgewiesen wurde, sehen wir unsere Annahme bestätigt, dass sich Rundfunkräte mit deutlich wahrnehmbaren Interessenkonflikten nicht als Interessenvertretung des anspruchsberechtigten Publikums eignen.
Frage 1: Wie kann sichergestellt werden, dass seitens der WDR-Rundfunkrätin und SPD-Abgeordneten Petra Kammerevert bei der Beurteilung von Publikumsanliegen interessengesteuerte (Unternehmen ARD) Entscheidungen ausgeschlossen werden können?
Frage 2: Inwieweit wird der Landtag NRW als Entsendeorganisation künftig darauf achten, dass die Interessen des Gemeinwesens durch die in den WDR-Rundfunkrat entsendeten Personen, sowohl zeitlich, qualitativ als auch unbefangen erfüllt werden können?
Der Sitz in einem Rundfunkgremium ist eine gesamtgesellschaftlich relevante Aufgabe, die sich nicht darin erschöpft, als Co-Manager einer Rundfunkanstalt zu fungieren. Sie hat stattdessen die selbstbewusste Kontrolle der Wahrung des gesellschaftlichen Auftrages und der journalistischen Qualitätskontrolle zu sichern und ist damit existenziell für die Legitimation und Glaubwürdigkeit des öffentlich rechtlichen Rundfunks. (Fußnote: Fritz Wolf, Studie: Im öffentlichen Auftrag, Seite 83)

Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Anfrage und die Antwort der zuständigen Stelle auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen


Maren Müller
Vorsitzende
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Maren
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Re: Anfrage - WDR Rundfunkrat - Frau Kammervert

Beitrag von Maren »

Antwort von der Präsidentin des Landtages NRW auf unsere Anfrage. Auch hier wird strikt vermieden auf den Inhalt des Anschreibens einzugehen. Die Anfrage zielte nicht auf die Gesetzeslage zur Besetzung des WDR-Rundfunkrates mit Parteienpräsenz, sondern vielmehr um vermutete Interessenkollision und exorbitantes Arbeitspensum.

In der Schule würde man sagen: Thema verfehlt.

Hier wird auf jeden Fall nachgehakt.
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Landtag NRW Antwort auf Anfrage Kammerevert.pdf
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