Programmbeschwerde - WDR: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

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Maren
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Programmbeschwerde - WDR: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

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Westdeutscher Rundfunk Köln
Intendanz
Herrn Buhrow
Appellhofplatz 1
50667 Köln


Programmbeschwerde


Tagesthemen vom 29.07.2018: „Panzer-Biathlon" in Russland
https://www.ardmediathek.de/tv/Tagesthe ... d=54625144
https://www.tagesschau.de/ausland/pv-pa ... d-101.html


Sehr geehrter Herr Buhrow,

hiermit erheben wir Programmbeschwerde gegen oben genannten Beitrag von Demian von Osten, wegen Verstoßes gegen § 4 (2) WDR-Gesetz, sowie gegen die Programmgrundsätze § 5 (4) und (6).

Der Beitrag befasst sich mit dem publikumswirksamen Teil der seit ein paar Jahren stattfindenden „International Army Games“ 2018, dem Panzer-Biathlon, welcher unmittelbar nach der Eröffnungszeremonie in Albino bei Moskau stattfand.

Ab Minute 14:53 atmet Pinar Atalay tief durch, um auf ein brisantes Thema zu sprechen zu kommen: „Auf „eine Armee, die seit Jahren an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt ist….“

Eine solche Armee, so Atalay, schaffe sich auch im eigenen Land nicht nur Freunde. Da könne es helfen, das Wesen von Panzern und Kriegsgerät gegenüber der eigenen Bevölkerung ein wenig nebulös zu zeigen.

Ist die Rede etwa von der Bundeswehr und ihrem Tag der offenen Tür, an dem kleine Kinder auf schwerem Kriegsgerät herumklettern können und auch schon beim Hantieren mit Waffen der Typen G36 und P8, sowie bei der Einweisung an einer Maschinenpistole des Typs MP7 gesichtet wurden? Mit dieser deutschen Art militärischer „Volksfeste“ soll neben der Rekrutierung von (jugendlichem) Nachwuchs natürlich auch um Zustimmung zur aktuellen Militärpolitik geworben werden. Unter Zuhilfenahme von Hüpfburgen und Gulasch- „Kanonen“ versucht man auch hierzulande „das Wesen von Panzern und Kriegsgerät gegenüber der eigenen Bevölkerung ein wenig nebulös zu zeigen.“

Zahlreiche Friedensaktivisten, Vereine und Verbände protestieren regelmäßig gegen diese PR-Aktionen der Bundeswehr, Probeliegen im Eichensarg inklusive.

Aber Pinar Atalay meint natürlich nicht die Bundeswehr. Sie meint auch nicht die NATO, was der durchschnittlich verständige Zuschauer angesichts der Eingangsfloskel „seit Jahren an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt“ am Ehesten in Betracht gezogen hätte.

Pinar Atalay meint natürlich Russland.
„Woanders würde man denken, die Leute schauen sich ein Galopprennen an, doch das hier ist Russland. Panzer-Biathlon heißt der Wettkampf, schnell fahren, treffsicher schießen...“
führt anschließend Moskau-Korrespondent Demian von Osten in die schwierige Materie ein, ganz so, als gäbe es in Russland keine Galopprennen oder andere zuschauerträchtige Events, und im Rest der Welt - insbesondere an der Heimatfront - keine Militärspiele.

Dabei bedarf es wirklich keiner ausschweifenden Recherche, um das Repertoire der westlichen Kriegsspiele zu dokumentieren:

Da gibt es zum Beispiel die Strong Europe Tank Challenge (SETC), einen jährlich stattfindenden, multinationalen Panzerwettkampf, der von der 7th U.S. Army Europe und der Deutschen Bundeswehr seit 2016 veranstaltet wird. Bei diesem Wettkampf messen sich Panzerbesatzungen von NATO- und NATO-Partnerstaaten, wobei unterschiedliche offensive und defensive Aktionen sowohl auf- als auch abgesessen zu bewältigen sind.
Die aktuellste SETC18 begann am 4. Juni 2018 und dauerte fünf Tage.

SETC18 - Übersicht der "Wettkampfpanzer"
https://www.truppendienst.com/themen/be ... mpfpanzer/
http://www.bundesheer.at/archiv/a2017/t ... ndex.shtml
https://augengeradeaus.net/2016/05/bund ... afenwoehr/

Dresden – Sie heißen Leopard, Marder, Dachs und Co. – doch die Rede ist nicht von Tieren, sondern von Panzern und Gefechtsfahrzeugen. Sie rollen an – für den Tag der Bundeswehr am Samstag in der Dresdner Albertstadt. Hier will das deutsche Heer seinen Panzer-Zoo zeigen.

Die Bundeswehr übt derzeit in Georgien – einem Land, das zwar nicht zur NATO gehört, aber über das Partnership for Peace-Programm (PfP) eng mit der Allianz verbunden ist und vor allem auf den Rückhalt des transatlantischen Bündnisses gegen Russland setzt.
Thomas Zeitz, Panzerkommandeur mit der 391. MIB: „Es macht mich stolz, hier zu sein, und es macht auch Spaß.“

Für die Spiele der NATO wurden auf behördlichen Internetseiten wie dem Hauptstadtportal Berlin.de oder dem Portal der Arbeitsagentur mit der Überschrift "Russischsprachige Rollenspieler/innen für NATO-Übungen gesucht" Komparsen gesucht. Diese sollten in "realitätsnahen Übungsszenarios" für die Soldaten die "Zivilbevölkerung in Krisengebieten" darstellen, damit sich die Truppen optimal "auf deren Auslandsmissionen" vorbereiten können.

NATO-Aufrüstung gegen Russland: „Tschechien wird vom 22. Juni bis 3. Juli 2015 mit mehr als 400 Soldaten gemeinsam mit den USA, Ungarn, Litauen und der Slowakei ein gemeinsames NATO-Manöver in Boletice durchführen, geübt werden sollen erstmals gemeinsame Abschüsse von Boden-Luft-Raketen mit kurzer Reichweite. Bei der Militärübung soll ein Luftangriff auf ein europäisches Nato-Mitglied simuliert werden.“

„Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

lautet nun angesichts der International Army Games 2018 in Russland die rhetorische Frage Demian von Ostens.

So wie in Dresden die Bundeswehr bei einer Geschicklichkeitsübung einen Leopard-Panzer mit einem Wasserglas auf der Kanone davonrollen ließ, performten in Albino die Panzer „Schwanensee“ nach der Musik von Tschaikowski. So wie die Bundeswehr und die NATO ihre Planspiele aufgrund vermeintlicher oder erfundener Bedrohungsszenarien bar jeglicher historischeren Bedenken an geografisch bedenklichen Orten aufführen, so wird Russland mit seinen Verbündeten, ebenfalls in schöner Regelmäßigkeit, den sicheren Sieg simulieren, wie zum Beispiel beim Manöver Zapad 2017 auf dem Territorium Weißrusslands.

Die Kriegsspiele der Nato tragen die martialischen Namen „Saber Strike“ (Säbelhieb), „Flaming Thunder“ (Flammender Donner) oder – besonders originell - „Iron Wolf“ (Eiserner Wolf) und die Deutschen warteten gegenüber 2017 in diesem Jahr mit drei Mal so vielen Soldaten zur „Abschreckung“ Russlands auf. Für die Spiele im Herbst, die mit dem Namen „Trident Juncture“ (Dreizackiger Verbindungspunkt) sind insgesamt zwischen 30.000 und 40.000 Soldaten auf dem Feld, darunter 8000 aus Deutschland.

„Unsere“ Spiele zeigen lediglich Stärke und Verteidigungsbereitschaft, während die „Gegenseite“ natürlich den Krieg verherrlicht. (Prinzipien der Kriegspropaganda nach Anne Morelli)

Der Unterschied zwischen russischen „Kriegsspielen“ und denen der NATO ist schnell erklärt:
Während die Militäreinsätze der NATO, insbesondere die der USA, ganze Archive füllen und die Zahl der Opfer der meist völkerrechtswidrigen Interventionen inzwischen die des WKII um Größenordnungen übersteigt, gestalten sich die Militäraktionen und -präsenzen der Russen transparent, begründet und vergleichsweise überschaubar.

Die russische Erinnerungskultur ob der eigenen Leidensgeschichte ist wesentlich umfassender, ausgeprägter und vor allem verbindender als die der Deutschen. Fast jede russische Familie hat im Zweiten Weltkrieg Angehörige verloren.
Die sowjetische bzw. russische Seite hat einen Verteidigungskrieg geführt, ihren wichtigen Teil zum Sieg gegen Hitlers Wehrmacht beigetragen, und lässt vollkommen zurecht das Gedenken aus einem klaren Siegergedächtnis hervorgehen.

Nie wieder werden sich Russen auf ihrem eigenen Territorium gegen Eindringlinge verteidigen müssen und niemand hat ihnen, als Nachkommen der größten Opfergruppe des deutschen Vernichtungskrieges, vorzuschreiben, wie sie ihre Toten zu betrauern und die Lebenden zu beschützen haben, weder NATO + deren Neulinge, die sich zu einem Großteil aus ehemaligen Sowjetrepubliken rekrutieren, noch die waffenstarrenden, größenwahnsinnigen, exzeptionalistischen Weltpolizisten aus Übersee und schon gar nicht Hitlers Enkel im geschichtsvergessenen Deutschland.

Sergej Schoigu (russischer Verteidigungsminister) bei der Eröffnungsfeier der International Army Games 2018:
"Jedes Jahr nehmen mehr Teams an den Spielen teil und die Wettbewerbe werden komplizierter. Was unverändert bleibt, ist der Geist des Mutes, der Großzügigkeit, der Kameradschaft, der auf den Scheinschlachtfeldern herrscht."
Motto der NATO-Spiele ist stets der Feind, der im Osten steht, und die Sorge über den eigens dafür herbei schwadronierten drohenden Angriff seitens der Russischen Föderation.
japcc.org/wp-content/uploads/japcc_conf_read_ahead_2015_web.pdf

„Die NATO muss allen Friedensbewegungen aggressiv und öffentlich entgegenwirken und die Herrschaft des Gesetzes des bewaffneten Kampfes aufrechterhalten./ Die NATO muss ihren gegenwärtigen Kampf um strategische Kommunikation richtig einschätzen und der Öffentlichkeit gegenüber die Notwendigkeit bewaffneter Konflikte rechtfertigen./ Dass die Öffentlichkeit in einigen NATO-Ländern die Notwendigkeit einer gemeinsamen Verteidigung nicht einsieht, bedeutet, dass wir eine fundamentale Erneuerung des kommunikativen Rahmens brauchen. Die NATO muss viel mehr Mittel und Mühen auf die grundlegende Kommunikation mit der Öffentlichkeit verwenden.“

In Demian von Ostens Vita auf wdr.de steht geschrieben, dass er sich seit Jahren für Russland und die postsowjetische Welt interessiert. Insbesondere die vielen Schlüsselereignisse in der Ukraine-Krise, der Umsturz auf dem Maidan, die Annexion der Krim, der Beginn des Ostukraine-Krieges, die ukrainische Präsidentenwahl und der Abschuss von Flug MH17 hat von Osten seit 2014 journalistisch begleitet. Es fällt auf, dass dies insbesondere Themen sind, in denen das Narrativ von „Putins aggressiven Russland“ durch Fehlinterpretation, Auslassungen und Lügen geprägt und von Journalisten des Mainstreams festgeschrieben wurde.

Es ist bedauerlich, dass das journalistische Interesse von Ostens für Russland nicht aus der historischen deutschen Schuld am beispiellosen Vernichtungskrieg gegen die damalige Sowjetunion erwuchs. Um die 13 Millionen Soldaten kamen auf sowjetischer Seite ums Leben. Von insgesamt fünf Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen starben drei Millionen in deutscher Gefangenschaft - bis Dezember 1941. Dazu kommen mehr als zwei Millionen ermordete sowjetische Juden und sechs bis zehn Millionen weitere Zivilisten. Die Zahl von 27.000.000 sowjetischen Kriegstoten geistert durch historische Dokumente. Eine immense Größenordnung und eine gigantische Schuld.
Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das größte nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, in dem mindestens 1,1 Millionen meist jüdische Häftlinge ermordet wurden. Für das, was ab 1941 in der damaligen Sowjetunion angerichtet wurde, ergibt sich auch für die Deutschen insgesamt eine Verantwortung, die angesichts bündnispolitischer Duckmäuserei immer mehr aus dem Fokus gerät. Während in Russland, Weißrussland und der Ukraine der 22. Juni ein offizieller Gedenktag ist, werden hierzulande den sowjetischen Opfern des Vernichtungskrieges alljährlich zum Gedenken und regelhaft im redaktionellem Tagesgeschäft hämetriefende Beiträge aus dem Hassrepertoire rassistischer Schreibtischtäter gewidmet.

Russland hat Deutschland verziehen, sofern man die Zeichen der hohen russischen Politiker und der russischen Bevölkerung richtig deutet – aber hat das Deutschland nach 1945 jemals Russland verziehen? Eine Frage, die man sich angesichts der beispiellosen und nicht enden wollenden antirussischen Hetze deutscher Medien und diverser politischer Gruppierungen durchaus stellen kann.

Es geht Demian von Osten in seinem missionarischen Beitrag nicht um allgemeine Aufklärung über Sinn oder Unsinn von Kriegsspielen, sondern um deren Instrumentalisierung gegen Russland. Es geht um die, für westliche Lebenswelten, wichtige Aufrechterhaltung eines Feindbildes. Die pauschale mediale Dauerberieselung gegen Russland, gegen Präsident Putin und - wie im Beitrag demonstriert - auch gegen die patriotische, ihre Armee verehrende, russische Zivilgesellschaft, bewirkt das Gegenteil von Völkerverständigung und Friedenssicherung – sie bewirkt Feindbildaufbau. Wohin Dämonisierung und die andauernde Demütigung von Menschen, in allen nur erdenklichen Lebensbereichen führt, hat Auschwitz gezeigt.
„Auschwitz begann mit der Demütigung des Menschen. Wenn heute jemand einen Roma, einen Juden, einen Bosnier, einen Türken, einen Israeli, einen Palästinenser, einen Christen, einen Moslem oder einen Ungläubigen demütigt, so ist das ein neuer Beginn von Auschwitz.“ (Marian Turski)
Der kritikwürdige Beitrag von Demin von Osten könnte als „Meinungsbeitrag aus geringschätzender Gewohnheit“ durchgehen, wenn er nicht mitten im Text eine faustdicke Lüge enthalten würde:

Bei Sendeminute 17:54 sagt von Osten Wort wörtlich: „...das Russland in Syrien einen umstrittenen Krieg führt, ist hier kein Thema.“

Russland führt keinen [umstrittenen] Krieg in Syrien, sondern hält sich als einziger ausländischer Akteur völkerrechtskonform in Syrien auf, um dort auf Bitten der legitimen syrischen Regierung einen entscheidenden Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens in der Region zu leisten. Mit Erfolg, wie die aktuelle Entwicklung zeigt.

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages:
„Die russische Beteiligung am Syrienkonflikt beruht auf der ausdrücklichen Zustimmung des Assad-Regimes, die völkerrechtlich vertretungsbefugt ist. Insofern verletzt Russland nicht das Gewaltverbot nach Art. 2 Nr. 4 VN-Charta. Unter dem Gesichtspunkt des ius ad bellum ist die russische Beteiligung am Syrienkonflikt daher völkerrechtskonform.“

Wir erwarten eine Richtigstellung der Falschaussage an einem geeigneten Sendeplatz sowie die Einstellung einer Berichterstattung, die auf so absurde Weise mit zweierlei Maß misst.

Aus Gründen der Transparenz werden wir diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen

Maren Müller



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Notiz:
Kriegsspiele im Kaukasus https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7686/
https://www.rubikon.news/artikel/nichts-fur-softies
https://deutsch.rt.com/meinung/74654-in ... zeitalter/
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Maren
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Re: Programmbeschwerde - WDR: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,

anbei erhalten Sie den Bescheid zu der o.g. Programmbeschwerde.
Panzer-Biathlon Bescheid TB_geschwärzt.pdf
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Mit freundlichen Grüßen

Westdeutscher Rundfunk
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Maren
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Re: Programmbeschwerde - WDR: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

Beitrag von Maren »

WDR Köln
Geschäftsstelle des Rundfunkrats
Appellhofplatz 1
50600 Köln


Sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte,

wir nehmen Bezug auf unsere Beschwerde vom 12.08.2018, die Berichterstattung über den „Panzer-Biathlon" in Russland innerhalb der Tagesthemen vom 29.07.2018 betreffend. Ein Teil der Beschwerde bezog sich parallel auf den entsprechenden Beitrag auf Tagesschau.de „Die Armee lädt zum Panzer-Biathlon“, der zu diesem Zweck verlinkt wurde. Dort findet sich auch die in der Beschwerde zitierte Frage: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“ an prominenter Stelle in der Subline.
Verherrlicht.JPG
Verherrlicht.JPG (36.99 KiB) 20273 mal betrachtet
https://www.ardmediathek.de
https://www.tagesschau.de

Der Intendant sieht keine Verstöße gegen den Programmauftrag und die Programmgrundsätze, obwohl im Beschwerdetext die Begründung dafür ausführlich erfolgte. Laut § 4 (2) WDR-Gesetz haben die Angebote unter anderem der Information und der Bildung zu dienen, sowie das friedliche und gleichberechtigte Miteinander der Menschen unterschiedlicher Kulturen und Sprachen im Land zu fördern.

Der Bericht, der sowohl das aktuelle und für alle sichtbare Bedrohungsszenario an Russlands Grenzen, als auch den historischen Kontext ausblendet, hat weder etwas mit Bildung noch mit Information zu tun. Es ist reine Desinformation. Auch der in unserem Land lebenden Minderheit der Russland-Deutschen fehlt zunehmend jegliches Verständnis für die tendenziöse und eskalationsförderne Art der Berichterstattung über Russland. Es ist vor allem das Messen mit zweierlei Maß, welches viele Zuschauer verärgert.

Bereits die Anmoderation von Frau Atalay zeigte jene absurde Schlagseite, welche bei entsprechenden Russland-Themen ganz ungeniert zutage tritt. Würde Frau Atalay einen Beitrag über US-, NATO- oder Bundeswehrmanöver in Tagesschau oder Tagesthemen einer derartigen Form anmoderieren?

„(…) eine Armee, die seit Jahren an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt ist (…) Eine solche Armee schafft sich auch im eigenen Land nicht nur Freunde. Da kann es helfen, das Wesen von Panzern und Kriegsgerät gegenüber der eigenen Bevölkerung ein wenig nebulös zu zeigen.“

Auch die Einschätzung des Intendanten, dass es sich bei der Behauptung des Korrespondenten „Russland führe einen umstrittenen Krieg in Syrien“ um eine "zulässige Einordnung innerhalb der Berichterstattung des Korrespondenten" handelt, teilen wir nicht. Wenn die völkerrechtlich legitime Unterstützung Russlands im Syrienkonflikt nicht Gegenstand der beanstandeten Sendung war, warum sprach Herr von Osten dieses Thema in Form eines persönlichen Kommentars (Kommentare sind deutlich von Nachrichten zu trennen.) überhaupt an? Und warum ordnet der Russland-Korrespondent das Thema nicht korrekt ein, sondern einer gewissen Konditionierung entsprechend?

Würde von Osten oder ein anderer zuständiger Korrespondent anlässlich der zahlreichen NATO-Manöver ähnliche Fragen in die Runde werfen?

„…dass die USA in zahlreichen Ländern dieser Erde umstrittene Kriege führt, ist hier kein Thema.“
„…dass Deutschland von Ramstein aus einen umstrittenen Drohnen-Krieg führt, ist hier kein Thema.“


Dass im Beitrag nachgehakt wird, wenn Kinder mit Paintball und Platzpatronen schießen, ist für den Intendanten legitim. Auch hier ist Messen mit zweierlei Maß angesagt, wenn man bedenkt, dass beim "Tag der Bundeswehr" schon Kleinkinder mit Maschinenpistolen und Gewehren hantieren durften und der Anteil Minderjähriger in der eigenen Truppe rasant steigt.

Herr Buhrow verteidigte den Moskau-Korrespondenten Demian von Osten gegen unsere Vorwürfe mit dem Schein-Argument, dass von Osten bereits in der Ukraine, in Washington, New York, Paris und Brüssel tätig gewesen sei. Die vier letztgenannten Einsatzgebiete sind nicht verdächtig, Parallelen zur offensichtlichen Schlagseite in der Russlandberichterstattung zu ziehen. Die beschwerdeträchtigen und klar tendenziösen Korrespondentenberichte begannen nachweislich 2014 im Ukrainekonflikt.

Es besteht nicht der geringste Grund Abstand von den Vorwürfen zu nehmen, wonach unter anderem auch Demian von Osten an der Mission „Feindbildaufbau und Dämonisierung Russlands“ mitwirkt. Eine offene Weltsicht würde sich unter anderem dadurch manifestieren, dass im medialen Überblick über das internationale Geschehen nicht mit zweierlei Maß gemessen wird und in objektiver hämefreier Weise über „russische Panzerspiele“ im gleichen Modus berichtet wird, wie über entsprechende NATO- und Bundeswehrübungen.

Zudem ist es eine ärgerliche Erfahrung, dass Beschwerdetexte nicht richtig gelesen werden und in Folge unsauber zitiert wird. Den Vorwurf, wir würden Herrn von Osten eine Berufslaufbahn unterstellen, die vom „Narrativ von Putins aggressivem Russland durch Fehlinterpretationen, Auslassungen und Lügen“ geprägt sei, weisen wir auf das Schärfste zurück und verweisen auf den Originaltext der Beschwerde.

Zitat: „Es fällt auf, dass dies insbesondere Themen sind, in denen das Narrativ von „Putins aggressiven Russland“ durch Fehlinterpretation, Auslassungen und Lügen geprägt und von Journalisten des Mainstreams festgeschrieben wurde.“

Wir würden uns nicht anmaßen, Herrn von Ostens Berufslaufbahn auf die angesprochenen Mängel in der Ukraine- und Russland-Berichterstattung zu reduzieren. Unsere Kritik bezog sich lediglich auf die Themen, die Herrn von Ostens Interesse an Russland beflügelten.

Sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte,

zusammenfassend möchten wir feststellen, dass die Gründe, die zu einer Beschwerde führen, oftmals von den Programmverantwortlichen nicht verstanden und daher nicht nachvollzogen werden können. Das Publikum vor den Rundfunkgeräten oder den entsprechenden Internetangeboten ist keine homogene Masse, die einhellig davon begeistert ist, dass ihnen permanent schwarz-weiß-Malerei als Berichterstattung verkauft wird. Irgendwann platzt dem einen oder anderen Zuschauer dann mal der Kragen.

Auch wenn die konkrete Beschwerde nach Definition des Intendanten keine Rechtsverstöße in Bezug auf Programmgrundsätze des WDR tangiert, bleibt festzuhalten, dass der Beitrag stark insinuiert und sowohl persönliche Wertung des Korrespondenten, als auch der Anmoderation eindeutig zu weit gingen.

Eine objektive oder gar positive Darstellung Russlands, seines Präsidenten oder Land und Leuten sucht man vergeblich in den Angeboten öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen. Positiv und geradezu euphorisch hervorgehoben werden ausschließlich Gegner der russischen Regierung, seien sie auch noch so dubios. Die Berichterstattung über Russland ist - wie wir seit Jahren beklagen - feindselig, einseitig und oftmals tatsachenwidrig. Der gesetzliche Auftrag, zur Völkerverständigung Dienliches beizutragen, wird gerade in Bezug auf Russland nicht mal ansatzweise erfüllt.

»Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.«

Wir möchten Sie bitten, diese Angelegenheit in einer Ihrer nächsten Sitzungen zu thematisieren und erwarten die Einstellung einer Berichterstattung, die auf so absurde Weise mit zweierlei Maß misst.

Aus Gründen der Transparenz werden wir dieses Schreiben sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

i.A.
Maren Müller
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Re: Programmbeschwerde - WDR: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

Beitrag von Maren »

Der Rundfunkrat des WDR wertet unsere Beanstandung als Anregung zu weiteren Befassung und wird die entsprechende Korrespondenz den Räten zur Verfügung stellen. In der vagen Hoffnung, dass sich alsbald eine Verbesserung der Lage einstellt, nehmen wir die Wertung zur Kenntnis und schießen den Vorgang ab.
Runfunkrat-WDR_vOsten_geschwärzt.pdf
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Re: Programmbeschwerde - WDR: „Verherrlicht das Spiel den Krieg?“

Beitrag von Maren »

Desillusionierte Schlussworte des Einreichers der Beschwerde:


Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben leider Recht. Es lohnt sich nicht, die Beschwerde weiter zu verfolgen. Trotzdem wäre ich Ihnen dankbar, meine Antwort als Abschluss (möglichst ungekürzt) dort zu veröffentlichen.

Es ist toll, das von Osten im gebührenfinanzierten Rundfunk offensichtlich lügen darf (siehe Ursprungsbeschwerde:
viewtopic.php?f=30&t=2696 ), der ganze Vorgang letztendlich als „Anregung“ gewertet wird.

Im Verlauf der weiteren Ungeheuerlichkeiten, die sich der ÖRR erlaubt,mündigen Bürger vor zusetzen, ist die Beschwerde in der Tat nur eine Kleinigkeit. Es lohnt sich angesichts viel schlimmerer, gefährlicherer Manipulationsversuche, Hetz – und Hassbeiträge des ÖRR zum Thema Russland nicht wirklich, von Ostens Lüge in der damaligen Sendung weiter zu verfolgen (es ist halt nur eine Lüge von vielen).

Viele Programmbeschwerden werden ja nicht einmal bearbeitet, wie z.B: viewtopic.php?f=44&t=2675 *

Russland war ein toller Gastgeber der WM, Krawalle fanden erst danach im Land des Sieger statt, aber egal.

Bis damals war ich der Meinung, der Reichsrundfunk hat im Frühjahr 1945 seine Arbeit eingestellt. Wenn ich mir die „Qualität“ vieler Beiträge des ÖRR zum Thema Russland, Ukraine, Syrien anschaue, hab ich mich da wohl geirrt. Die Brut schlummert noch immer in den Köpfen einiger Korrespondenten / Moderatoren oder Programmdirektoren, wenn es um
Russland geht.

Man demonstriert seinen Antifaschismus nicht dadurch, dass man ein von Linksextremisten bearbeitetes (gekürzt um den Sinn zu verstellen) und ins Netz geladenes Video über angebliche „Hetzjagden“ in Chemnitz dazu missbraucht, jeden der Demonstranten als Rechte zu verunglimpfen und letztendlich damit das eigentliche Mordopfer zu verhöhnen.

Nun lassen wir die Vergangenheit ruhen und hoffen, dass diese „Anregung“ auch mal auf fruchtbaren Boden fällt und wir nie wieder Beiträge im ÖRR sehen müssen, die die „Qualität“ des hier erwähnten erreicht:
viewtopic.php?f=30&t=2768

Leider fehlt mir der Glaube daran. Sollte ich in Zukunft wieder über solch einen Hetzbeitrag vom ÖRR stolpern, werde ich wieder eine Programmbeschwerde verfassen. Da ich inzwischen fast gänzlich auf die Nachrichten und Magazine/ Talkshows des ÖRR verzichte, wird das wohl eher selten passieren. Ob ein gelegentlicher Tatort oder Polizeiruf
17,50€ pro Monat wert ist, bezweifele ich.
--

Mit freundlichen Grüßen

R. Binde

* Wir wissen nicht, ob die Beschwerde bearbeitet wurde oder nicht. Herr Moser dokumentiert seine Beschwerden inzwischen auf seiner eigenen Plattform.
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