Programmbeschwerde zur Sendung Dunja Hayali

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Maren
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Programmbeschwerde zur Sendung Dunja Hayali

Beitrag von Maren »

ZDF
Gremienbüro Fernsehrat
ZDF-Straße 1
55127 Mainz


Programmbeschwerde zur Sendung Dunja Hayali


Sehr geehrte Damen und Herren Fernsehräte,

innerhalb der Sendung „Dunja Hayali“ vom 05.09.2018 gab es ein interessantes Streitgespräch zwischen Prof. Dr. Jörg Meuthen (AfD) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne).

Als die Diskutanten auf das Thema politisch motivierte Gewalt zu sprechen kamen, sagte Frau Hayali wörtlich:

"Wir haben doch extrem viel rechtsextremistisch motivierte Gewalt, viel mehr als linke! Politisch motivierte Gewalt bei den Rechtsextremen - sagen die Zahlen von Polizei und Verfassungsschutz - ist höher als die bei den Linken!"

Im weiteren Verlauf des Gesprächs präsentierte Frau Hayali dann die Zahlen des Verfassungsschutzes mit den Worten:

"Also die Zahlen des Verfassungsschutzberichts - ich nenne sie jetzt einmal - 2017: Politisch motivierte Kriminalität: links 6.393, rechts 16.467. Jetzt können wir lange über den Verfassungsschutz reden..."

Frau Hayali differenziert hier ganz offenkundig nicht zwischen politisch motivierter Kriminalität (PMK) und politisch motivierten Gewalttaten.

Der Verfassungsschutzbericht 2017 nennt für das Jahr 2017

- insgesamt 19.467 Straftaten mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund
und
- insgesamt 6.393 Straftaten mit linksextremistisch motiviertem Hintergrund.

In den 19.467 Straftaten mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund sind 11.894 "Propagandadelikte" und 4.861 "Andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung" enthalten, was nicht schön ist, aber es ging ja in der Auseinandersetzung um Gewalt.

Aus dem Verfassungsschutzbericht 2017, Seite 21: Als „Politisch motivierte Kriminalität“ (PKM) werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Aus dem Verfassungsschutzbericht 2017 geht explizit hervor, dass es 2017

- 1.648 linksextremistisch motivierte Gewalttaten
und
- 1.054 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten gab.

Dem Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – rechts“ wurden 20.520 (2016: 23.555) Straftaten zugeordnet, hiervon 12.032 (2016: 12.512) Propagandadelikte nach §§ 86, 86a StGB und 1.130 (2016: 1.698) Gewalttaten. Als Teilmenge dieses Phänomenbereichs wurden 19.467 (2016: 22.471) Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund erfasst, darunter 1.054 (2016: 1.600) Gewalttaten. Dies entspricht einem Rückgang der rechtsextremistischen Gewalttaten um 34,1 %. Die Zahl der versuchten Tötungsdelikte sank von 18 auf 4.

Im Jahr 2017 sind insgesamt 6.393 Straf- und Gewalttaten (2016: 5.230) und davon 1.648 Gewalttaten (2016: 1.201) dem linksextre¬mistischen Spektrum zuzurechnen. Damit ist die Zahl an linksextremistisch motivierten Gewalttaten im Vergleich zum Jahr 2016 um 27,1 % (447 Gewalttaten), also um mehr als ein Viertel gestiegen. Der Anstieg lässt sich maßgeblich auf den G20-Gipfel in Hamburg zurückzuführen (vgl. Kap I, Nr. 1). 1.023 der insgesamt 1.648 Gewalttaten und damit weit über die Hälfte (62,1 %) weisen einen G20-Bezug auf.

Bei Minute 28:45 ertönte im (scheinbar gebrieften) Publikum lautstarkes Gelächter, als Jörg Meuthen auf eine Aufforderung der Moderatorin, einen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss zu rechtsextremer Gewalt einzubringen, inhaltlich vollkommen korrekt, entgegnete: „Aber dazu müssten wir erst mal mehr rechtsextremistische Gewalt haben.“ Die fassungslose Nachfrage der grünen Gesprächspartnerin Katrin Göring-Eckardt, ob Meuthen „bestreite“, dass es mehr rechtsextreme Gewalttaten als linke gäbe, lässt die gleichen Rückschlüsse zu, wie beim schlecht informierten Publikum. Herr Meuthen hat die Berichte von BKA und Verfassungsschutz sorgfältig gelesen – Moderatorin, grüne Politikerin und Publikum nicht.

Fazit:

Wenn die Journalistin Dunja Hayali in der Diskussion die Begriffe "politisch motivierte Gewalt" und "politisch motivierte Kriminalität" (PMK) durcheinanderbringt, dadurch falsche Schlussfolgerungen zieht und diese dann noch einem Millionenpublikum als ultimativ wahrheitsgemäße Information nahebringt, so kann das Desinformation bezeichnet werden. Ob die Desinformation gezielt oder lediglich fahrlässig gestreut wurde, lässt sich aus unserer Warte nicht nachweisen. Frau Hayali ist Journalistin und weiß um den entsprechenden Rechercheaufwand.

Es entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag des ZDF das Wunschdenken journalistischer und parteipolitischer Aktivistinnen zu verbreiten, sondern ausschließlich sorgfältig recherchierte Fakten – auch wenn diese mitunter weh tun.

Die zentrale Aufgabe der Berichterstattung des ZDF besteht laut Eigenaussage (1) darin, den Zuschauern eine freie Meinungs- und Urteilsbildung im Hinblick auf alle wichtigen gesellschaftlichen Themen zu ermöglichen. Freie Meinungs- und Urteilsbildung kann nicht stattfinden, wenn die zugrundeliegenden Informationen falsch sind. Werden Menschen desinformiert, treffen sie falsche Entscheidungen – sie lachen zum Beispiel den Überbringer korrekter Verlautbarungen aus.

Der Beitrag verstößt gegen die Progammrichtlinien des ZDF (2), insbesondere Ziffer 1 (3) dürfte stark tangiert sein. Wir bitten daher um Richtigstellung der beanstandeten Informationen an einem gleichwertigen Sendeplatz durch die Moderatorin Dunja Hayali.

Ein Exemplar dieses Schreibens geht Frau Hayali per E-Mail zu.

Aus Gründen der Transparenz wird dieses Schreiben und weiterführender Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins https://publikumskonferenz.de veröffentlicht.

(1) https://www.zdf.de/nachrichten/heute/fr ... n-114.html
(2) https://www.zdf.de/zdfunternehmen/zdf-r ... n-100.html

Mit freundlichen Grüßen


Maren Müller
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Re: Programmbeschwerde zur Sendung Dunja Hayali

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Beschwerde vom 15.09.2018, in der Sie eine Verletzung von Programmgrundsätzen in der Sendung „Dunja Hayali“ vom 05.09.2018 ansprechen.

Die Verantwortung für das Programm des ZDF trägt gemäß § 27 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrages der Intendant. Entsprechend der Beschwerdeordnung (§ 21 Abs. 2 der ZDF-Satzung) habe ich deshalb zunächst dem Intendanten Gelegenheit zu geben, Ihre Programmbeschwerde zu prüfen und innerhalb eines Monats zu beantworten. Hier bitte ich Sie um etwas Geduld. Zu Ihrer Information finden Sie die Beschwerdeordnung in der Anlage.

Ich habe aber sichergestellt, dass ich als Vorsitzende des Fernsehrates über den Fortgang der Angelegenheit unterrichtet bleibe. Sollten Sie mit der Antwort des Intendanten nicht zufrieden sein, so können Sie innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens des Intendanten eine Behandlung Ihrer Beschwerde im Fernsehrat fordern. Ich werde diese dann an den zuständigen Programmausschuss des Fernsehrates als Beschwerdeausschuss weiterleiten.

Mit freundlichem Gruß

Marlehn Thieme
____________________________________________

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Deutschland

Web: www.zdf.de und www.fernsehrat.zdf.de
Mit dem Zweiten sieht man besser
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Maren
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Re: Programmbeschwerde zur Sendung Dunja Hayali

Beitrag von Maren »

Antwort vom ZDF-Intendanten Thomas Bellut. Der Beschwerdeführer lag demnach richtig:
SammelmappeZDF_Hayali.pdf
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