Ein absolut
unterhaltsames Interview ist heute in den Nachdenkseiten erschienen. Interviewt wird der freie Autor Walter van Rossum, der bereits für WDR, Deutschlandfunk, Zeit, Merkur, FAZ, FR und Freitag arbeitete und u. a. durch eine originelle Publikation auffiel, in welcher er die Tagesschau nach allen Regeln der Kunst demontierte.
Die Tagesshow. Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03951-1
An vielen Beispielen analysiert er im Detail, wie die Sendung die Realität „in eine Art endlose Lindenstraße“ verwandele.
„Tag für Tag offeriert die Tagesschau ein groteskes Sammelsurium aus fragmentarisierten Informationen, Halbwahrheiten, Pseudonachrichten, plumpen ideologischen Fanfaren, Platituden, und Fehldeutungen.“
Es gehe weniger um Nachrichten als um die Verbreitung von Sprachregelungen, um inszenierte Politikerauftritte oder „erblindete Bilder“.
„Man präsentiert uns die Welt als eine Folge simulierter Ereignisse, eine Realität, die keinerlei Wert auf unsere Beteiligung legt, ein pausenloses Fait accompli. Das Reale ist stets ein Prozess. Die Tagesschows stellen das Reale still, frieren es in Ereignissen ein, die keine sind. Ereignisse, in denen das Reale Audienz gewährt: ein Blick auf den Kabinettstisch voller verschlossener Akten, eine Pressekonferenz bei Porsche oder Telekom, wo Wirtschaftskapitäne Kurs nehmen, aber der Besatzung das Ziel verschweigen“.
Bei seiner Untersuchung der Nachrichten habe es ihn überrascht, mit welcher Zuverlässigkeit er davon ausgehen konnte, dass die Tagesschau nicht stimme – seine schlimmsten Befürchtungen wurden, so Rossum, erfüllt.
Über die Mechanismen der Homogenisierung der Meinungen schreibt van Rossum:
„Dazu gibt es bei ARD-aktuell sicherlich keine Vorgaben, keine Magna Charta, aber es gelingt in täglicher Feinabstimmung, in den vielen Konferenzen und Besprechungen, bis sich die Sprachregelung zu den aktuellen Themen herausgebildet hat. Es geht um Objektivitätsschein, der durch größtmögliche Annäherung an die politische Mitte erreicht werden soll.“
Quelle:
Wikipedia