DW - Auch Mariupol ist Europa

Gesperrt
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7125
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

DW - Auch Mariupol ist Europa

Beitrag von Maren »

Deutsche Welle
Anstalt des öffentlichen Rechts
Intendanz, Peter Limbourg
53110 Bonn
Germany



Programmbeschwerde

Sehr geehrter Limbourg,

hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde gegen den Online Artikel „Kommentar: Auch Mariupol ist Europa“ vom 26. Januar 2015 ein.

http://www.dw.de/kommentar-auch-mariupo ... a-18214803

Der Artikel ist im Stil hochgradig einseitig, suggestiv, in großen Teilen irreführend und widerspricht in seinem Duktus der im Gesetz über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts "Deutsche Welle" klar definierten Ziele und Programmgrundsätze.

(1) Zunächst gibt es eine einseitige Verwendung von negativ konnotierten Begriffen auf der ostukrainischen Seite

[..] Warlords [..] Massenmord […] Kriegstreiber aus Donezk und Luhansk [..] Kriegsfürsten […]

und positiv besetzten Begriffen auf der westukrainischen Seite

[.. ] Mitgefühl [..] besonnene Reaktion [..] diplomatische Bemühungen [..] Solidarität [..]

(2) Des Weiteren ist die Suggestivfrage „Wer könnte nicht verstehen, wie viel Wut [..] in den Köpfen der Ukrainer stecken muss, gegen die prorussischen Warlords“ rein plakativ, frei von Information und hat somit die Manipulation des Lesers als Ziel.

(3) Die Berichte der OSZE werden nur insofern zitiert wie sie der Sache dienlich sind. Hier finden die Falschdarstellung und Desinformation durch extremes Auslassen anderer Informationen statt.

So werden viele zivile Opfer in Donezk, welche durch externe Bombardierung zu beklagen sind, einfach nicht erwähnt. http://www.osce.org/ukraine-smm/136026
Dass eine Schule in Donezk von extern bombardiert (ebenfalls Kinder unter den Opfern) wurde bleibt unerwähnt. http://www.osce.org/ukraine-smm/126474
Ebenso unerwähnt, dass zivile Gebäude und ein Krankenhaus in Donezk von extern zerbombt wurden: http://www.osce.org/ukraine-smm/122468

(4) Die „besonnene Reaktion und die diplomatischen Bemühungen“ des Präsidenten Poroschenko bleiben ohne Beleg:

(A) Poroschenko in Davos am 21.01.2015: „ Ganz Europa steht unter einem Angriff. Ich wiederhole, nicht nur die Ukraine ... Europa steht unter einem Angriff ... jetzt ... ganze Europa und die ganze zivilisierte Welt. Die Ukraine ist jetzt die Frontlinie dieser Schlacht.“ [..] "Mein Land führt einen Krieg gegen den Terrorismus."

(B) Hier sogar eine von der DW selbst gelobte militärische Offensive von Poroschenko: http://www.dw.de/poroschenkos-lange-erw ... a-17751654

(C) Bzw. ein Bericht darüber, dass Poroschenko eben kein Gespräch suchte: http://www.tagesschau.de/ausland/ukrain ... nd126.html

(D) Und natürlich das letzte und entscheidendste Ereignis: Die erfolglose Großoffensive auf dem Flughafen und die weitere Mobilmachung: http://www.heise.de/tp/artikel/43/43905/1.html


Über die Motive für die sprachlichen Manipulationen durch den Leiter der DW-Abteilung „Ukraine“ Bernd Johann schlussfolgern wir folgendes:

1.) Es soll für das Publikum eine einseitige Schuld der Ostukrainer und eine Mitschuld Russlands am Konflikt konstruiert werden.

2.) Es soll dem Publikum ein verklärtes Bild des aktuellen ukrainischen Präsidenten als besonnenen Bewahrer des Friedens vermittelt werden.

3.) Mit der einseitigen Erwähnung von getöteten Frauen und Kindern nur in der Stadt Mariupol soll die emotionale Ebene angesprochen werden, um Information geht es nicht. Die Todesopfer auf der anderen Seite werden nicht beklagt, hier gibt es keine Anteilnahme des Autors. Die dadurch offenbarte Instrumentalisierung von getöteten Kindern mit dem Ziel der selektiven Diskreditierung einer Partei im Konflikt ist zynisch und widerspricht sowohl der journalistischen Ethik als auch den Programmgrundsätzen.

4.) Die Sprachregelung "prorussische Separatisten" lässt regelmäßig vergessen, dass diese Separatisten auch Ukrainer – Ostukrainer – sind. Der Beitrag soll sowohl suggerieren, dass die Separatisten nicht zur Ukraine gehören, als auch, dass die Ukrainer dieser Bevölkerungsgruppe geschlossen feindlich gegenüber stünden.

Auch wenn es laut Medienberichten Ihr publizistisches Ziel ist, "Putins Propaganda endlich Paroli zu bieten " möchten wir Sie mit Nachdruck darauf hinweisen, dass auch die Rundfunkanstalt des Bundesrechts Deutsche Welle nicht als Sprachrohr der Nato bzw. der ukrainischen Regierung zu fungieren hat, sondern - wie die anderen öffentlich-rechtlichen Medienanstalten in Deutschland auch - den Grundsätzen der Wahrheit, der Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet ist.

§ 4 Ziele

Die Angebote der Deutschen Welle sollen Deutschland als europäisch gewachsene Kulturnation und freiheitlich verfassten demokratischen Rechtsstaat verständlich machen. Sie sollen deutschen und anderen Sichtweisen zu wesentlichen Themen vor allem der Politik, Kultur und Wirtschaft sowohl in Europa wie in anderen Kontinenten ein Forum geben mit dem Ziel, das Verständnis und den Austausch der Kulturen und Völker zu fördern.

§ 5 Programmgrundsätze

(1) Die Deutsche Welle hat in ihren Sendungen die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. (…)

(2) Die Sendungen müssen eine unabhängige Meinungsbildung ermöglichen und dürfen nicht einseitig eine Partei oder sonstige politische Vereinigung, eine Religionsgemeinschaft, einen Berufsstand oder eine Interessengemeinschaft unterstützen. (…)

(3) Die Berichterstattung soll umfassend, wahrheitsgetreu und sachlich sein sowie in dem Bewusstsein erfolgen, dass die Sendungen der Deutschen Welle die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu ausländischen Staaten berühren. Herkunft und Inhalt der zur Veröffentlichung bestimmten Nachrichten sind mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen. (…)

http://www.gesetze-im-internet.de/dwg/B ... G006501310

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7125
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: DW - Auch Mariupol ist Europa

Beitrag von Maren »

Deutsche Welle-Standort Berlin
Chefredakteurin
Dagmar Engel
Voltastraße 6
13355 Berlin



Nachfrage


Sehr geehrte Frau Engel,

mit großem Interesse habe ich als Besucherin der Veranstaltung vom 29.04.2015, „Schelte contra Freiheit - Irgendetwas läuft falsch in der Beziehung zwischen Journalisten und ihrem Publikum. Wie viel Medienschelte verträgt die Pressefreiheit?“, in der Berliner Landesvertretung Sachsen-Anhalt beigewohnt, in der Sie als Moderatorin fungierten.

Insbesondere die Ausführungen über Programmbeschwerden und den Umfang mit Kritiken dieser Art ließen mich aufhorchen. Sie äußerten sinngemäß, dass die Deutsche Welle auf jede Beschwerde, die halbwegs vernünftig formuliert sei, antworten würde.

Nun stehen die Beschwerden der Ständigen Publikumskonferenz nicht im Verdacht, Adressaten durch unsachgemäße Formulierungen zu verstören, sodass ich nach 4-monatiger Wartezeit gerne daran erinnern möchte, dass hier ein gewisser Verzug in der Bearbeitung zu verzeichnen ist.

Konkret handelt es sich um die Beschwerde eines Rezipienten, der sich am Inhalt eines „hochgradig einseitigen, suggestiven und in großen Teilen irreführenden“ Beitrags vom 26.01.2015 störte und daraufhin über unseren Verein reklamierend tätig wurde.

Nun kann es natürlich sein, dass Sie als Chefredakteurin des Hauptstadtstudios nicht für diesen Beitrag zuständig sind, aber da mir Ihr Versprechen noch im Ohr klingt, wäre es sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie Ihren Intendanten auf den Verzug aufmerksam machen würden.

Für Ihre Bemühungen bedankt sich im Voraus mit freundlichen Grüßen


Maren Müller
Vorsitzende
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7125
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: DW - Auch Mariupol ist Europa

Beitrag von Maren »

Ich hatte gestern einen Anruf aus dem Hause DW. Demnach liegt die Beschwerde nicht vor bzw. ist nicht angekommen.
Mein Postausgangsbuch sieht das anders, aber es kann ja auch mal eine Sendung auf dem Postweg verlorengehen.
Die Antwort auf die Beschwerde wird nach Aussage des netten DW-Kollegen in Kürze bei uns eingehen.
Gesperrt

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste