ARD - Programmbeschwerde Tagesthemen

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Maren
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ARD - Programmbeschwerde Tagesthemen

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Gremienbüro
Frau Ute Schildt
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Herr Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg



Programmbeschwerde


Sehr geehrte Frau Schildt,
sehr geehrter Herr Marmor

hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde zum Beitrag „Wohnungsnot in Leipzig“ in der Sendung ARD-Tagesthemen vom 10.07.2014 ein.
http://mediathek.daserste.de/sendungen_ ... agesthemen

Thema war ab Minute 17:30 die angebliche Wohnungsnot in Leipzig. Eine namentlich genannte Mutter aus dem Leipziger Süden kritisierte, dass ihr ebenfalls namentlich genannter Sohn nicht die Möglichkeit hätte im eigenen Stadtteil ein Gymnasium zu besuchen, sondern auf das künftige Gymnasium in Leipzig Schönefeld ausweichen müsse.
Sohn Oskar gab im Interview an, nicht jeden Tag durch so ein „Assi-Viertel“ fahren zu wollen.
Die Mutter sieht darüber hinaus Korrelationen zwischen den einzelnen Leipziger Wohnvierteln und dem Bildungsangebot an den jeweiligen Gymnasien und fürchtet um die Zukunft ihres Sohnes.
Der Themenüberblick titelt darüber hinaus mit der Schlagzeile „Wohnungsnot in Leipzig“.

1.) Dieser Beitrag innerhalb der ARD-Tagesthemen verstößt mit der dargebotenen sozialchauvinistischen Story gegen allgemeine Programmgrundsätze, insbesondere die der Achtung der Menschenwürde, der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht sowie die Achtung eines diskriminierungsfreien Miteinanders nach § 41 RStV.

2.) Die Schlagzeile „Wohnungsnot in Leipzig“ verstößt gegen § 10 RStV, wonach Berichterstattung und Informationssendungen den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen haben. Sie müssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen.

Begründung:

Zu 1.) Zur Herausstellung vermeintlich krasser sozialer Gegensätze zwischen zwei Leipziger Stadtteilen benutzen die Journalisten der Tagesthemen ein Kind. Dem Kind wird gestattet, vor einem Millionenpublikum diskriminierende Vokabeln zu gebrauchen, die dazu geeignet sind, sowohl den sozialen Frieden in Leipzig zu gefährden, als auch seine eigene Sicherheit durch die deutlich sichtbare Einblendung seines Namens. Das ist unverantwortlich.
Sie haben somit sowohl die Würde des Kindes verletzt, als auch die der Bewohner des Stadtteils Leipzig Schönefeld. Sie setzen durch die Präsentation „trautes Heim mit Klavier und Trompete“ im Süden der Stadt bewusst Kontraste zu Ruinen in Schönefeld und inszenieren so ein der journalistischen Sorgfaltspflicht diametral entgegengesetztes und noch dazu falsches Bild für ein Millionenpublikum.

Zu 2.) Leipzig verfügt derzeit über ca. 30.000 leerstehende Wohnungen, von denen sich ein Teil im nicht-vermietbaren Zustand befindet. Jährlich ist ein Zuzug von ca. 10.000 Menschen zu verzeichnen, die ggf. 5.000 Haushalte bilden. Der vermietbare Leerstand wird jährlich um ca. 3.000 Wohnungen und der unsanierte Leerstand um ca. 1.000 Wohnungen reduziert. Durch Neubau kommen pro Jahr ca. 1.000 Wohneinheiten dazu. Damit wäre die befürchtete Wohnungsnot für 2015 noch nicht zu erwarten und danach auch nur dann, wenn die Prognosen einträfen. (Quelle: Professor Dieter Rink vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung)

Zusammenfassend stellen wir fest, dass dieser Beitrag der ARD Tagesthemen unter dem Vorwand wohnungs- und bildungspolitische Missstände in einer ostdeutschen Großstadt aufzuzeigen, lediglich dazu diente, soziale Gräben aufzumachen, Bürger der genannten Leipziger Stadtteile gegeneinander aufzubringen und diffuse Ängste einer vermeintlich „besseren“ Bevölkerungsschicht zu transportieren.
Dieses Vorgehen hat mit dem gesetzlich definierten Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nichts gemein.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen

i. A. Maren Müller
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Maren
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Re: Programmbeschwerde Tagesthemen

Beitrag von Maren »

Eingangsbestätigung unserer Beschwerde durch die Vorsitzende des Rundfunkrates des NDR, Frau Schildt.
Dateianhänge
NDR_Rundfunkrat.pdf
Eingangsbestätigung unserer Beschwerde
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Maren
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Re: Programmbeschwerde Tagesthemen

Beitrag von Maren »

Antwort des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell auf unsere Programmbeschwerde zu den Tagesthemenbeitrag "Stadtplanung Leipzig".
Dateianhänge
Antwort_2. Chefredakteur_Tagesthemen.pdf
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Maren
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Re: Programmbeschwerde Tagesthemen

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Herr Lutz Mamor
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Gremienbüro
Frau Ute Schildt
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg


Einspruch gegen Ihre Antwort auf die Programmbeschwerde vom 12.07.2014


Sehr geehrter Herr Mamor,
sehr geehrter Herr Nitsche,
sehr geehrte Frau Schildt,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort auf unsere Beschwerde zum Beitrag „Wohnungsnot in Leipzig“ in der Sendung ARD-Tagesthemen vom 10.07.2014.
http://mediathek.daserste.de/sendungen_ ... agesthemen

Zunächst gestatten Sie bitte eine Nachfrage zum Titel der von uns kritisierten Sendung. Der ursprüngliche Titel lautete „Wohnungsnot in Leipzig“. Klickt man auf den Link zur Mediathek erscheint der Hinweis: Der Beitrag zum Thema "Landflucht nach Leipzig" darf auf tagesschau.de aus rechtlichen Gründen nicht gezeigt werden. Im Anschreiben von Herrn Mamor wird der Beitrag „Stadtplanung Leipzig“ genannt. Wie lautet der korrekte Titel der Sendung?

Angeblich wurde der Beitrag aus der Mediathek entfernt, weil von Frau Fürnberg kurz ein Dokument in die Kamera gehalten wurde, auf dem Adressdaten zu sehen waren. Fakt ist jedoch, dass Sie deutlich sichtbar die Namen von Mutter und Sohn eingeblendet hatten. Google bietet auf den Suchbegriff Franziska Fürnberg um die 5000 Treffer an, aufgrund der Prominenz von Frau Fürnberg sogar mit Adresse, Emailkontakt und Telefonnummer versehen.
Frau Fürnberg sah sich unmittelbar nach der Ausstrahlung der Sendung einem medialen Entrüstungssturm ausgesetzt, vor dessen Folgen sie natürlich auch ihren Sohn schützen wollte.

O-Ton Frau Fürnberg als Antwort auf ein Anschreiben: „Der Beitrag widerspiegelt in keinster Weise meine Einstellung zu diesem Problem. Es ist regelrecht absurd, in welchen Kontext unser Interview gestellt wurde. Was mein Sohn gesagt hat, bezog sich auf den Schulweg durch eine unbestreitbar problematische Straße. Dass die ARD diese zweifelsfrei unsendbare Antwort eines Minderjährigen so sendet, noch dazu ungefiltert und unkommentiert, ist ein Skandal und Polemik auf niederstem Niveau. Das hätte ich den Tagesthemen nicht zugetraut.....Seien Sie versichert, dass meine persönliche Meinung eine komplett andere ist als dargestellt. Es gibt kein Problem mit dem Standort sondern mit der Fehlplanung der Stadt, an Ort und Stelle Gymnasialplätze zu schaffen....darum sollte es auch im Interview gehen. Ich werde rechtliche Schritte gegen die Redakteurin einleiten und habe auch den Beitrag bereits sperren lassen. Mit diesem schlecht recherchieren Beitrag wurde nur Schaden angerichtet....“

Um was es in diesem Rundumschlag um Landflucht, Wohnungsnot, Stadtplanung, Schulpolitik und Bevölkerungswachstum primär gehen sollte, der mit dem merkwürdig betonten Satz „Leipzig seht idyllisch aus - von oben“ beginnt und auch wieder endet, wird nicht gänzlich klar. Der Beitrag wollte vermutlich einen Bogen über die verschiedenen Themen schlagen, hat aber stattdessen lediglich Gräben aufgemacht.

Auch wenn die Redaktion „bewusst“ auf die Nennung des Stadtteiles verzichtet hat, waren im Beitrag die Zusammenhänge überdeutlich zu erkennen. Ortskundige wissen um den Platzmangel an Leipzigs Schulen im Allgemeinen und um die Versäumnisse der Leipziger Verwaltung im Speziellen. Den Gründen dafür nachzugehen, wäre ein Ansatz eines Konzeptes für eine kritische und fruchtbare Berichterstattung gewesen. Sattdessen wählten Sie die Variante mit Empörungspotential, beschworen den Klassenkampf aus der guten Stube des Leipziger Bildungsbürgertums heraus und bemühten latent sozialchauvinistische und ausgrenzende Vorurteile. Dass dieser Beitrag insbesondere große Teile der ortsansässigen Bevölkerung aufbringen könnte, haben Sie billigend in Kauf genommen. Hinweise auf „alte Arbeiterviertel“ lassen darüber hinaus erahnen, welche Art Rückschlüsse der Zuschauer auf Wohngebiete dieser Art zu ziehen hat. Ein paar aktuelle Schnappschüsse aus dem Deutschen Architekturforum zeigen die geschlossene vorgründerzeitlich und gründerzeitlich Bebauung großer Teile des Leipziger Ostens. http://www.deutsches-architektur-forum. ... nextnewest

In Ihrem Antwortschreiben formulierten Sie, dass nach Aussage des Experten vom Helmholzzentrum für Umweltforschung Leipzig die „ Wohnungsnot“ bei anhaltendem Zuzug in zwei bis drei Jahren drohe. Sie folgen damit der Argumentation innerhalb unserer Beschwerde. Auch wir beziehen uns in unseren Ausführungen auf Aussagen von Prof. Rinck vom Helmholzzentrum für Umweltforschung Leipzig, auf die Aussagen ortskundiger Personen, sowie auf die Berichterstattung unserer regionalen Medien.
http://www.l-iz.de/Politik/Kassensturz/ ... 56199.html

Es ist Ihnen anzurechnen, dass Sie den Beitrag aus der Mediathek entfernen ließen und zu der Einschätzung kamen, dass Sie auf den O-Ton des Jungen im Nachhinein besser verzichtet hätten.

Wir sind allerdings nachwievor der Meinung, dass der Beitrag der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht sowie der Achtung eines diskriminierungsfreien Miteinanders nach § 41 RStV entgegen steht. Es stünde der Redaktion der Tagesthemen gut zu Gesicht, wenn sie offensichtliche Fehler eingestehen würde und für die Zukunft auf derart polemische Darstellungen verzichtete.

Zum Zwecke der Transparenz wird dieser Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
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Maren
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Antwort auf unseren Einnwand

Beitrag von Maren »

Wieder eine Antwort des zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell auf unseren Einwand zum Tagesthemenbeitrag "Stadtplanung Leipzig". Wir denken darüber nach, die Beschwerde aufgrund des Einlenkens der Verantwortlichen innerhalb der Tagesthemen (Löschung des Beitrages) nicht weiter zu verfolgen.
Dateianhänge
2. Antwort Chr. Nitsche.pdf
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